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Artillerie-Schule fokussiert das hochmobile Gefecht

„Jeder, der sich mit Landstreitkräften beschäftigt, der weiß, dass eine Landstreitkraft ohne eine effektive und einsatzbereite Artillerie kaum handlungsfähig wäre“, erklärte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius bei seinem Besuch der Artillerie-Schule in Idar-Oberstein. Nach einer kurzen Fähigkeitsdemonstration – Aufklären mit Spähwagen Fennek und Bekämpfen mit Panzerhaubitze 2000 – nahm sich Pistorius Zeit für die Anliegen der Truppe. Derweil konnte cpm Defence Network mit Oberst Olaf Tuneke, dem General der Artillerietruppe, über Lehren aus der Ukraine sprechen.

Minister Boris Pistorius auf einer Panzerhaubitze 2000 zu Gast bei der Artillerie-Schule des Heeres in Idar-Oberstein.
Minister Boris Pistorius auf einer Panzerhaubitze 2000 zu Gast bei der Artillerieschule des Heeres in Idar-Oberstein.
Foto: cpm / Navid Linnemann

„Es ist wieder einmal sehr beeindruckend zu sehen“, stellte Bundesminister der Verteidigung, Boris Pistorius, bei seinem Besuch in der Artillerie-Schule fest, „wie engagiert, leistungsbereit und leistungsstark die Männer und Frauen hier ihren Dienst leisten. Dafür möchte ich mich ganz, ganz herzlich bedanken.“ Zuvor hatte er nicht nur ein Gespräch mit Soldatinnen und Soldaten vor Ort geführt, sondern sich von den Fähigkeiten der Artillerietruppe überzeugen können.

In einer kurzen Demonstrationsübung klärte der Minister feindliche Ziele mit dem Spähwagen Fennek JFST auf und fuhr anschließend mit einer Panzerhaubitze 2000 zur Schussabgabe in die Stellung. Auch die Aufgaben eines abgesessenen Beobachtertrupps und das übrige Großgerät der Artillerietruppe – vom Radar Cobra bis zur Aufklärungsdrohne KZO – wurde Pistorius präsentiert.

Artillerie: Materialabgaben ausgleichen

Dass sämtliches Gerät in der Artillerie-Schule gezeigt werden konnte, ist allerdings nicht selbstverständlich – auch die deutsche Artillerie ist nicht so ausgestattet, wie sie sie es gerne wäre. Zudem wies Pistorius auf weitere Abgaben an die Ukraine hin. Sechs der jüngst in Rammstein versprochenen Panzerhaubitzen sollen nach Angaben des Ministers in den kommenden acht Wochen geliefert werden.

Pistorius steigt in einen Fennek Spähwagen, um Ziele aufzuklären.
Pistorius steigt in einen Fennek Spähwagen, um Ziele aufzuklären
Foto: cpm / Navid Linnemann

Hier braucht die Bundeswehr Ersatz. „Deswegen haben wir dafür gesorgt“, erklärte der Minister, „dass bis Ende ’26 weitere 22 Panzerhaubitzen vom Typ 2000 geliefert werden. Ja, davon gehen 18 in die Brigade Litauen, aber vier gehen wieder zur Auffüllung.“

Neue Waffensysteme für die Artillerietruppe am Horizont

Neben dem Schließen von Lücken will das Ministerium auch gänzlich neue Waffensysteme für die Artillerie beschaffen. Als Nachfolger für die abgegebenen Mehrfachraketenwerfer Mars II ist das System EuroPULS von Elbit Systems und KNDS im Gespräch.

„Wir arbeiten daran“, erläuterte Pistorius in der Artillerie-Schule, „dass Anfang nächsten Jahres die entsprechenden Vorlagen für die Beschaffung der Radhaubitze 155 und die entsprechende Beschaffung der Munition den Bundestag erreicht.“

Bei diesem System handelt es sich um ein modernes Geschütz, welches zum einen auf dem Radpanzer Boxer als Bestandteil der Mittleren Kräfte gedacht ist, zum anderen durch das der Panzerhaubitze 2000 baugleiche 155-mm-Vielzugrohr L/52 eine ähnliche Feuerkraft an den Gegner führt. Enormer Vorteil: Die RCH 155 kann von lediglich zwei anstatt fünf Artilleristen bedient werden.

Ausbildung für die Ukraine in Idar-Oberstein

Auch wenn die Auslieferung an die Bundeswehr noch Zeit in Anspruch nimmt, werden die ersten Systeme bald in Idar-Oberstein aufschlagen. „Im kommenden Jahr wird die Artillerie-Schule zusätzlich die Ausbildung ukrainischer Soldaten an der Radhaubitze RCH 155 umfassend unterstützen. Das geschieht dann in Federführung der Industrie“, erklärte Pistorius. Bisher konnten rund 500 ukrainische Soldaten an der Panzerhaubitze 2000 und am Mehrfachraketenwerfer Mars II ausgebildet werden.

Die Artillerieschule präsentierte ihr Grossgerät unter anderem den Mehrfachraketenwerfer MARS II und die Panzerhaubitze 2000
Die Artillerieschule präsentierte ihr Grossgerät unter anderem den Mehrfachraketenwerfer MARS II und die Panzerhaubitze 2000
Foto: cpm / Navid Linnemann

Die Ausbildung am Gerät verlaufe mittlerweile rund, erklärte Kasernenkommandant Oberstleutnant Andreas Orth. Zu Beginn hätte es in der Artillerie-Schule allerdings aufgrund von Sprachbarrieren Schwierigkeiten gegeben. „Auch die Schriftsprache ist eine andere“, sagte Oberstleutnant Orth. „Für einen Ukrainer sind das, was dort steht, noch nicht einmal Buchstaben, weil er Kyrillisch schreibt.“ Bewusst sei den Ausbildern das erst geworden, als der erste Ukrainer die lateinischen Buchstaben abmalte und nicht abschrieb.

Artillerie-Schule: Lehren aus dem Krieg in der Ukraine

„Rein artilleristisch haben wir gar nicht viel dazu gelernt, weil wir gar nicht viel dazu lernen mussten“, erklärte Oberst Olaf Tuneke, Kommandeur der Artillerie-Schule, auf die Frage, ob auch die Bundeswehr aus dem Krieg in der Ukraine etwas lernen konnte. „Wir haben über Jahre hinweg genau das Richtige getan: Das hochmobile Gefecht, das sehr bewegliche Gefecht.“

Spähwagen Fennek JFST abgetarnt bei der Artillerieschule in Idar-Oberstein. Im Moment läuft die Ausschreibung für seinen Nachfolger.
Fennek JFST abgetarnt bei der Artillerieschule in Idar-Oberstein. Im Moment läuft die Ausschreibung für seinen Nachfolger.
Foto: cpm / Navid Linnemann

Jeder Ukrainer sei froh, so Oberst Tuneke weiter, wenn er erfährt, dass er an der Panzerhaubitze 2000 ausgebildet werden soll. „Es einfach ein System, das eine hohe Feuerkraft bietet. Gleichzeitig aber ein sehr mobiles System, das einen hohen Schutz bietet. Und wir haben immer schon – auch mit unserem Führungsnachwuchs – das hochbewegliche Gefecht ausgebildet. Nicht lange aufhalten in einer Stellung, raus aus der Stellung nach dem Feuerkampf. Und genau das ist es, was wir jetzt auch in der Ukraine sehen.“

Infrastrukturproblem beheben

Neben Materialabgaben und Ausbildung ukrainischer Soldaten steht der Standort Idar-Oberstein symbolisch auch für ein großes Problem der Bundeswehr. Die Klotzberg-Kaserne sei „ein trauriges Paradebeispiel für den schlechten Zustand von Liegenschaften“ hieß es noch im letzten Bericht der Wehrbeauftragten über die Artillerie-Schule.

„Deswegen haben wir das erkannt, deswegen gehen wir das an“, erklärte Pistorius und spielte auf die rund 150 Millionen Euro an, die derzeit in die Sanierung der Kaserne gesteckt werden. „Die Prioritäten müssen aber so geschichtet werden, dass zunächst die wirklich verteidigungsrelevanten Dinge gemacht werden“, so der Minister weiter.

Minister Pistorius (3. v. l.) wird vom Kommandeur der Artillerieschule (2. v. l.) herumgeführt und der Truppe vorgestellt.
Minister Pistorius (3. v. l.) wird vom Kommandeur der Artillerieschule (2. v. l.) herumgeführt und der Truppe vorgestellt.
Foto: cpm / Navid Linnemann

Für die Sanierung der vielen Bundeswehrstandorte arbeitet das Verteidigungsministerium eng mit den jeweiligen Landesbauministerien zusammen, da dort die Zuständigkeiten für die Infrastruktur liegen. Pistorius sei sehr dankbar für diese Zusammenarbeit, bei der man irgendwann an Grenzen stoße. „Deswegen versuchen wir gerade neue Wege zu gehen durch standardisierte Genehmigungsverfahren, durch Einzelgenehmigungen eines Bundeslandes, die dann auch für andere gelten.“

In der Klotzberg-Kaserne fällt auf, dass etwas getan wird. Unterkünfte der Artillerie-Schule sind von Gerüsten umgeben, die Straßen aufgerissen und es ist beinahe so viel gelbes Großgerät unterwegs wie grünes. Auch das ist Kriegstüchtigkeit.

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