Deutschland als Garantiemacht der Ukraine?

Heute unterzeichneten Bundeskanzler Olaf Scholz und der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, die „Vereinbarung über Sicherheitszusammenarbeit und langfristige Unterstützung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Ukraine“. Darin enthalten ein Passus, aufgrund dessen der deutsche Verteidigungsminister von der Verpflichtung als Garantiestaat spricht.
Präsident Wolodymyr Selenskyj und Bundeskanzler Olaf Scholz nach der Unterzeichnung der deutsch-ukrainischen Sicherheitsvereinbarung.
Präsident Wolodymyr Selenskyj und Bundeskanzler Olaf Scholz nach der Unterzeichnung der deutsch-ukrainischen Sicherheitsvereinbarung.
Foto: Bundesregierung/Kugler

„Unsere Sicherheitsvereinbarung mit der Ukraine ist historisch“, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius. „Erstmals in ihrer Geschichte tritt die Bundesrepublik in der Rolle als Garantiestaat in Erscheinung. Die heutige Unterzeichnung ist ein klares Zeichen dafür, dass Deutschland seiner gewachsenen sicherheitspolitischen Verantwortung in Europa gerecht wird.“

Passus VI. Künftige Aggression

Der Verteidigungsminister bezieht sich dabei auf Passus 6 „Künftige Aggression“ der Vereinbarung. Und wie der Name bereits sagt, hat es auf den aktuellen Krieg keine Auswirkungen. Aber auch für zukünftige Kriege liest es sich wenig konkret. „1. Im Falle eines künftigen bewaffneten Angriffs Russlands auf die Ukraine werden sich die Teilnehmer auf Ersuchen eines der beiden Teilnehmer binnen 24 Stunden beraten, um über angemessene weitere Schritte zu entscheiden“, ist in der Vereinbarung zu lesen. Und weiter:

„2. Deutschland bekräftigt, dass es unter diesen Umständen sowie im Einklang mit seinen rechtlichen und verfassungsrechtlichen Voraussetzungen, dem Völkerrecht und europäischem Recht der Ukraine in einem angemessenen Rahmen rasch und langfristig Sicherheitsunterstützung, modernes militärisches Gerät je nach Bedarf in allen Bereichen sowie wirtschaftliche Unterstützung zur Verfügung stellen würde, eine Einigung innerhalb der EU darüber anstreben würde, Russland wirtschaftliche und anderweitige Kosten aufzuerlegen, und sich mit der Ukraine über deren Bedürfnisse bei der Ausübung ihres in Artikel 51 der VN-Charta verankerten Rechts auf Selbstverteidigung beraten würde.

3. Zur Gewährleistung einer möglichst breiten und möglichst wirksamen gemeinsamen Reaktion auf einen künftigen bewaffneten Angriff können Deutschland und die Ukraine diese Bestimmungen ändern, um sie an Mechanismen anzupassen, die die Ukraine möglicherweise noch mit anderen internationalen Partnern vereinbart, auch mit den Teilnehmern der Gemeinsamen Erklärung vom 12. Juli 2023.“

Aktuelle Garantiemächte der Ukraine

Der Wortlaut zeigt, dass Deutschland eher finanzielle und materielle Unterstützung liefern wird, statt aktiv zur Verteidigung der Ukraine zu eilen. Doch die Ukraine dürfte sowieso nicht allzu viel Vertrauen in Verträge haben, in denen sich ihnen andere Länder als Garantiemächte anbieten. Man erinnere sich nur an das Budapester Memorandum, mit dem am 5. Dezember 1994 die Ukraine auf die noch aus Sowjetzeiten stammenden Atomwaffen verzichtete. Im Gegenzug erklärten sich Großbritannien, Russland und die USA zu Garantiemächten. Keiner der unterzeichnenden Staaten werde jemals seine Waffen gegen die Ukraine erheben, ist unter anderem im Budapester Memorandum zu lesen. Für Russland unterzeichnete Boris Jelzin.

Dorothee Frank

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