Kriegstauglichkeit bedeutet nicht nur eine genügende Ausrüstung, sondern auch eine praxisnahe Ausbildung und Erprobung von Einsatzmethoden. Für die beiden letzten Punkte ist das Gefechtsübungszentrums (GÜZ) des Heeres die zentrale Instanz der deutschen Landstreitkräfte. Doch dessen unterbrechungsfreier Betrieb scheint in Gefahr, wie aus parlamentarischen Kreisen zu hören ist.
Zum Hintergrund: Seit 2001 wird das GÜZ im Rahmen einer öffentlich-industriellen Zusammenarbeit betrieben. Erfolgreich, sind sich Soldatinnen und Soldaten einig, die mit den Möglichkeiten und Fähigkeiten des Ausbildungszentrums sehr zufrieden sind. So wurden hier erst jüngst die Einsatzmöglichkeiten der Mittleren Kräfte erprobt (wir berichteten). Doch die militärisch-industrielle Zusammenarbeit soll nach aktuellen Plänen 2026 beendet werden, stattdessen soll in Zukunft das GÜZ durch eine Inhouselösung betrieben werden, lauten Information aus parlamentarischen Kreisen.
Nach einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des Verteidigungsministeriums im Sommer 2023 folgten jüngst Beratungen zum aktuellen Sachstand im Verteidigungsausschuss (24. April 2024) sowie im Haushaltsausschuss (5. Juni 2024). In diesen Sitzungen wurde unter anderem ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages beraten, welcher dem Verteidigungsministerium freie Hand beim Weiterbetrieb des GÜZ geben wollte, nachdem den Parlamentariern vorher zu Ohren gekommen war, dass Teile der SPD eine Inhouselösung gegen den Rat des BMVg befürworten, während das Ministerium weiterhin eine industriell-öffentliche Partnerschaft wünsche.
Stimmen aus der Politik zur Causa GÜZ
„Was beim GÜZ passiert, lässt sich nur noch als Ampel-Posse bezeichnen. Wir erleben hier Machtpolitik der schlimmen Sorte“, sagt MdB Ingo Gädechens, Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion für den Verteidigungshaushalt und führt weiter aus: „Die parlamentarische Debatte über dieses Thema wird behindert. Bis heute wurde ein entsprechender Bericht des Verteidigungsministeriums schlicht nicht beraten – obwohl der Bericht seit einem Jahr vorliegt!“
Thomas Hitschler, Parlamentarischer Staatssekretär im BMVg, betonte hingegen am 10. April in einer schriftlichen Antwort der Bundesregierung: „Der Vertrag über Unterstützungsleistungen für Betrieb und Betreuung des Gefechtsübungszentrums des Heeres endet zum 31. Januar 2026. Er enthält eine einmalige Verlängerungsoption bis zum 31. August 2026. Wesentliche Vorbereitungen für die Auswahl und Ausplanung einer Folgelösung zur Sicherstellung des unterbrechungsfreien Übungsbetriebs des Gefechtsübungszentrums des Heeres ab dem 1. September 2026 wurden durch das Bundesministerium der Verteidigung bereits getroffen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat hierzu dem Haushaltsausschuss einen Bericht vorgelegt, der zeitnah behandelt werden soll.“
Doch so eindeutig, wie die Antwort des Staatssekretärs erscheint, ist die Situation offensichtlich nicht, da hier BMVg und Regierungsparteien unterschiedliche Vorstellungen besitzen.
„Verteidigungsminister Pistorius scheitert bei der Entscheidung zum Weiterbetrieb des GÜZ erneut an der eigenen Partei, die offenbar lieber alten Genossen folgt, als die richtigen Weichen zu stellen“, berichtet MdB Florian Hahn, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. „Sachverstand, alle positiven Erfahrungen des bisherigen Betreibermodells und auch der militärische Ratschlag werden bewusst ignoriert. Die Folge sind enorme Risiken, hohe Mehrkosten und sogar die Gefahr einer Unterbrechung des so wichtigen Ausbildungs- und Übungsbetriebes. Das gefährdet den Ausbildungsstand unserer Soldatinnen und Soldaten, die wir für unsere Sicherheit in den Einsatz entsenden.“
Fortgang des Prozesses
Eines ist zudem sicher: Wenn ein unterbrechungsfreier Betrieb des GÜZ stattfinden soll, dann muss – im Falle einer Fortführung der militärisch-industriellen Partnerschaft – bald eine Ausschreibung erfolgen. Diese wäre angesichts der Vielfalt an Leistungen überaus komplex und müsste entsprechende Ressourcen aus dem BAAINBw erhalten.
Auch wenn das Jahr 2026 also aktuell noch weit entfernt erscheint, aus Sicht der Beschaffer ist es bereits morgen. Inklusive notwendiger Befassung einer möglichen 25-Mio-Vorlage durch das Parlament. Eine Nichtbehandlung des GÜZ kann also dementsprechend die Inhouselösung erzwingen, da irgendwann die Zeit für das Finden eines Betreibers abgelaufen ist.
Als nächstes steht die Behandlung eines Antrags der CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages an. In diesem fordert die Opposition: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel auf, 1. umgehend alle Maßnahmen zu ergreifen, um einen unterbrechungsfreien Weiterbetrieb des GefÜbZH nach Auslaufen des derzeitigen Betreibervertrages sicherzustellen; 2. den Wissenstransfer in diesem Zusammenhang zu gewährleisten, so dass möglichst die Expertise und die Arbeitskräfte vor Ort erhalten bleiben; 3. die vom Bundesministerium der Verteidigung identifizierte wirtschaftlichste Option zum Weiterbetrieb des GefÜbZH umzusetzen, in diesem Sinne das jahrelang bewährte Kooperationsmodell fortzusetzen und daher schnellstmöglich die entsprechend notwendigen vergaberechtlichen Schritte einzuleiten; 4. keine weiteren Planstellen aus dem Geschäftsbereich des BMVg für Betrieb und Organisation im GefÜbZ Heer erforderlich zu machen.“
Es ist allerdings damit zu rechnen, dass der Antrag der Opposition allein schon aus traditionellen Gründen abgelehnt wird, eben weil er von der Opposition stammt. Doch sollte das BMVg sich mit seinem Wunsch nach Fortführung des bewährten Modells durchsetzen können, wäre dies allein schon an einer baldigen Ausschreibung ersichtlich. Deren Vorbereitungen noch in diesem Jahr erfolgen müsste.
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