Es ist ein Datum, das in Erinnerung bleiben wird: Am morgigen 4. Dezember erhält das Panzergrenadierbataillon 122 auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr die ersten G95-Sturmgewehre der Bundeswehr. Rund 300 Systeme werden an diesem Tag offiziell übergeben – der Auftakt zu einem wichtigen Modernisierungsvorhaben in den deutschen Streitkräften.
Die Übergabe markiert den Startschuss einer möglichen Vollausstattung mit der neuen Standardbewaffnung G95. Die Bundeswehr setzt mit dem HK416 A8 Sturmgewehr von Heckler & Koch, dem Laser-Licht-Modul (LLM) von Soldier Electronics und dem Specter DR 1–4×‑Visier von ELCAN auf ein robustes und modulares System, das präzise liefern soll, was im modernen Gefecht erforderlich ist – und das unter allen Bedingungen.
Das G95 – die neue Standardwaffe der Bundeswehr
Das G95 wird in zwei Varianten in die Truppe kommen: als G95A1 mit längerem Lauf von 16,5‑Zoll (42 cm) – gedacht für reguläre Infanterieverbände – und als G95KA1 mit kompakterem Lauf von 14,5‑Zoll (36,8 cm), optimiert für Spezialisten oder enge Gefechtsräume. Beide Varianten nutzen das NATO-Kaliber 5,56 × 45 mm.
Eine vorherige Variante mit der Bezeichnung G95K (HK416 A7) wird seit 2021 bereits vom Kommando Spezialkräfte eingesetzt.
Die Waffe ist vollständig modular aufgebaut. Schienen für Optiken, Wärmebildgeräte, Laser-Licht-Module und ähnliches gehören ebenso zum Konzept wie ein robustes System aus Metallkomponenten. Die Bundeswehr erhält damit erstmals ein Sturmgewehr, das konsequent darauf ausgelegt ist, auf dem Gefechtsfeld der Gegenwart flexibel angepasst zu werden.
Zudem sollen alle Gewehre standardmäßig mit einem Schalldämpfer von B&T ausgeliefert werden.
- Kaliber: 5,56 × 45 mm NATO
- System: Gasdrucklader mit Kurzhub-Gaskolben
- Feuerrate: 850 Schuss/Minute
- Magazin: bis zu 30-Schuss
- Abzugskraft: 20 – 35 N
- Geschossgeschwindigkeit: 882 m/s
- Geschossenergie: 1555 J
- Rohrprofil/Drall: 6-fach Zug-/Feldprofil, Rechtsdrall
- Gewicht: 3,73 kg (kurze Version, ohne Magazin)
- Variante: Standard- und Kurzlaufversion verfügbar
- Reichweite: effektive Kampfentfernung 450 m (Unterdrückungsfeuer 600 m)
- Bauweise: robuste Metallkonstruktion, modular aufgebaut
Besonders wichtig – und Auslöser für das Beschaffungsvorhaben – ist die verbesserte Präzision bei Dauerfeuer und widrigen Witterungsbedingungen. Das G95 ist für Einsätze in extremer Kälte ebenso ausgelegt wie für Einsätze bei hohen Temperaturen.
Das G36 – eine Ära endet
Die bisherige Standardwaffe G36 wurde Ende der 1990er-Jahre in der Truppe eingeführt. Die Langwaffe ist aufgrund hoher Kunststoffanteile sehr leicht und zudem einfach zu bedienen – ein bei vielen Soldaten beliebtes Gewehr.
Doch die Anforderungen des modernen Gefechtsfelds veränderten sich schneller als das Waffensystem selbst. Ab 2012 diskutierte die halbe Bundesrepublik über mangelnde Präzision unter Dauerbelastung, das G36 geriet auch politisch unter Druck. Im Jahr 2017 startete das Projekt „System Sturmgewehr Bundeswehr“, um einen geeigneten Nachfolger zu finden.
2021 viel die Entscheidung im Wettbewerb zugunsten des HK416 A8 von Heckler & Koch; 2022 wurden die Mittel freigegeben; Anfang 2023 der Vertrag unterzeichnet. Morgen kommt das neue G95 dann in die Truppe.
G95 vs. G36 – Gegenüberstellung
Ein wesentlicher Unterschied zwischen G36 und G95 liegt im verwendeten Material. Das G36 enthält einen hohen Kunststoffanteil aus und stellte mit 3,6 Kilogramm eine starke Gewichtsreduktion gegenüber seinem Vorgänger G3 dar. Das neue G95 kommt auf ein ähnliches Gewicht – trotz Metallbauweise.
Gegenüber dem G36 erhöht sich beim neuen Standardgewehr die Modularität durch mehr Möglichkeiten zum Aufrüsten sowie die Schussfolge von 750 auf 850 Schuss pro Minute und die effektive Kampfentfernung von 300 auf 450 Meter. Beide Sturmgewehre verfügen über Magazine mit Platz für 30 Patronen.
System für die Zukunft
Das „System Sturmgewehr“ umfasst nicht nur die Waffe selbst, sondern auch einheitliches Zubehör – ein kompletter Werkzeugkasten für den infanteristischen Kampf.
Die Kombination aus Präzision, Robustheit und Modularität sorgt dafür, dass Soldatinnen und Soldaten in unterschiedlichsten Lagen schnell reagieren und ihre Bewaffnung anpassen können. Damit folgt die Bundeswehr einem internationalen Trend: weg vom reinen Gewehr, hin zum integrierten Waffensystem.
Vor Auslieferung: Höhere Stückzahlen geplant
Parallel zur ersten Auslieferung der G95 an das Heer beraten die Abgeordneten im Haushaltsausschuss heute Abend über weitere 25-Millionen-Euro-Vorlagen bezüglich des Systems Sturmgewehr. Zur Abstimmung kommen sollen Erhöhungen der Abrufmengen aus den beiden Anteilen Waffe und Laser-Licht-Modul. Eine Abstimmung bzgl. der Optiken ist nicht vorgesehen.
Der ursprüngliche Rahmenvertrag sieht eine Lieferung von insgesamt 118.718 Sturmgewehr sowie Optiken und Laser-Licht-Modulen in derselben Stückzahl vor. Jetzt wird in Fachkreisen von einer Stückzahl von bis zu 250.000 G95-Systemen und ein Gesamtvolumen von über 800 Mio. Euro diskutiert.
Damit würde eine Vollausstattung der angedachten aktiven Truppe ermöglicht, während andere Stimmen von langfristig 500.000 zu beschaffenden Systemen sprechen, um auch die Reservisten mit dem neuen Standardgewehr der Bundeswehr auszustatten.
Mit der Auslieferung des G95 vollzieht sich ein weiterer Schritt der Modernisierung in der Truppe. Auslöser war ein beim Vorgänger nach Jahren der treuen Nutzung festgestellter Mangel – Präzision auch unter schwierigen Bedingungen. Die Kampftruppe kann nur hoffen, dass sich dieses Schicksal nicht wiederholt.
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