Mit dem Ukraine-Krieg hat sich die Rolle unbemannter Systeme in der modernen Kriegsführung drastisch verändert. Drohnen sind inzwischen unverzichtbar für Aufklärung, Zielerfassung und Angriffsoperationen. Quantum Systems – eines der bekanntesten deutschen Unternehmen in diesem Bereich – reagiert auf diese Entwicklung mit einem umfassenden Wachstumskurs und einer (politischen) Drohnen-Offensive.
Das Unternehmen kündigte gestern an, seine Produktionskapazitäten in Deutschland erheblich ausbauen zu wollen, um schneller auf die steigende Nachfrage reagieren zu können. Die Initiative, die auch unter dem Schlagwort „Tatenwende“ steht, solle dazu beitragen, die europäische Verteidigungsfähigkeit unabhängiger von außereuropäischen Herstellern zu machen. Gerade auch bei Innovationen rund um das Thema unbemannte Systeme.
„Es ist Zeit, dass Deutschland auch da wieder einen gewissen Ingenieursstolz entwickelt“, forderte Florian Seibel, Mitgründer und Co-CEO von Quantum Systems über die Drohnen-Offensive seines Unternehmens. „Wir können das. Wir haben hervorragende Universitäten hier. Wir haben das Humankapital, wir haben die Finanzierungen, aber wir brauchen auch das Mindset und die Rückendeckung aus der Politik.“
Um diese Rückendeckung für eine Drohnen-Offensive aus der Politik zu erhalten, startete das Unternehmen in dieser Woche eine groß angelegte Werbekampagne in der Bundeshauptstadt. Auf Litfaßsäulen und in Tageszeitungen ist zu lesen, dass Deutschland ein „Upgrade“ und „mehr Überflieger“ brauche. „Für ein neues Zeitalter der Aufklärung“ heißt es auf einem Plakat. Die Bundeswehr und der Standort Deutschland sollten gestärkt werden, so die zentrale Forderung der Drohnenbauer, die möglichst alle Verhandler aus CDU und SPD in Berlin lesen sollen.
Massives Wachstum bei Quantum Systems
Parallel zur politischen Drohnen-Offensive plant Quantum Systems eine bedeutende Akquisition. Das Unternehmen befindet sich aktuell in Gesprächen zur Übernahme eines anderen europäischen Drohnenherstellers. Im Gegensatz zu den Starrflüglern von Quantum Systems baue dieser Copter. Mehr als „einen Notartermin“ am Nachmittag konnte man gestern allerdings nicht bekannt geben.
Der strategische Schritt zur Erweiterung der technologischen Fähigkeiten könnte Quantum Systems nicht nur als Marktführer in Europa etablieren, sondern auch die technologischen Entwicklungen beschleunigen und bereits vorhandene Produkte weiter verbessern. Das Stichwort hier lautet hybride Drohnen, die sowohl über Eigenschaften von Starrflüglern als auch Multicoptern verfügen.
Dazu passt auch, dass das Unternehmen seine Produktionskapazitäten massiv ausbauen möchte. Die Drohnen-Offensive bei Quantum könnte sich ab April schon im Bau einer neuen Fertigungshalle bei Oberpfaffenhofen zeigen. An diesem Standort verfügt Quantum Systems zurzeit über rund 7.500 m², die allerdings nur zu etwa einem Drittel für die Produktion zur Verfügung stehen.
„Wir haben aber hier die Möglichkeit, in drei Modulen jeweils 3.000 m² hinzuzubauen“, erklärte Co-CEO Seibel. Vereinfacht gesagt wird die Produktionsfläche des Unternehmens zeitnah verdoppelt und mittelfristig vervierfacht – auch durch Effizienzsteigerungen.
Sofern gewisse Abnahmegarantien seitens der neuen Bundesregierung in Aussicht gestellt werden, würde man außerdem das Projekt „europäische Drohnenfabrik“ auch mit eigenen Mitteln finanzieren. „Dann werden wir auch innerhalb von 12 Monaten einsatzklar sein, da es ein Standardgebäude ist, welches man sich ‘von der Stange‘ bauen lassen kann“, erklärte Seibel. Auch dieser Hinweis ein Wink in Richtung Politik.
„Wir sehen das als ein Thema, was über den Ukrainekonflikt hinausgeht“, führte Seibel die Absichten seines Unternehmens weiter aus. „Ich glaube, dass Robotik, Automatisierung, Drohnen, Data ein absolutes Zukunftsthema sind, was auch weit über den Einsatz in Kriegs- und Krisenszenarien hinausgeht.“
Drohnen-Offensive erreicht nächste Gewichtsklasse
Im Zuge der Drohnen-Offensive am gestrigen Tage sprach Quantum Systems auch von einer neuen Entwicklung, mit der man die bisherige Familie an Aufklärungsdrohnen erweitern wolle. Unter dem Arbeitstitel „Goliath“ arbeite man derzeit an einer rund 150 kg schweren Drohne, um das eigenen Angebot nach oben zu erweitern.
Die bisherigen Aufklärungsdrohnen – Twister, Vector & Reliant – bewegen sich in den Gewichtsklassen von 3 bis rund 30 kg. Goliath entspräche dann der Größe der in der Bundeswehr eingesetzten Aufklärungsdrohne Luna NG von Rheinmetall.
Eine Bewaffnung der Drohnen komme jedoch für Quantum Systems trotz Drohnen-Offensive weiterhin nicht infrage. Dies sei ein Erbe aus den Anfangszeiten des Unternehmens, in denen es einem Investor nicht möglich gewesen sei, in bewaffnete Systeme zu investieren.
Bei bewaffneten Drohnen und Loitering Munition kommen andere Hersteller wie beispielsweise Donaustahl oder das – ebenfalls von Florian Seibel mitgegründete – Unternehmen STARK ins Spiel. Mit Blick auf die in Bayern gegründete Innovationsplattform für unbemannte Systeme und das Innovationszentrum der Bundeswehr ist der Ansatz, Kompetenzen nah am Endnutzer zu bündeln, vielleicht gar nicht so verkehrt.
Börsenexpertise – Susanne Wiegand Teil von Quantum Systems
Ein weiterer prominenter Schritt ist die Aufnahme von Susanne Wiegand in den Beirat von Quantum Systems. Die ehemalige Vorstandsvorsitzende des Panzergetriebeherstellers RENK verstärkt das Unternehmen mit ihrer Expertise und politischen Vernetzung. Sie unterstrich gestern die Dringlichkeit der aktuellen Lage und forderte entschlossenes Handeln: „Wir müssen jetzt ins Tun kommen.“
Quantum Systems mache mit seiner Drohnen-Offensive vor, wie es geht. Der Drohnenbauer sei „bereit, den nächsten Schritt zu gehen und ist damit Vorbild für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die Dimension Drohne zum Leuchtturmprojekt der Tatenwende zu machen.“
Auf die Nachfrage eines Journalisten, ob die Personalie Wiegand einen baldigen Börsengang von Quantum Systems bedeute, antwortete Co-CEO Seibel, dass derlei Überlegungen momentan nicht auf der Tagesordnung stünden.
Nichtsdestotrotz könnte der erfolgreiche Börsengang von RENK – für den Wiegand maßgeblich verantwortlich war – durchaus ein Beispiel sein, wenn man die bisherige Finanzierung des Start-ups durch Risikokapital auf eine andere Basis stellen wolle. Was nicht ist, kann also noch werden.
Grundsätzlich untermauerte Quantum Systems mit dem gestrigen Presse-Rundumschlag zur Drohnen-Offensive den eigenen Anspruch, nicht nur technologischer Innovationsführer, sondern auch ein zentraler Treiber für eine neue sicherheitspolitische Ausrichtung Deutschlands zu sein. Die kommenden Monate werden zeigen, ob das Unternehmen seine ambitionierten Pläne erfolgreich umsetzen kann – und welche Auswirkungen dies auf den europäischen Drohnenmarkt haben wird.
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