Der 19. Bericht des BMVg zur Rüstung bringt Neuigkeiten

Einmal im Jahr veröffentlicht das BMVg – meistens um die Jahreswende – seinen Bericht zu Rüstungsangelegenheiten. In diesem Jahr wurde das Dokument nicht nur deutlich früher fertig, sondern enthält auch zahlreiche Neuigkeiten, wie etwa die neuen Vorhaben Leichter Kampfhubschrauber, Fregatte F127 und den für die Luftverteidigung vorgesehenen Nah- und Nächstbereichsschutz (NNbS). Gleichzeitig zeigt der Bericht allerdings auch die Finanzierungslücke auf, die ab dem Jahr 2028 klafft.

Die Beschaffung des Boxers mit Lance Turm als „Schwerer Waffenträger Infanterie“ von Australien gilt nicht nur im BMVg als Vorzeigemodell, wie schnell Material tatsächlich in die Truppe gelangen kann.
Die Beschaffung des Boxers mit Lance Turm als „Schwerer Waffenträger Infanterie“ von Australien gilt nicht nur im BMVg als Vorzeigemodell, wie schnell Material tatsächlich in die Truppe gelangen kann.
Foto: Rheinmetall

Doch die positiven Nachrichten zuerst: Die vom BMVg eingeleiteten Maßnahmen zur Beschleunigung der Beschaffung von wehrtechnischen Systemen für die Bundeswehr sind erfolgreich. Immer mehr Systeme kommen immer schneller in die Truppe. Obwohl das Beschaffungsamt der Bundeswehr weiterhin unter Personalmangel leidet – nur 88,3 Prozent der Dienstposten sind besetzt – konnte das BAAINBw im Jahr 2023 insgesamt 12.109 Verträge und bis zum Stichtag für diesen Rüstungsreport, den 30. April 2024, insgesamt 4.149 Verträge schließen.

Auch das Parlament zeigte sein Wohlwollen zur besseren Ausstattung der Bundeswehr. Im Jahr 2023 genehmigte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages Vorhaben für insgesamt rund 47,7 Milliarden Euro, in 2024 bis zum Stichtag 30. April bereits für 9,5 Milliarden Euro.

Anschlussfinanzierung der Projekte nicht definiert

Doch die Finanzierung dieser Vorhaben bleibt ein Problem, da sie nur bis 2028 gedeckt ist. „Die Anschubfinanzierung zahlreicher, wichtiger und komplexer Vorhaben für die Bundeswehr ist, trotz des ab 2024 im Finanzplanzeitraum bei rund 52 Mrd. Euro stagnierenden Einzelplans 14, mit Hilfe des Sondervermögens Bundeswehr erfolgt. Die

Anschlussfinanzierung ist dann nach Verausgabung des Sondervermögens Bundeswehr ab 2028 durch den Einzelplan 14 sicherzustellen“, ist in dem aktuellen Rüstungsbericht des BMVg zu lesen.

Dies bedeutet nichts anderes, als dass nur ein Teil der Vorhaben tatsächlich bis zum Ende im Einzelplan 14 der Bundeswehr durchfinanziert ist. Der Haushalt für die Bundeswehr muss dann um die entsprechenden Beträge zusätzlich anwachsen – oder es wird ein neues Sondervermögen beschlossen. Probleme, welche für die nächste Regierung bereitstehen.

Steigerung des Etats für das BMVg nicht ausreichend

„Mit einer Höhe von rund 52 Mrd. Euro steht im Jahr 2024 gegenüber dem Plafond des Haushalts 2023 ein um rund 1,8 Mrd. Euro erhöhtes Ausgabevolumen im Einzelplan 14 zur Verfügung“, benennt der Rüstungsbericht die Zahlen.

Überblick über den dem BMVg zur Verfügung stehenden Haushalt.
Überblick über den dem BMVg zur Verfügung stehenden Haushalt.
Quelle: 19. Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung zu Rüstungsangelegenheiten

Allerdings ist ein wachsender Haushalt noch kein Zeichen für eine Mehrinvestition, da allein aufgrund der Inflation sowie aktuell den Krieg Russlands gegen die Ukraine und die Nachwirkungen der Corona-Pandemie der normale Betrieb der Bundeswehr – Gehälter, Pensionen, Instandhaltung, Liegenschaften und Verbrauch – einen stetig wachsenden Verteidigungshaushalt erfordern.

Die tatsächlichen Neuinvestitionen stammten dementsprechend aus dem Sondervermögen. Im Rüstungsbericht ist zu lesen: „Für rüstungsinvestive Ausgaben (Forschung, Entwicklung und Erprobung sowie militärische Beschaffungen) wird in den kommenden Jahren in noch stärkerem Maße auf die Kreditermächtigung des Sondervermögens Bundeswehr zurückgegriffen. Das diesbezügliche Ausgabevolumen im Einzelplan 14 fällt daher im Haushalt 2024 gegenüber dem Jahr 2023 (rund 9,6 Mrd. Euro) geringer aus und beträgt insgesamt rund 4,0 Mrd. Euro.“

Neue Projekte im Rüstungsbericht: F127

Neu wurde die Fregatte F127 in den aktuellen Rüstungsbericht des BMVg aufgenommen. Mit diesen Fregatten sollen die F124 der Deutschen Marine abgelöst werden, um den „bruchfreie Erhalt der Fähigkeit zur maritimen Luftverteidigung und Verbandsflugabwehr im Weitbereich“ zu erhalten. „Zudem soll die Bereitstellung einer seebasierten Fähigkeit zur Abwehr von hypersonischen und ballistischen Flugkörpern in der unteren Abfangschicht sowie eine „Precision Strike Capability“ (Bekämpfung von gehärteten Zielen auf große Entfernungen [NATO Capability Target]) realisiert werden“, lautet die Beschreibung des BMVg.

Insgesamt fünf Schiffe sollen beschafft werden, um die drei Fregatten der Sachsen-Klasse (Sachsen, Hamburg und Hessen) zu ersetzen.

MEKO-Fregatte von TKMS, die als ein aussichtsreicher Kandidat als Basis für die F127 gilt.
MEKO-Fregatte von TKMS, die als ein aussichtsreicher Kandidat als Basis für die F127 gilt.
Bild: TKMS

„Das Projekt befindet sich in der sogenannten Analysephase, Teil 2. Der Lösungsvorschlag (LV) wird derzeit durch das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr erarbeitet, eine Auswahlentscheidung durch den Generalinspekteur ist für den Beginn des Jahres 2025 vorgesehen“, beschreibt der Bericht den Zeitplan. „Derzeit laufen verschiedene Untersuchungen mit der MTG Marinetechnik GmbH zur späteren Projektrealisierung. Diese betreffen u. a. Life Cycle Cost-Betrachtung, System-Architektur, Anforderungs- bzw. Systemmodellierung, Schock- und Verwundbarkeitsmodellierung sowie eine Marktsichtung zu verfügbaren und geeigneten nationalen Schiffsentwürfen.“

Die Betonung dürfte hier auf „nationalen Schiffsentwürfen“ liegen.

Französisch-deutsche Kooperationen: MGCS

Wie dem Rüstungsbericht des BMVg zu entnehmen ist, steckt das deutsch-französische Kooperationsprojekt zum zukünftigen Kampfpanzersystem nach wie vor in der industriellen Sackgasse.

„Seitdem im Zuge des deutsch-französischen Verteidigungsministertreffens im September 2023 entschieden wurde, die Strukturen des Next Generation Weapon System (NGWS)/Future Combat Air System (FCAS) auf MGCS zu übertragen, finden intensive amtsseitige deutsch-französische Workshops auf Expertenebene zur Ausgestaltung der Neuausrichtung des Programms statt“, steht im Rüstungsbericht. „Kernthemen sind hierbei die Definition und industrielle Verteilung der Level und Pillar, welche die ehemaligen 13 Technologiefelder ersetzten, sowie die Erarbeitung von Konzepten, welche die amtsseitigen und industriellen Verantwortlichkeiten sowie die Rolle einer Projektgesellschaft MGCS beschreiben.“

Es wird also weiterhin verhandelt, welche Industrie welchen Bereich erhält. Wenn man bedenkt, dass die deutsch-französischen Absichtserklärung (Letter of Intent) bereits am 19. Juni 2018 gezeichnet wurde ist dies kaum als Fortschritt zu bezeichnen. Zudem hätten am 26. April 2024, als die beiden Nationen sich auf die acht Technologiesäulen und deren nationale Zuordnung einigten, eigentlich auch die Absprachen mit der Industrie fertig sein müssen.

Doch davon findet sich nichts im Rüstungsbericht, stattdessen: „Im weiteren Verlauf soll der Dialog mit der beteiligten deutschen und französischen Rüstungsindustrie intensiviert werden, um schnellstmöglich die ersten Forschungs- und Technologie (F&T)-Aktivitäten im Programm beginnen zu können.“

Die Verteilung der Kapazitäten

Es würde auch langsam Zeit, wenn tatsächlich ab Mitte 2040 ein neuer Kampfpanzer in Europa entstehen soll. Bis dahin setzen die meisten Nationen entweder auf den bewährten Leopard 2 oder die Neuentwicklungen Panther im Zusammenspiel mit Lynx von Rheinmetall. Oder sie kaufen in Asien, wie Polen.

Während das deutsch-französische Projekt MGCS still stand, schloss Ungarn im Dezember 2023 einen Vertrag mit Rheinmetall, um deren neuesten Kampfpanzer KF51 Panther bis zur Serienreife zu entwickeln.
Während das deutsch-französische Projekt MGCS still stand, schloss Ungarn im Dezember 2023 einen Vertrag mit Rheinmetall, um deren neuesten Kampfpanzer KF51 Panther bis zur Serienreife zu entwickeln.
Foto: Rheinmetall

Eines ist zumindest sicher, angesichts der immer angespannter werdenden Lage in Europa müssen fast alle europäischen Streitkräfte aufrüsten. Und zwar heute, nicht erst in 2040+. Die Unternehmen haben dementsprechend die Wahl, ihre klugen Köpfe auf Weiterentwicklungen bestehender Systeme, die direkt Abnehmer finden, oder auf ein Wunschprojekt Frankreichs und Deutschlands zu setzen. Die Zeiten haben sich schließlich geändert, nicht nur für die Bundeswehr, sondern auch für die wehrtechnische Industrie. Besonders im Landbereich.

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