Wechsel in Brunssum – Gerhartz übernimmt NATO-Kommando

Mit einem feierlichen Appell in den Niederlanden hat General Ingo Gerhartz in dieser Woche das NATO Allied Joint Force Command Brunssum (JFCBS, kurz auch JFC Brunssum) übernommen. Er löste den italienischen Heeresgeneral Guglielmo Miglietta ab und verantwortet damit künftig die Einsatzbereitschaft der NATO an ihrer nördlichen und östlichen Flanke – eine Aufgabe, die an enormer Bedeutung gewonnen hat.

Kommandoübergabe im JFC Brunssum (v.l.n.r.): Guglielmo Miglietta, General Christopher G. Cavoli und General Ingo Gerhartz.
Kommandoübergabe im JFC Brunssum (v.l.n.r.): Guglielmo Miglietta, General Christopher G. Cavoli und General Ingo Gerhartz.
Foto: NATO

Vor zahlreichen militärischen und zivilen Autoritäten – darunter der Generalstabschef Italiens, Vertreter des deutschen Verteidigungsministeriums und der Niederlande sowie Delegationen verschiedener Bündnisstaaten – führte der Supreme Allied Commander Europe (SACEUR), US-General Christopher G. Cavoli, die Übergabe des JFC Brunssum an den deutschen Luftwaffengeneral durch. Nach knapp drei Jahren Verantwortung übergab General Guglielmo Miglietta das Kommando an seinen deutschen Nachfolger, General Ingo Gerhartz.

General Miglietta hob in seiner Abschiedsrede die geänderten Anforderungen hervor, insbesondere an der NATO‑Ostflanke. „Wir haben drei Jahre radikaler Veränderungen hinter uns – nicht nur in Bezug auf unsere Aufgaben, sondern auch in Bezug auf deren Verständnis und Umsetzung. JFC Brunssum ist nun in der Lage, multidisziplinäre Operationen zu konzipieren, zu koordinieren und durchzuführen, die alle fünf operativen Domänen umfassen: Land, See, Luft, Weltraum und Cyberspace“, sagte General Miglietta.

US-General Christopher G. Cavoli, Supreme Allied Commander Europe (SACEUR).
US-General Christopher G. Cavoli, Supreme Allied Commander Europe (SACEUR).
Foto: NATO

Die erfolgte Transformation habe die NATO flexibler, reaktionsfähiger und effektiver gemacht, so General Miglietta. Während seiner Amtszeit setzte JFC Brunssum die auf den NATO-Gipfeln in Madrid, Vilnius und Washington getroffenen Entscheidungen um. Darunter die Verabschiedung des neuen Strategischen Konzepts der NATO, die Einführung regionaler Verteidigungspläne und die Verstärkung der Ostflanke.

Auftrag und Bedeutung des JFC Brunssum

Gerhartz, der Anfang des Monats vom Generalleutnant zum Vier‑Sterne‑General befördert wurde, dankte für das Vertrauen. Das nun ihm unterstellte JFC Brunssum ist das Rückgrat kollektiver Verteidigung und Abschreckung in Europas Norden und Osten. Dem Kommando unterstehen im niederländischen Brunssum rund 800 Soldatinnen und Soldaten aus 30 der 32 NATO-Mitgliedsstaaten. Dieses NATO-Kommando könnte jedoch die Führung von bis zu einer Million Soldaten übernehmen, sofern das Bündnis verteidigend aktiv wird.

Der bisherige Kommandeur des JCF Brunssum, Guglielmo Miglietta, bei seiner Abschiedsrede.
Der bisherige Kommandeur des JCF Brunssum, Guglielmo Miglietta, bei seiner Abschiedsrede.
Foto: NATO

Das Allied Joint Force Command Brunssum ist eines von zwei operativen NATO‑Hauptquartieren in Europa – neben dem JFC Naples. Als Teil des Allied Command Operations plant und führt es Operationen im gesamten Verantwortungsbereich des Supreme Allied Commander Europe – von der Enhanced Forward Presence in Estland und Litauen bis zur Luftverteidigung in der Ägäis. Hauptaufgabe ist die ständige Lageanalyse und – falls erforderlich – die schnelle Bereitstellung abgestimmter Land‑, Luft‑ und Seestreitkräfte.

Daneben verantwortet Brunssum die Kooperation mit Partnern im Rahmen von „Partnership for Peace“ sowie die Weiterentwicklung vernetzter Führungs­verfahren zusammen mit Allied Command Transformation. Die enge Verzahnung mit den drei nach Teilstreitkräften unterteilten Kommandos LANDCOM, AIRCOM und MARCOM sorgt dafür, dass Einsätze vom Baltikum bis zum Mittelmeer unter einem Dach in Brunssum koordiniert werden können.

Im Porträt: General Ingo Gerhartz

Der 59-jährige Gerhartz begann seine Laufbahn 1985 als Wehrpflichtiger im Luftwaffenausbildungsregiment 2. Auch damals waren es die Niederlande, denn Standort war die in die Nassau-Dietz-Kaserne im niederländischen Budel. Später qualifizierte sich General Gerhartz an US‑amerikanischen Flugschulen auf Northrop T‑38 und McDonnell F-4F Phantom II. General Gerhartz absolvierte mehr als 50 Einsatzflüge in Afghanistan und war u. a. Kommodore des deutschen Einsatzgeschwaders in Mazar‑e‑Sharif.

Collage: Der ehemalige Inspekteur der Luftwaffe, (da noch) Generalleutnant Ingo Gerhartz, vor Tornados.
Collage: Der ehemalige Inspekteur der Luftwaffe, (da noch) Generalleutnant Ingo Gerhartz, vor Tornados.
Fotos: Bundeswehr

Seine Ernennung zum Inspekteur der Luftwaffe 2018 machte ihn zum zentralen Architekten der Erneuerung der deutschen Luftwaffe. Unter dem damaligen Generalleutnant Gerhartz wurde auch die Einsatzbereitschaft der deutschen Eurofighter-Flotte deutlich erhöht. Modernisierung und multinationales Engagement waren zudem die Schwerpunkte seiner Zeit als Inspekteur.

Für internationale Kooperationen – darunter gemeinsame Übungen mit Israel – erhielt er diverse Auszeichnungen, etwa das französische Offizierskreuz der Ehrenlegion und den spanischen „Grand Cross of Aeronautical Merit“. Mit dem Wechsel nach Brunssum rückt Gerhartz in eine Schlüsselposition der NATO‑Verteidigungs­planung auf. Es wird erwartet, dass er seine Erfahrungen im Bereich vernetzter Luft‑ und Raketen­verteidigung in die Modernisierung der NATO-Kommandostruktur einbringen wird.

JFC Brunssum – Es gibt noch viel zu tun

Die personelle Übergabe markiert keinen Neustart, sondern einen „fliegenden Wechsel“ in der Arbeit von General Miglietta, durch die das Bündnis seine Abschreckung gegenüber Russland stärken konnte. Mit General Gerhartz an der Spitze soll Brunssum die Einsatzfähigkeit der Allianz an der NATO-Ostflanke weiter verbessern.

Symbolische Kommandoübergabe – General Christopher G. Cavoli (l.) übergibt an General Ingo Gerhartz (m.).
Symbolische Kommandoübergabe – General Christopher G. Cavoli (l.) übergibt an General Ingo Gerhartz (m.).
Foto: NATO

Die Erwartungen an den neuen Kommandeur sind hoch: Der Deutsche steht dafür, operative Weitsicht mit strategischer Innovationskraft zu verbinden. Dass er – wie sein italienischer Vorgänger – eine multinationale Karriere vorweisen kann, unterstreicht das Selbstverständnis des JFC Brunssum als „Schmelztiegel“ kollektiver Sicherheit in Europa. In unsicheren Zeiten – sowohl durch Russland als auch jenseits des Atlantiks – ist das genau das Signal, das die Allianz senden will – und muss.

Mit WhatsApp immer auf dem neuesten Stand bleiben!

Abonnieren Sie unseren WhatsApp-Kanal, um die Neuigkeiten direkt auf Ihr Handy zu erhalten. Einfach den QR-Code auf Ihrem Smartphone einscannen oder – sollten Sie hier bereits mit Ihrem Mobile lesen – diesem Link folgen:

Beitrag teilen

Das könnte Sie auch interessieren

Verwendete Schlagwörter

BrunssumIngo GerhartzJFC BrunssumNATONiederlande
Index