ISL zeigt neue Konzepte für Unmanned Systems & Effektoren

Auf der RÜ.NET in Koblenz präsentierte das französisch-deutsche Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL) drei aktuelle Forschungslinien. Brigadegeneral Michael Meinl und Prof. Bernd Fischer gaben dabei einen Überblick über den Stand der Arbeiten – von unbemannten Bodenfahrzeugen über Schwarmtechnologien bis hin zu einer Familie von Gleitbomben.

ISL – UGV AUROCHS mit Waffenstation und 12,7-mm-Maschinengewehr von FN Herstal.
UGV AUROCHS mit Waffenstation und 12,7-mm-Maschinengewehr von FN Herstal.
Foto: Institut Saint-Louis

Das ISL, das zu rund 90 Prozent von den Verteidigungsministerien Deutschlands und Frankreichs finanziert wird, versteht sich als Schnittstelle zwischen Forschung, militärischer Praxis und industrieller Umsetzung. Ziel ist es, Forschungsergebnisse frühzeitig an den Anforderungen der Streitkräfte auszurichten und diese gemeinsam mit Nutzern, Bedarfsdeckern und Industriepartnern in marktreife Systeme zu überführen.

UGV AUROCHS

Im Mittelpunkt der Präsentation stand die autonome Navigation des unbemannten Bodenfahrzeugs AUROCHS. Kern der Entwicklung ist die ISL-Technologie STAMINA („on-board intelligence“). Das Fahrzeug wird im ferngesteuerten Modus über eine Route geführt, die mit einer einfachen Schwarz-Weiß-Kamera aufgezeichnet wird.

Auf dieser Basis kann der AUROCHS den Weg beliebig oft autonom reproduzieren oder – im Fall elektronischer Störungen wie GPS-Jamming – durch Abgleich von aufgezeichneten und aktuellen Bilddaten eigenständig den Rückweg antreten. Brigadegeneral Meinl verwies in diesem Zusammenhang auch auf erste Versuche mit einem Radpanzer Boxer.

Einschränkungen bestehen bei der Rückkehrfunktion, wenn sich die Geländestruktur stark verändert, beispielsweise durch Artilleriewirkung – wird allerdings zugunsten einfacherer und günstigerer Systeme bewusst in Kauf genommen.

Brigadegeneral Meinl (li.) und Prof. Fischer (re.) am Stand des ISL auf der RÜNET in Koblenz.
Brigadegeneral Meinl (li.) und Prof. Fischer (re.) am Stand des ISL auf der RÜNET in Koblenz.
Foto: CPM / Connor Rehn

Die rund 600 Kilogramm schwere Plattform kann etwa 450 Kilogramm Last – bis zur Größe von zwei Europaletten – transportieren. Die möglichen Einsatzszenarien reichen von Standardtransporten auf der „letzten Meile“ (Munition nach vorne, Verwundete nach hinten) über Aufklärung und Raumüberwachung bis hin zur Verwendung als Waffenplattform.

Eine besondere Anwendung ist die sogenannte „elektronische Deichsel“: Ein bemanntes Führungsfahrzeug zeichnet die Marschstrecke auf und überträgt die Bilddaten an folgende unbemannte Fahrzeuge, die diese Route anschließend exakt reproduzieren. Die STAMINA-Technologie lässt sich laut ISL mit überschaubarem Aufwand auch auf andere Gefechtsfahrzeuge nachrüsten.

Technisch verfügt der AUROCHS über einen elektrischen Allradantrieb mit vier Radnabenmotoren und einem gekühlten Batteriesystem. Er erreicht derzeit bis zu 50 km/h, perspektivisch bis zu 80 km/h. Eine Besonderheit ist die Möglichkeit, die zentrale Batterie im Anhängerbetrieb während des Marsches über ein Zugfahrzeug nachzuladen – ein Lösungsansatz für das logistische Problem der Energieversorgung.

Für die Nahbereichssteuerung entwickelte ISL ein RC-Modul, das sich an der Picatinny-Schiene eines Sturmgewehrs anbringen lässt. Dies erlaubt es dem Soldaten, die Steuerung zu bedienen, während die Hände an der Waffe und der Blick im Gelände bleiben. Perspektivisch ist ein Zusammenwirken mit UAVs vorgesehen, um das System in kombinierte Szenarien einzubetten und seine Resilienz bei unvorhergesehenen Hindernissen zu erhöhen.

Ein Vorgängermodell des AUROCHS nahm bereits 2019 im autonomen, bildgesteuerten Betriebsmodus an der Militärparade auf den Champs-Élysées teil. Der aktuelle Prototyp ist mit einer ferngesteuerten 12,7-mm-Waffenstation von FN Herstal ausgestattet und wird derzeit von der französischen Armee erprobt; eine erste Kleinserie wurde bereits bestellt.

Schwarmtechnologien

Ein zweites Forschungsfeld des ISL sind Schwarmtechnologien. Im Vordergrund stehen die Aufgabenteilung und die dynamische Auftragsallokation innerhalb eines Schwarms, eine dezentrale Steuerung sowie die Resilienz beim Ausfall einzelner Drohnen. Ergänzend arbeitet das ISL an akustischen Verfahren zur Detektion von UAVs. Ziel ist es, Schwärme widerstandsfähiger und flexibler zu machen – auch in Szenarien „Schwarm gegen Schwarm“.

Präzisionseffektoren

Als drittes Thema stellte ISL die IGB 50 (ISL Glide Bomb, 50 kg) vor. Die Konzeptstudie soll die Basis für eine Familie von Gleitbomben in Gewichtsklassen zwischen 10 und 50 Kilogramm bilden. Das System verfügt über ein Stealth-Design, submetergenaue Navigation auch ohne GNSS sowie Gefechtsköpfe, die sowohl für 90°-Top-Attack als auch für Shaped-Attack-Szenarien ausgelegt sind. Damit sollen UAVs unterschiedlicher Klassen – von taktischen Drohnen bis hin zu MALE-Systemen – mit präzisen Wirkoptionen ausgestattet werden.

IGB 50 (ISL Glide Bomb, 50 kg) als Modell im Maßstab 40:100 auf der RÜNET in Koblenz.
IGB 50 (ISL Glide Bomb, 50 kg) als Modell im Maßstab 40:100 auf der RÜNET in Koblenz.
Foto: CPM / Connor Rehn

Ausblick

Mit den vorgestellten Forschungsfeldern greift das ISL aktuelle Lehren aus den jüngsten Konflikten systematisch auf. Der Fokus liegt auf robusten, skalierbaren und kosteneffizienten Lösungen, die unter realen Einsatzbedingungen bestehen können. Durch die frühe Einbindung von Nutzern, Bedarfsdeckern und Industrie können Anforderungen geschärft und technische Lösungen im Rapid Prototyping beschleunigt zur technischen Reife geführt werden.

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