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BKA und Feldjäger – Gemeinsame Ausbildung zu Sprengstoffermittlern

Seit September 2018 kooperiert das Bundeskriminalamt (BKA) bei der Sprengstoffermittlung eng mit dem Kommando Feldjäger der Bundeswehr (KdoFJgBw). Handlungsleitend für die Vereinbarung einer gemeinsamen Ausbildungskooperation ist die Tatsache, dass trotz gegeneinander abgegrenzter Zuständigkeiten BKA und Feldjäger zum Teil gleiche oder vergleichbare Kompetenzen für die Wahrnehmung dieser Aufgabe benötigen. Ziel dieser Kooperationsvereinbarung ist es daher, einen synergetischen Beitrag zur Sicherheitsarchitektur Deutschlands zu leisten, indem ein möglichst effektiver Umgang mit vorhandenen personellen, materiellen und finanziellen Ressourcen erfolgt.
(Dieser Beitrag erschien zuerst im cpmFORUM 5/23)
DINGO 2 sowie Täterfahrzeug nach Umsetzung eines gerichteten IED.
DINGO 2 sowie Täterfahrzeug nach Umsetzung eines gerichteten IED.
Foto: KdoFJgBw Abt Gdl/WE Dez Ausb

In Zeiten terroristischer und hybrider Bedrohungen wird einer Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Behörden mit Sicherheitsaufgaben (BOS) ein immer höherer Stellenwert beigemessen (Stichwort „Vernetzte Sicherheit“). Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zwingt Politik und Gesellschaft zu sicherheitspolitischen Überlegungen und Denkweisen, wie es sie zuletzt in Zeiten des Kalten Krieges gab. Dadurch erhöht sich für Deutschland die potenzielle Gefahr einer nicht unerheblichen hybriden Bedrohung, wodurch die gemeinsame Ausbildung von Polizei und Feldjägern zu Sprengstoffermittlern eine größere Bedeutung bekommt, als zum Zeitpunkt der Kooperationsvereinbarung zu vermuten war.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat in seiner Rede vom 27.02.2022 von einer „Zeitenwende“ gesprochen. Durch besagte Kooperationsvereinbarung, welche schon weit vor dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands beschlossen wurde, haben das BKA und die Bundeswehr schon zum damaligen Zeitpunkt einen zukunftsweisenden Weg eingeschlagen.

Ein intensives Themengebiet, welches die Ermittlungsbeamten des BKA schon sehr lange Zeit beschäftigt hat, waren und sind Sprengstoffdelikte von Anschlägen der IRA, der RAF, auch der Bombenanschlag auf den Spielerbus des BVB sowie Briefbombenserien und die in Deutschland sich häufenden Geldautomatensprengungen. Die Ermittlungsbeamten des BKA und der Bundesländer haben dabei eine ähnliche Herangehensweise wie die Feldjäger in den Einsatzgebieten der Bundeswehr: erheben und ermitteln, welcher Sprengstoff ist es und woher dieser kommt, Täterschaften sowie den Modus Operandi der Täter ermitteln und der Gerichtsbarkeit zuführen. Im besten Fall, bevor der Täter seinen Plan in die Realität umsetzen kann.

Untersuchung einer verdächtigten Weste auf Sprengstoff.
Untersuchung einer verdächtigten Weste auf Sprengstoff.
Foto: Bundeswehr/Bienert

So konnten schon von 2005 bis 2011 die Feldjägerkräfte erste Erfahrungen bei dem durch das BKA durchgeführten Training Sprengstoffermittler in Stetten a. k. M. sammeln. Von 2012 bis 2018 folgten weitere Fortbildungen. Die Feldjäger haben mit ihren Erfahrungen in den Einsätzen und im internationalen Krisenmanagement mit den Herausforderungen des Feind- und Zeitdrucks dazu beigetragen, dass eine gewinnbringende Kooperation für alle Beteiligten entstand. So wurde auf dem Internationalen Symposium für Sprengstoffermittlungsbeamte und Entschärfer unkonventioneller Spreng- und Brandvorrichtungen im Jahr 2017 die Idee zur Durchführung künftiger gemeinsamer Trainings geboren.

Es war die Geburtsstunde einer gemeinsamen Ausbildung von BKA, dem Amt für Heeresentwicklung (AHEntwg) und dem KdoFJgBw. Somit konnte das Wissen von Bundeswehr und BKA zusammengeführt und eine gemeinsame Schnittstelle geschaffen werden. Ursprünglich war die Ausbildung zum Sprengstoffermittler ein durch das BKA initiierter Lehrgang. Schon in dieser Phase unterstützte die Bundeswehr durch Bereitstellung von infrastrukturellen und personellen Ressourcen. Zudem waren diese Lehrgänge in Deutschland disloziert.

Doch wie so oft ist es der Mensch hinter solchen Projekten, der die Dinge zum Leben erweckt
und am Leben erhält. Zu diesem Typ Mensch zählt KHK Rainert (Name von der Redaktion geändert). Er ist quasi die Stütze dieser Ausbildungskooperation und Mann der ersten Stunde. Der gebürtige Hesse beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit dem Thema Sprengstoffermittlung. Als ehemaliger SEK/MEK-Beamter wurde er schon früh mit der Brisanz dieses Themengebiets konfrontiert.

Sondergeschützter Toyota Landcruiser nach Umsetzung IED.
Sondergeschützter Toyota Landcruiser nach Umsetzung IED.
Fotos: KdoFJgBw Abt Gdl/WE Dez Ausb

Unterstützt wird KHK Rainert nicht nur personell, sondern auch fachlich durch einsatzerfahrene Erheber und Ermittler des Feldjägerwesens der Bundeswehr. Diese Unterstützung, welche abwechselnd aus den Feldjägerregimentern 1-3 gestellt wird, kommt in Schleswig-Holstein auf dem kleinen und doch einmaligen Truppenübungsplatz Putlos aus der gesamten Bundesrepublik zusammen. Hinzu kommen regelmäßig erfahrene und hoch qualifizierte Instruktoren und Dozenten aus den Bundesländern Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Nicht nur durch das innovative Nachvornebringen von KHK Rainert und den Feldjägern, sondern auch durch das Möglichmachen der Truppenübungsplatzkommandantur Putlos wird hier für BKA, Landeskriminalämter (LKA) und die Erheber und Ermittler der Feldjäger realistische Tatortarbeit ermöglicht.

Diese Schnittstelle sowie ein gemeinsamer Zeichenvorrat waren schon lange Zeit vorhanden. Im Kriminaltechnischen Institut des BKA in Wiesbaden wird im akkreditierten Prüflaboratorium längst mit den gerichtsverwertbaren Arbeitsergebnissen der Feldjäger gearbeitet. Hier werden sichergestellte Komponenten von Improvised Explosive Devices, kurz IED, nach Anschlägen in Einsatzgebieten der Bundeswehr zur Nachverfolgung im Zuge eines Nationalen Vorbehaltes ausgewertet. Eine solche Auswertung wird innerhalb der Bundeswehr in einem dreistufigen Auswertesystem nach Vorfällen mit IED gegliedert. Auf erster Ebene findet die Feldauswertung statt, auf zweiter die Laborauswertung. Beide Level werden noch im Einsatz im Ausland durchgeführt. Die dritte Auswerteebene, die erweiterte Auswertung, findet dann im Inland statt.

Im September 2018 wurde die Kooperationsvereinbarung geschlossen. Auf dieser Grundlage findet seit dem Jahr 2020 auf dem Truppenübungsplatz Putlos ein gemeinsames Training in lehrgangsgebundener Form statt, welches den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Robustheit und hohe Professionalität abverlangt. In der Trainingsdurchführung liegt die Verantwortung als Ausbildungseinrichtung bei der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr. Hier liegt ein ausgelagerter Bereich der Spezialisteninspektion auf dem Gelände der Wagrien-Kaserne.

DINGO 2 nach Umsetzung eines gerichteten IED.
DINGO 2 nach Umsetzung eines gerichteten IED.
Fotos: KdoFJgBw Abt Gdl/WE Dez Ausb

Mit der Zusammenlegung von zwei Trainingsprogrammen zu einem neuen Modul erfolgte ein weiterer Schritt, um die Ausbildung noch moderner und professioneller zu gestalten. Die abschließende Qualifikation „Sprengstoffermittler“ wird erst nach erfolgreicher Teilnahme von beiden Trainingsprogrammen mit einer Gesamtdauer von 35 Ausbildungstagen erworben. Bislang wurden über 40 Feldjäger zum Sprengstoffermittler zertifiziert oder qualifiziert. Einen großen Anteil an der Trainingsplatzbelegung haben Ermittlungsbeamte des BKA und der 16 LKA.

Von dem hohen Wissensstand der Ausbilder sowie der hohen Professionalität der Ausbildung konnten sich die Führungsebenen von BKA und Bundeswehr 2020 und 2022 selbst überzeugen. Auf dem zuletzt durchgeführten Gästetag wurde die Kooperationsvereinbarung noch einmal verstärkt hervorgehoben und dessen hoher Stellenwert und Nutzen für beide Institutionen bestätigt.

Mit der Kooperationsvereinbarung und den daraus resultierenden gemeinsamen Lehrgängen konnten auch auf der Arbeitsebene Verbindungen geknüpft werden. Aus solchen Verbindungen entstanden bereits verschiedene Gespräche und Arbeitsgruppen, die sich mit verschiedenen Themen beschäftigten. Beispielsweise wurden im Jahr 2022 Fragestellungen zu Waffenrecht und -technik gemeinsam erörtert.

Zusammenarbeit und Möglichmachen sind die Stichwörter für eine weitere erfolgreiche Kooperation von Polizei und Bundeswehr in der Zukunft, die absehbar noch viele andere Schnittstellen offenbaren wird, die ein gemeinsames Vorgehen erfordern werden.

Autorenteam Kommando Feldjäger der Bundeswehr

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