Die heute genutzte Artillerie mit der Panzerhaubitze M109 ist veraltet und erreicht in den nächsten Jahren das Nutzungsende. Die Beschaffung begann im Jahr 1968. Um den Erhalt und die Weiterentwicklung der Fähigkeit des indirekten Feuers auf mittlere Distanzen bei gesteigerter Reichweite, Präzision und Mobilität sicherzustellen, hat die Armee das Projekt „Artillerie Wirkplattform und Wirkmittel“ (WPWM) initialisiert. Mit der Unterzeichnung des Projektauftrags im Jahr 2019 wurde die Projektleitung an das Bundesamt für Rüstung übergeben. armasuisse hat den Auftrag erhalten, ein entsprechendes System auf Basis eines radgestützten Fahrzeugs zu evaluieren. Zum Projektumfang gehören unter anderem:
- Eine radgestützte Wirkplattform für die indirekte Feuerunterstützung auf mittlere Reichweite
- Die Integration der Kommunikations- sowie Führungs- und Feuerleitsysteme der Schweizer Armee
- Ausbildungs- und Simulationssysteme
- Logistikmittel für die Wirkplattform und die Wirkmittel sowie
- eine erste Bevorratung an Munition
Mit der Vorevaluation zur Shortlist
Auf Grundlage der militärischen Anforderungen hatte armasuisse mehrere Hersteller eingeladen, ihre Unterlagen einzureichen. Das Projektteam mit Expertinnen und Experten von armasuisse und der Armee hat die erhaltenen analysiert und bewertet. Für die darauffolgende Evaluation wurden im Jahr 2022 die Artillerie-Systeme zweier Hersteller bestimmt:
- BAE Systems Bofors AB mit dem ARCHER Mobile Howitzer System
- KNDS Deutschland GmbH & Co. KG mit dem Artillery Gun Module (AGM)
Hier allerdings auf zwei möglichen Trägerplattformen, dem Boxer wie er für Deutschland und Großbritannien mit AGM vorgesehen ist und dem GDELS Piranha.
Evaluation der Shortlist Artillerie-Systeme
Im Anschluss wurden das Erprobungskonzept für die neue Artillerie sowie die Nutzwertanalyse erarbeitet. Die Planung der Evaluationsphase und der praktischen Erprobungen erfolgte in Zusammenarbeit mit der Industrie und den beteiligten Organisationseinheiten der Armee (Logistikbasis der Armee, Kommando Ausbildung, und Kommando Operationen) sowie armasuisse. Von Januar 2023 bis Juni 2024 fanden verschiedene praktische Abklärungen und Erprobungen statt, unter anderem:
- Logistische Abklärungen
- Technische Versuche der Hauptwaffe im Ausland und Mobilität im Schweizer Straßennetz und Gelände
- Truppenversuche mit Berufsmilitärs und Miliz-Angehörigen der Schweizer Armee sowie
- diverse Besuche und Live Firings bei ausländischen Armeen oder Beschaffungsbehörden (wir berichteten)
Zum Thema Logistik wurde durch KNDS Deutschland nach den Schweizer Kundenanforderungen parallel ein neues Resupply Konzept entwickelt. Das Aufmunitionierungskonzept „AGM Resupply Concept“ ist auch notwendig, bei Geschossgewichten von 46 kg. KNDS setzt bei seinem Aufmunitionierungskonzept nicht auf ein Gefechtsfahrzeug, sondern auf eine containerisierte Lösung auf geschütztem oder ungeschütztem LKW.
Der Container des Herstellers CHS Spezialcontainer Shelter and Engineering GmbH kann die Munitionspaletten handeln und unterstützt bzw. schützt vor allem die Mitarbeiter bei der schweren körperlichen Arbeit. Mit dem Container wird die Munitionslogistik modern ausgelegt, er hat unter anderem einen Kran integriert, um die schweren Geschosse aus dem Container zur Haubitze zu transportieren. Mit dem Resupply Concept kann eine Haubitze in unter 13 Minuten vollständig nachgeladen werden – Geschosse wir Treibladungen.
Jeder Container kann einen Munitionsvorrat für zwei Haubitzen aufnehmen. Natürlich ist auch weiterhin eine Beladung vom Boden aus möglich. Eine beim Aufmunitionierungskonzept vorgesehene Beladezange unterstützt die zwei Soldaten beim händischen Heben und Transport der schweren Geschosse, schont diese aber bei ihrer Tätigkeit. Alles zum Konzept ist hier nachzulesen.
Typenwahl: System AGM auf Piranha IV
Nach der detaillierten Auswertung aus den Erprobungen, Abklärungen und Angeboten fiel die Typenwahl auf das Artillerie-System AGM auf Piranha IV von KNDS Deutschland als Prime. Unter Berücksichtigung der eingegangenen Offerten sowie der Bewertung zahlreicher Aspekte in den Bereichen Taktik, Technik, Logistik, Kommerz, Qualität und Nachhaltigkeit entspricht das gewählte Artillerie-System dem vorteilhaftesten Angebot.
Nach dem Typenentscheid wird das Projektteam unter anderem die Arbeiten zur Integration der Kommunikations- und Führungssysteme durchführen. Gleichzeitig werden die Beiträge für die Armeebotschaft 2025 vorbereitet.
Heutige Panzerhaubitze M109 seit über 50 Jahren in Betrieb
Die aktuell im Einsatz stehenden Panzerhaubitzen M109 (offizielle Bezeichnung: 15,5 cm Panzerhaubitze M109 KAWEST WE) wurden ab 1968 in mehreren Tranchen beschafft und bilden seither das Rückgrat der motorisierten Artillerie der Schweizer Armee.
Im Laufe der Nutzungsdauer wurde das System mehrfach für den Einsatz angepasst. So wurde die Panzerhaubitze M109 1995 einer Kampfwertsteigerung (KAWEST) und 2012 einem Werterhaltungsprogramm (WE) unterzogen. Die letzten Maßnahmen erfolgen derzeit mit einer Nutzungsverlängerung (NUV) 2021 mit der Absicht das System bis zur Ablösung durch das AGM auf Piranha IV zu betreiben.
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