EOS hat seinen Sitz bei Canberra in Australien. Wie sieht die Gefahrenlage in Down Under aus, während in Europa zunehmend Drohnen über kritischer Infrastruktur oder Kasernen zu beobachten sind und russische Drohnen ihren Weg in den EU-Luftraum finden?
In Australien galt das Bedrohungsszenario durch Drohnen lange als gering. Man fühlte sich Tausende von Kilometer von möglichen Gegnern entfernt. Insgesamt ist die Lage auch nicht mit Europa vergleichbar, obwohl es einzelne Sichtungen gab.
Das Verständnis hat sich jedoch grundlegend geändert, als die Ukraine russische Flughäfen tief im Hinterland angriff. Dadurch wurde klar, dass selbst kleinere terroristische Gruppen problemlos Hunderte Drohnen in der Nähe eines Flugplatzes starten und erheblichen Schaden anrichten könnten.
Als Reaktion hat die Regierung das Programm LAND 156 zur Einführung eines standardisierten Counter-UAS-Systems gestartet. Es wurde mit 1,3 Milliarden australischen Dollar (rund 750 Millionen Euro) ausgestattet und international ausgeschrieben.
EOS hat sich nicht als Hauptauftragnehmer beworben, sondern unsere Effektoren rund einem Dutzend Partnerunternehmen angeboten. Einer davon gewann die Ausschreibung. Wir sind nun ein wesentlicher Teil des ausgewählten Teams und werden am 4. Dezember in der australischen Wüste das Prototypensystem bei einem Hot-Fire-Test vorstellen.
Auf Ihrer Internetseite schreiben Sie: „No one kills drones like EOS.“ Das ist eine sehr selbstbewusste Aussage. Wie begründen Sie diese?
Wir haben in unserer gesamten Unternehmensgeschichte kein einziges Vergleichsschießen verloren. Eines fand in diesem Jahr in Israel statt. Dort waren ausschließlich israelische Konsortien zugelassen.
Gemeinsam mit unserem lokalen Partner Israel Aerospace Industries (IAI) traten wir gegen lokale Wettbewerber an – unter Ihnen zwei international bekannte Firmen – und gewannen auch dieses Schießen. Unsere Abschussrate war doppelt do hoch wie die des nächst besten Wettbewerbers.
Im Heimatland zweier Kernwettbewerber so deutlich zu gewinnen, ist ein klares Votum und ein hervorragender Leistungsnachweis.
Auch beim weltweit am meisten beachteten Vergleichsschießen der US Army im April dieses Jahres haben wir mit großem Abstand gewonnen. Anschließend erhielten wir einen Auftrag der US Army, der wohl dazu führen wird, dass wir künftig die bevorzugte C-UAS-Standardlösung werden. Die US-Kampffahrzeugflotte wird zukünftig eine EOS R400 Slinger in einer semi-autonomen Spezialausführung erhalten.
Gleichzeitig hat die britische Regierung unseren dortigen Wettbewerber sogar aufgefordert, eine Lizenzvereinbarung mit uns einzugehen, sodass unser Produkt künftig durch unseren neuen Partner lokal gefertigt und im britischen Markt angeboten wird. Ähnliches geschieht derzeit in Frankreich.
Unterm Strich erreichen wir in der Regel rund 30 Prozent bessere Leistung, d. h. eine höhere Trefferrate über große Distanzen als jeder unserer Wettbewerber. Darauf sind wir sehr stolz.
Woher kommt diese höhere Treffergenauigkeit bei EOS?
Das reicht zurück bis in die 1980er-Jahre. Wir waren damals Partner der US-Regierung in der Strategic Defense Initiative (SDI), dem sogenannten Star-Wars-Programm. Gemeinsam mit amerikanischen Partnern entwickelten wir Laserwaffensysteme zur Bekämpfung von Satelliten und Raketen. In dieser Zeit haben wir unsere präzisen Tracking- und Detektionsfähigkeiten aufgebaut.
Als das Programm 1990 eingestellt wurde, haben wir die Technologie für den Bodeneinsatz weiterentwickelt. Heute können wir jede Bewegung im Weltraum erfassen und selbst eine Zwei-Euro-Münze aus zehntausenden Kilometern Entfernung verfolgen. Diese Technologie haben wir für bodengebundene Systeme adaptiert. Noch heute entwickeln und produzieren wir all diese Schlüsseltechnologien im Hause – anstatt sie wie die meisten Wettbewerber von Drittanbietern zuzukaufen.
EOS ist also selbstbewusst durch Nachweis und Erfahrung. Wir sprachen bisher über die Slinger-Waffenstation. Was können Sie zum restlichen Portfolio sagen?
Wir bieten bei EOS drei Produktlinien an:
- Fernbedienbare Waffenstationen
- Hochenergetische Laser-Waffen
- Space Warfare
Bei den Waffenstationen haben wir das weltweit breiteste Portfolio – von sehr kleinen, mobilen Systemen, unserer EOS R150, bis zu großen, sehr leistungsstarken Systemen, die mit einem ausgewachsenen Mittelkaliber-Turm problemlos mithalten können.
Unsere EOS R800 bietet ein Leistungsniveau ähnlich eines Puma- oder Lance-Turms – wiegt aber selbst in der geschützten Variante nur ein Drittel und kostet allenfalls ein Viertel. Durch das geringe Gewicht lässt sie sich zudem auf deutlich kleineren Fahrzeugen integrieren.
Unser zweiter Bereich sind High Energy Laser Weapons für die Abwehr von Drohnen und kleinen Flugobjekten. Die Entwicklung basiert auf dem Starwars-Programm der 80er-Jahre und wurde anschließend mit eigenen Mitteln fortgesetzt. Wir sind heute das weltweit einzige Unternehmen, das 100-kW-Systeme anbieten und lokal im Kundenland fertigen kann. Dies ist nur deswegen möglich, weil wir als einziger Anbieter über die kompletten Schutzrechte (IPR) verfügen.
Der damit verbundene dritte Bereich ist Space Warfare. Wir können hier unseren Kunden Systeme anbieten, mit deren Hilfe er gegnerische Satelliten nicht nur überwachen, sondern vom Boden aus aktiv bekämpfen kann – in drei Stufen: temporäres Blenden, Zerstörung der Sensoren und schließlich Ausschalten des gesamten Satelliten.
Das geschieht vorzugsweise vom Boden aus – stationär oder mobil – kann zukünftig aber auf Wunsch auch vom Weltraum aus erfolgen. EOS ist das einzige Unternehmen außerhalb der USA, das solche Systeme anbieten kann.
Von welchen Leistungen sprechen wir hier?
Um Satelliten zu blenden, reichen Laserleistungen von etwa 1 Kilowatt. Die Herausforderung liegt weniger in der Leistung als im Ausgleich atmosphärischer Störungen und der Stabilisierung des Laserstrahls.
Für die Zerstörung eines Satelliten sind Hunderte Kilowatt erforderlich. Das war früher nicht möglich, heute können wir diese Leistungen anbieten.
Sind das auch die Leistungen der Anti-Drohnen-Laser von EOS?
Nicht ganz. Für die erfolgreiche Bekämpfung von Drohnen sind Laserleistungen zwischen 50 und 150 Kilowatt erforderlich. Ein Beispiel: Wir haben im August als weltweit erstes Unternehmen eine 100-Kilowatt-Laserwaffe an einen Exportkunden verkauft, konkret an die niederländische Regierung. Die Niederlande wollen sich in Europa als führender Nutzer im Bereich hochinnovativer Laserwaffen etablieren.
Und von welchen Kosten reden wir da?
Der Laser wurde für 71 Millionen Euro verkauft – inklusive Entwicklungs-, Lokalisierungs- und Integrationskosten, die bei zukünftigen Systemen entfallen. In kleinen Stückzahlen liegt der Systempreis bei 45 bis 50 Millionen Euro, in großen Serien bei etwa 30 Millionen – also auf dem Niveau eines Leopard-2-Panzers. Wir gehen davon aus, dass Staaten mittelfristig große Stückzahlen beschaffen, um ihre gesamte kritische Infrastruktur mit Laserwaffen zu schützen.
Der Apollo-Laser von EOS liefert 150 kW. Ein deutsches Konkurrenzprodukt wurde kürzlich mit 20 kW getestet. Das ist ein deutlicher Unterschied, oder?
Ja, und es ist einer der Gründe, warum wir unseren Schwerpunkt nach Europa verlagern. Hier ist das Marktpotenzial enorm bei gleichzeitig moderatem Wettbewerb. Neben dem 20-kW-System des deutschen Wettbewerbers entwickelt ein britisches Konsortium ein 50/60-kW-System, das erst 2028 zur ersten Auslieferung kommt.
In Frankreich arbeitet die lokale Industrie auf der Basis eines 5-kW-Systems und hat den Auftrag, bis 2031 auf 50 kW zu kommen. Wir können heute bereits bis 150 kW skalieren. Bestellt ein Kunde heute ein derartiges System, können wir es noch in 2027 ausliefern. Wir haben also mindestens 5 Jahre Vorsprung auf den nächsten europäischen Wettbewerber.
Im Markt für 100-kW-Laserwaffen haben wir als EOS nur einen echten Wettbewerber: ein israelisches Industrie-Konsortium, das aus drei Firmen besteht. Ansonsten bietet weltweit niemand 100-kW-Systeme an.
Unsere Systeme sind nicht nur „off the shelf“ – wer heute bestellt, erhält 2027 einen 100-kW-Laser – sondern auch preiswert. Zum Vergleich: Wir bieten der Bundesregierung unsere Systeme deutlich billiger an als der lokale Wettbewerber. Unser Versprechen „doppelte Leistung für den halben Preis in der halben Zeit“. Und das bei einer kompletten Lokalisierung der Technologie und Fertigung in Deutschland.
Durch Ihre Partnerschaft mit Diehl sind Sie bereits in Deutschland präsent. Wie wollen Sie diese Präsenz ausbauen? Was bieten Sie Deutschland an?
Gemeinsam mit Diehl Defence haben wir für die ungeschützten Transportfahrzeuge (UTF) der Bundeswehr unsere R150 angeboten. Ziel der Ausschreibung ist es, alle schweren logistischen Fahrzeuge der Bundeswehr mit fernbedienbaren Waffenstationen auszurüsten – insgesamt bis zu 4.200 Systeme. Wir haben ein sehr wettbewerbsfähiges Angebot eingereicht und hoffen auf den Zuschlag.
Neben einem stark wachsenden Markt bei Anti-Drohnensystemen stehen wir am Anfang eines weltweiten Booms an Systemen zum Schutz der eigenen Weltraum-Infrastruktur bzw. zur Bekämpfung gegnerischer Satelliten. Die US-Regierung hat das Golden-Dome-Programm mit einem Volumen von 175 Milliarden Dollar gestartet, in dem wir ebenfalls vertreten sind. Unser Kernmarkt wird jedoch Europa sein.
Wir werden Europa kein Golden-Dome-System anbieten – das übersteigt unsere Kompetenzen. Aber wir können eine Fähigkeit anbieten, die für europäische Regierungen von höchstem Interesse ist: die Möglichkeit, sowohl vom Boden als auch vom Weltall aus jeden gegnerischen Satelliten auszuschalten. Dafür arbeiten wir in Deutschland eng mit unserem Partner OHB zusammen und werden dieses Angebot auch der Bundesregierung vorlegen.
Vielen Dank für das Gespräch Herr Dr. Schwer.
Die Abwehr von Drohnen und anderen Flugobjekten wird auch Ende April 2026 wieder eines der zentralen Themen sein, wenn sich Streitkräfte und Industrie zum Ground Based Air Defence Summit in Berlin treffen.
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