Archer Artilleriesystem – Lieblingshaubitze der Ukraine aus Schweden?

Das Artilleriesystem Archer ist eine hochmoderne Selbstfahrlafette, die von BAE Systems Bofors entwickelt wurde. Das Waffensystem zeichnet sich durch seine hohe Mobilität, Automatisierung und Präzision aus. Dieses System ist besonders für schnelle und mobile Einsätze, sowie präzise Schläge über große Entfernungen geeignet, was es zu einem wertvollen Mittel in modernen militärischen Operationen macht. Welche Spezifikationen das Archer Artilleriesystem FH-77BW L52 aufweist, welche Länder es momentan nutzen und ob der „Bogenschütze“ es mit der Panzerhaubitze 2000 aufnehmen kann, klärt der folgende Beitrag.

Das schwedische Archer Artilleriesystem bietet während einer Übung Live-Feuerunterstützung bei der Winterkriegsführung. NATO SSgt Dan Bardsley GBRA
Das schwedische Artilleriesystem Archer bietet während einer Übung Live-Feuerunterstützung bei der Winterkriegsführung.
Foto: NATO / SSgt Dan Bardsley

Die Entwicklung des Archer-Systems begann Anfang der 2000er-Jahre durch das schwedische Rüstungsunternehmen BAE Systems Bofors, das für seine Expertise in der Artillerietechnik bekannt ist. Das Ziel bestand darin, ein Artilleriesystem zu schaffen, das sowohl eine hohe Mobilität als auch eine hohe Feuerkraft bietet und gleichzeitig die Besatzung bestmöglich schützt. Das Artilleriesystem Archer wurde erstmals 2009 vorgestellt und ging 2013 in Serienproduktion.

Aufbau und Funktionsweise

Das Archer Artilleriesystem ist mittlerweile in drei verschiedenen Varianten erhältlich:

Das schwedische Archer Artilleriesystem hier auf einem modifizierte Volvo A30D 6x6.
Das schwedische Archer Artilleriesystem hier auf einem modifizierte Volvo A30D 6x6.
Foto: wikimedia / Stridsvagn122

Der Hauptbestandteil der Selbstfahrlafette ist die vollautomatische 155-mm-Haubitze, die aus der geschützten Kabine heraus bedient wird. Dies minimiert das Risiko für die Besatzung – auch durch einen umfassenden Schutz gegen ABC-Bedrohungen, Artilleriesplitterung und Minenangriffe des Fahrzeuges. Die automatische Beladung und Feuersteuerung ermöglichen es, dass das System von nur 3-4 Soldaten bedient werden kann​.

Technische Details des Archer Artilleriesystems FH-77BW L52

  • Kaliber: 155 mm
  • Rohrkaliber: 52
  • Feuerrate: 9 Schuss pro Minute
  • Reichweite: Bis zu 50-60 km mit der M982 Excalibur, einfachere Granaten 30-40 km
  • Maximale Geschwindigkeit: 70 km/h (6×6), 90 km/h (8×8)
  • Einsatzbereitschaft: ca. 20 Sekunden nach Ankunft in der Stellung
  • Gewicht: 34 Tonnen (6×6), 38 Tonnen (8×8)
  • Maximale Reichweite pro Tankfüllung: 650 km​ (6×6), 800 km (8×8)
  • Luftverladbarkeit: z. B. A400M

Schnelligkeit zeichnet das Artilleriesystem Archer aus

Neben der Mobilität auf handelsüblichen Lastwagen liegt die Stärke des Archer-Systems besonders auch in seiner schnellen Einsatzbereitschaft. In 20 bis 30 Sekunden nach dem Anhalten kann das Archer Artilleriesystem feuern. Keine 20 Sekunden dauert es, bis drei Schüsse abgegeben sind. Nach anderthalb Minuten ist der Archer bereits wieder in Bewegung. Shoot and Scoot (Schießen und Verschwinden) erfolgt somit noch vor der erfolgreichen Landung des ersten Treffers.

Rein theoretisch könnte das Archer Artilleriesystem aufgrund der hochgradigen Automatisierung auch von nur einem Soldaten bedient werden. Die mit dieser Automatisierung einhergehenden Vorteile des Archer werden auch bei einer Betrachtung der Schussabgabe deutlich: Das Artilleriesystem Archer kann sechs Geschosse nacheinander so abfeuern, dass alle Treffer gleichzeitig im Ziel erfolgen (MRSI).

Mögliche Munition für das Archer Artilleriesystem
  • HEER HB (Hohlboden), 32 km Reichweite
  • HEER BB (Based Bleed), 41 km Reichweite
  • HEER FB BT (Reichweitengesteigert), 323km Reichweite
  • HEER FB BB (Reichweitengesteigert based Bleed), 42 km Reichweite
  • M982 Excalibur, (Präzisionsgelenkt), 50-60 km Reichweite
  • BONUS, (Suchzünder), 35 km Reichweite

Bei der Standard-Schussabgabe werden innerhalb von 15-20 Sekunden drei Schuss des mit 21 Geschossen gefüllten Magazins abgefeuert. Magazine werden mittels eines Ladekrans vom Begleitfahrzeug gewechselt. Der Ladevorgang benötigt nach Herstellerangaben acht bis zehn Minuten.

Drei Staaten nutzen den Archer bisher

Zu Beginn der russischen Vollinvasion in die Ukraine mussten sich die Soldaten noch mit herkömmlichen Haubitzen wie der sowjetischen D-20 aus den 50er-Jahren verteidigen. Diese Kanonen werden gezogen und manuell bedient. Einen gewaltigen Unterschied bieten die Archer-Artilleriesysteme, von denen mittlerweile acht Systeme in der Ukraine im Einsatz sind.

Archer Artilleriesystem – Lieblingshaubitze der Ukraine aus Schweden?
Kommt mit dem Archer Artilleriesystem die neue Lieblingshaubitze der Ukraine aus Schweden?
Foto: wikimedia / Ibaril

Schweden als Entwicklerstaat hat 24 Archer Artilleriesysteme (6×6) im aktiven Dienst und zwei zu Entwicklungszwecken. Weitere 48 der Systeme (8×8) sind bestellt und sollen ab 2025 geliefert werden. Zudem verfügt Großbritannien über 14 Archer.

Vergleich mit der Panzerhaubitze 2000

Die Panzerhaubitze 2000 (PzH 2000) ist ein hochmodernes selbstfahrendes Artilleriesystem aus deutscher Produktion von den Unternehmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall, das häufig mit dem Archer verglichen wird. Beide Systeme haben ihre eigenen Stärken und Schwächen.

Während die Feuerrate mit bis zu zehn Schuss in einer Minute bei der Panzerhaubitze 2000 etwas höher ist, muss sie bei längerem Schussauftrag die Feuerrate jedoch reduzieren ­– von acht Schuss pro Minute bei einem dreiminütigen Einsatz bis zu nur noch drei Schuss bei längeren Einsätzen. Zudem kann die Panzerhaubitze 2000 bis zu 60 Geschosse mitführen, ohne extern nachversorgt werden zu müssen.

PANZERHAUBITZE 2000 im scharfen Schuss während der Übung White Eagle des Artillerielehrbataillons 325 auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow. Foto: Bundeswehr / Marco Dorow
PANZERHAUBITZE 2000 im scharfen Schuss während der Übung White Eagle des Artillerielehrbataillons 325 auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow.
Foto: Bundeswehr / Marco Dorow

Dafür punktet das Artilleriesystem Archer bei der Mobilität mit deutlich höherer Reichweite und Geschwindigkeit – sowohl im Gelände als auch auf der Straße. Die kettengetriebene Panzerhaubitze 2000 ist zudem rund 20 Tonnen schwerer und erfordert mehr Wartung.

Beide Systeme sind stark automatisiert, doch besteht beim Artilleriesystem Archer der Vorteil darin, dass er mit einer kleineren Besatzung betrieben werden kann.

Konkurrenz für den Archer

Mit dem M109 verfügt BAE Systems auch über eine Haubitze auf Kette. Das System ist in seiner neuesten Version M109 A7 besser mit einer Panzerhaubitze 2000 vergleichbar, da es nach erfolgreichen Tests im letzten Jahr auch über das L52-Rohr von Rheinmetall verfügen wird.

KMW RCH 155 auf BOXER-Modul. (Foto: KMW)
KMW RCH 155 auf BOXER-Modul.
Foto: KMW

Andererseits könnte die RCH 155 (Remote Controlled Howitzer 155 mm) von KNDS als Weiterentwicklung der Panzerhaubitze 2000 und Artilleriegeschützes Donar eine Konkurrenz für den Archer darstellen. Denn die RCH 155 ist eine Selbstfahrlafette im doppelten Sinn: Sie kommt gänzlich ohne Besatzung aus. Das wird auch im Beschaffungsprozess in der Schweiz deutlich, wo beide Systeme gerade in der engeren Auswahl sind.

Nach den Ukraine-Erfahrungen mehr Kunden möglich

Das Artilleriesystem Archer stellt jedoch einen bedeutenden Fortschritt in der Artillerietechnologie dar, indem es hohe Mobilität, Automatisierung und Präzision kombiniert. Es ist besonders nützlich für schnelle Einsätze und bietet eine erhebliche Reichweitenverbesserung gegenüber älteren Systemen.

Mit der Fähigkeit, verschiedene Munitionsarten abzufeuern, ist es gut gerüstet, um modernen Anforderungen gerecht zu werden und den Nutzerstaaten, insbesondere in aktuellen Kriegs- und Krisengebieten, eine wertvolle Unterstützung zu bieten​. Gerade die Erfahrungen aus der Ukraine dürften also Einfluss auf zukünftige Kaufentscheidungen neuer Nutzerstaaten für das Archer Artilleriesystem haben.

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