NutzungRüstung

Bundeswehr führt moderne Luftfahrzeug­waage ein

Die Bundeswehr hat eine neue Wiegeanlage für schwere Luftfahrzeuge erfolgreich verifiziert und in Betrieb genommen. Diese verrichtet ihren Dienst jetzt in Eindhoven, Niederlande, am Standort des multinationalen Flottenprogramms „Multinational Multirole Tanker Transport Unit“ (MMU).
Die neue Dreipunkt-Wiegung ermöglicht eine exakte Messung, hier an einem A330 MRTT.
Foto: Bundeswehr/Wolf

Die MMU im Juli 2019 zur gemeinsamen Modernisierung von Kapazitäten in den Bereichen Lufttransport, Luftbetankung und strategisch/medizinische Evakuierung in Eindhoven in Dienst gestellt. Die Niederlande, Belgien, Deutschland, Luxemburg, Norwegen und Tschechien finanzieren gemeinsam die Beschaffung und den Betrieb von neun Airbus A330 Multi Role Tanker Transport (MRTT). Zudem gibt es eine Option für zwei weitere Maschinen. Inzwischen sind sieben der neun Maschinen ausgeliefert, von denen drei permanent auf dem Flughafen Köln-Bonn stationiert sein werden. Die Flugzeuge gehen in das Eigentum der NATO über und werden von der NATO Support and Procurement Agency (NSPA) verwaltet. Flugzeuge und Besatzungen werden an 24/7 für Luftbetankungs- und Lufttransporteinsätze inklusive des StratAirMedEvac (Strategic Air Medical Evacuation) bereitstehen. Die Einsätze werden durch das European Air Transport Command (EATC) koordiniert.

Als Transportflugzeug kann der A330 MRTT bis zu 267 Soldaten oder eine Nutzlast von bis zu 45 Tonnen aufnehmen. In der Konfiguration StratAirMedEvac ist das Flugzeug als fliegendes Krankenhaus unterwegs. Es kann mit bis zu sechs Intensiv-Betten, 16 Krankenbetten und speziellen Sitzen für medizinisches Personal ausgestattet werden. Damit ist die MMU auch in der Lage, Hilfe bei humanitären Notfällen zu leisten.

Wiegen für einen sicheren Flugbetrieb

Für einen sicheren Betrieb eines Luftfahrzeuges ist es wichtig, dessen genaues Gewicht zu kennen. Dies gilt sowohl für moderne Kampfjets wie Eurofighter als auch für Transport- oder Tankflugzeuge wie den Airbus A330 MRTT oder das Transportflugzeug A400M.

Um dieses Gewicht genauer und schneller zu ermitteln, wurde jetzt die neue Anlage beschafft. Die Ermittlung ist gerade nach entsprechenden Umrüstungen – zum Beispiel des A330 MRTT von einer Tanker- in eine Sanitätskonfiguration, oder ein Kampfhubschrauber mit unterschiedlichen Kampfbeladungen an den Stummelflügeln – wichtig. Für die Zertifizierung waren die Beschäftigten der Wehrtechnischen Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät 61 (WTD 61) aus dem bayerischen Manching verantwortlich. Auch Mitarbeiter aus anderen Bereichen der Bundeswehr sowie der Industrie waren an dem Prozess beteiligt.

Bisher mussten die Luftfahrzeuge für die Wiegung mit Plattformwaagen für jeden einzelnen Wiegeschritt aus dem Hangar hinaus- und wieder hineingeschoben werden. Dies war sehr zeitaufwendig und zudem wurde zusätzliches Hebezeug benötigt. Die neue Dreipunkt-Wiegung kann direkt im Hangar erfolgen, wo die benötigte Ausrüstung bereits vorhanden ist. Lediglich die Wiegezellen und spezielle Messadapter müssen noch ergänzt werden. Somit ergibt sich eine deutliche Optimierung der Umrüstzeit. Auch die klimatischen Bedingungen sind im Hangar genau regelbar. Dies trägt zu hoher Messgenauigkeit bei und ermöglicht eine genauere Reproduzierbarkeit.

Beim bisherigen Wiegeverfahren mit Plattenwaagen lag die Messgenauigkeit für einen zirka 125 Tonnen schweren Airbus A330 MRTT bei 0,1 Prozent bei jeder einzelnen Teilmessung. Bei gleichen Bedingungen liegt die Abweichung einer Messung mit dem Dreipunkt-Wiegeverfahren nun bei höchstens 0,03 Prozent. Am Beispiel des Airbus A330 MRTT entspricht dies weniger als 37,5 Kilogramm. Durch eine zwei- bis dreimalige Wiederholung des Wiegevorgangs wird diese Genauigkeit nochmals verbessert, weil eventuelle Messfehler so ausgeschlossen werden.

Auch ein Kampfhubschrauber Tiger wurde schon mit der neuen Anlage gewogen.
Foto: Bundeswehr/Galler

Wie läuft der Wiegevorgang ab?

Das Dreipunkt-Wiegeverfahren nutzt die bereits vorhandenen Flugzeughebepunkte, welche sonst für verschiedene Wartungszwecke verwendet werden. Zwischen dem jeweiligen Aufnahmepunkt am Luftfahrzeug und dem Heber wird ein Messadapter gesetzt, der mit einem Computer verbunden wird. Nach erfolgreichem Heben des Luftfahrzeugs muss dieses einige Minuten in Ruhe gehalten werden, um ein Absetzen des restlichen Kraftstoffs zu ermöglichen und um das Fahrwerk vollständig ausfedern zu lassen. Der eigentliche Wiegevorgang mit der genauen Erfassung des Gewichtes dauert nur zirka 30 Sekunden. Dabei darf das Luftfahrzeug nicht bewegt werden. Das Ergebnis wird mit einer Anzeigeauflösung von 100 Gramm erfasst.

Das neue Verfahren ist geeignet für alle Bundeswehrflugzeuge und -hubschrauber. Bevor das neue Wiegesystem jedoch in Betrieb gehen kann, musste es jetzt nach und nach zunächst an allen Luftfahrzeugtypen der Bundeswehr getestet werden. Das MMU in Eindhoven bot ideale Testbedingungen – angefangen von der Verfügbarkeit der großen Luftfahrzeuge bis hin zur Hallengröße. Vor Ort testeten die Fachleute das neue System erfolgreich an den schweren Luftfahrzeugen vom Typ A330 MRTT. Andere Typen wie der Kampfhubschrauber Tiger konnten zuvor bereits in Manching gewogen werden. Im nächsten Schritt soll es durch das Luftfahrtamt der Bundeswehr zertifiziert werden.

 

Autor: André Forkert, cpm GmbH

Beitrag teilen

Das könnte Sie auch interessieren

Anzeige

Verwendete Schlagwörter

BundeswehrLuftfahrzeugNiederlande
Index