Division 2025 – Wie die 10. Panzerdivision die Zeitenwende umsetzt

Die Zeitenwende ist in der Bundeswehr greifbar geworden: Generalmajor Ruprecht von Butler – bis September 2024 Kommandeur der 10. Panzerdivision – spricht im Interview mit dem cpmFORUM über die Herausforderungen und Fortschritte auf dem Weg zur Division 2025. Mit binationaler Struktur, neuer Digitalisierung und gesteigerter Einsatzbereitschaft arbeitet die Division daran, den hohen Anforderungen der NATO gerecht zu werden. Von Strukturmaßnahmen bis hin zu internationalen Übungen wie „QUADRIGA 24“ – ein spannender Einblick in die Modernisierung der Streitkräfte. Das Interview führte Rainer Krug.

Division 2025: Generalmajor Ruprecht von Butler bei der Übung Schneller Degen.
Generalmajor Ruprecht von Butler bei der Übung Schneller Degen.
Foto: Bundeswehr / Oberstleutnant Karsten Dyba
Herr General, Ihr Verband ist als Leitverband für die sogenannte „Division 2025“ festgelegt worden. Was bedeutet das für die Abläufe innerhalb der Division, welche Veränderungen hat es in diesem Zusammenhang gegeben?

Mit dem Auftrag Division 2025 ist die Zeitenwende für uns unmittelbar greifbar und auch sichtbar geworden. Die 10. Panzerdivision stellt dem NATO-Bündnis bis 2025 eine definierte Kampftruppendivision in einer zumindest vorläufigen Einsatzbereitschaft zur Verfügung. Insgesamt gehören zur Struktur Division 2025 zwei schwere, gepanzerte Brigaden – die Panzerbrigade 12 und die Panzergrenadierbrigade 37 – sowie die 13. niederländische Brigade als mittlere, radgepanzerte Brigade.

Die Division 2025 ist somit schon in ihrer Grundgliederung binational. Die Zusammenarbeit mit den niederländischen Streitkräften wird sich noch weiter intensivieren, ab diesem Jahr etwa steht neben dem Divisionskommandeur ein niederländischer General als Stellvertreter. Zudem ist auch die Deutsch-Französische Brigade Teil der 10. Panzerdivision und kann in einem Einsatzfall verstärken.

Ich spreche zudem ganz gerne von der „Division 25-Familie“, da wir für den Einsatz zum Beispiel durch zusätzliche Logistik, Kräfte der Sanität und des Cyber- und Informationsraums weiter verstärkt werden. Insgesamt sind das dann circa 30.000 Soldatinnen und Soldaten.

Neben dem Personal, das priorisiert auf die Dienstposten für die Division 2025 geplant wird, wird die Division auch materiell voll ausgestattet, um einsatzbereit und kriegstüchtig zur Verfügung zu stehen. Da Neubeschaffung und Produktion etwas länger dauern, ist das im wesentlichen Material, welches die Bundeswehr bereits hat, auch wenn das leider zu Lasten unserer Nachbardivisionen gehen muss.

Inzwischen stehen Sie kurz vor der Ziellinie der Assignierung Ihrer Division an die NATO. Welche NATO-Forderungen gingen mit der Aufstellung der Division einher und mit welchen Einzelmaßnahmen konnten Sie diese abdecken?

Mit der Refokussierung der Bundeswehr auf Landes- und Bündnisverteidigung sollen der NATO in den kommenden Jahren bestimmte Fähigkeiten und einsatzbereite Truppenkontingente verfügbar gemacht werden. Die Division muss gemäß den Anforderungen des NATO New Force Model im Kern über Kampftruppenbrigaden sowie zusätzlich über Divisionstruppen als robuste Aufklärungs-, Kampf-, Einsatz- und Führungsunterstützung in jeweils mindestens Bataillonsstärke verfügen, um als einsatzbereit und kriegstüchtig zu gelten.

Generalmajor Ruprecht von Butler bei einer Geländebegehung im Rahmen der Quadriga 2024.
Generalmajor Ruprecht von Butler bei einer Geländebegehung im Rahmen der Quadriga 2024.
Foto: Bundeswehr / Oberstleutnant Karsten Dyba

Dazu kommen weitere Fähigkeiten der Landstreitkräfte wie Logistik, ABC-Abwehr, Feldjäger, Zivil-Militärische Zusammenarbeit, Operative Kommunikation oder sanitätsdienstliche Unterstützung. Damit hat sich nicht nur der Auftrag geändert, sondern auch das Ausstattungssoll. Bis 2022 war die 10. Panzerdivision ein reiner Truppensteller, beispielsweise für Auslandseinsätze bei EFP in Litauen oder in Mali.

Das Ziel für die Division 2025 ist … ohne zusätzliche umfangreiche Personal- und Material- verschiebungen, kaltstartfähig einsatzbereit zu sein.

Niemand ist davon ausgegangen, dass wir im Rahmen der Auslandseinsätze oder für die Gestellung der NATO Response Force mehr als 6.000 Soldatinnen und Soldaten, also den Personalansatz einer verstärkten Brigade, brauchen würden. Entsprechend resultieren aus der Neuausrichtung der Bundeswehr auch neue qualitative und quantitative Anforderungen für Personal und Material.

Das betrifft zum Beispiel auch das Leistungsspektrum und die Größenordnung einer Division. Das Ziel für die Division 2025 ist, künftig aus einer Grundaufstellung heraus, also ohne zusätzliche umfangreiche Personal- und Materialverschiebungen, kaltstartfähig einsatzbereit zu sein. Für die 10. Panzerdivision als Division 2025 sind die ersten strukturellen Maßnahmen seit April 2023 sichtbar.

Die niederländische 13. Lichte Brigade wurde unterstellt, die Brigade- und Divisionstruppen werden umgegliedert, der Divisionsstab wird strukturell angepasst und stabsinterne Prozesse, wie Standard Operating Procedures, werden sukzessive im Sinne der Erhöhung der Interoperabilität und Einsatzbereitschaft überarbeitet.

Schützenpanzer PUMA des Panzergrenadierbataillons 112 (Regen) im Gefecht auf dem Truppenübungsplatz Pabradė: Das High-Tech-Waffensystem sichert der 10. Panzerdivision die Überlegenheit auf einem modernen Gefechtsfeld. Foto: Bundeswehr / Oberstleutnant Karsten Dyba
Schützenpanzer PUMA des Panzergrenadierbataillons 112 (Regen) im Gefecht auf dem Truppenübungsplatz Pabradė: Das High-Tech-Waffensystem sichert der 10. Panzerdivision die Überlegenheit auf einem modernen Gefechtsfeld.
Foto: Bundeswehr / Oberstleutnant Karsten Dyba

Gleichzeitig unterstützen Gefechtsstandausbildungen und Übungen auch im internationalen Bereich, wie zuletzt im Rahmen der Übungsserie „QUADRIGA 24“ in Litauen, diesen Prozess. Diese tragen maßgeblich zur fortschreitenden Optimierung des Zusammenspiels aller Fähigkeiten der Division, ihrer Brigaden und der Divisionstruppen mit den externen Unterstützungskräften bei.

Im Rückblick: Hat aus Ihrer Sicht der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine zu Veränderungen in den Planungen zu dieser Division geführt?

Bereits im März 2022 entschied der damalige Generalinspekteur, dass die Division zwei Jahre früher als bisher geplant, also 2025 statt 2027, aufgestellt sein muss. Bei der personellen und materiellen Aufstellung der Division 2025 sind wir schon sehr weit fortgeschritten. Wir haben zwar noch keine 100 Prozent Einsatzbereitschaft erreicht, sind aber mit dem Material und Personal, was wir haben, bereits heute einsatzbereit,

schlagkräftig, kriegstüchtig. Dabei ist unsere wichtigste Ressource gut ausgebildetes und einsatzwilliges Personal. Alles gute Material hat keinen Nutzen, wenn wir kein gutes Personal dafür haben, und unser Personal ist einfach Klasse! Und natürlich analysieren wir das Kriegsbild in der Ukraine sehr genau. Viele uns bekannte taktische Grundsätze erkennen wir unverändert wieder, es kommen aber auch viele neue hinzu. So ist das Gefechtsbild, zum Beispiel durch den Einsatz von Drohnen neuartig.

Zudem lässt sich über die vergangenen zwei Jahre eine überraschend schnelle ukrainische, aber auch russische Innovations- und Adaptionsfähigkeit beobachten. Also gilt es nun, unsere Soldatinnen und Soldaten gezielt auch anhand dieser Erkenntnisse auszubilden. Es werden unsere taktischen Verfahren und unsere Möglichkeiten auf die Bedrohungen, die wir in der Ukraine sehen, zu reagieren, überprüft. Auch werden beispielweise geeignete Systeme zur Drohnenbekämpfung getestet, selbst aber auch Drohnen vermehrt genutzt.

Mit Blick in die Karte und ins Gelände – Generalmajor Ruprecht von Butler, Kommandeur der 10. Panzerdivision, bei einer Geländeerkundung im Süden von Vilnius. Foto: Bundeswehr / Oberstleutnant Karsten Dyba
Mit Blick in die Karte und ins Gelände – Generalmajor Ruprecht von Butler, Kommandeur der 10. Panzerdivision, bei einer Geländeerkundung im Süden von Vilnius.
Foto: Bundeswehr / Oberstleutnant Karsten Dyba
Im Zuge der Aufgabenverlagerung der Bundeswehrstruktur 2012 wurden die Divisionstruppen fast gänzlich aufgelöst. Können Sie uns einen Eindruck davon geben, welche Bedeutung und Rolle diese Truppenteile in der Landes- und Bündnisverteidigung haben werden? Wie steht es konkret mit dem Wiederaufbau der hier benötigten Fähigkeiten?

Die Divisionen haben aufgrund der damaligen Ausrichtung als Truppensteller große Teile ihrer Divisionstruppen verloren, durch deren Fähigkeiten das Gefecht der verbundenen Waffen auf Divisionsebene selbstständig geführt werden konnte. Eine Division muss im Gegensatz zu einer Brigade auch in der Lage sein, Operationen in der Tiefe des gegnerischen Raumes, unmittelbar an der Front und im eigenen rückwärtigen Raum zu führen. Die Brigade fokussiert sich auf das unmittelbare Gefecht.

Die Division hat jetzt ein Aufklärungs- und ein Versorgungsbataillon, ein Pionierbataillon sowie ein weitreichendes Artillerie- und ein Fernmeldebataillon.

Seit letztem Jahr durchlaufen wir den durch den Inspekteur des Heeres vorgegebenen Weg der Umstrukturierung. Daher verfügt die 10. Panzerdivision als Division 2025 künftig wieder über Divisionstruppen, um ihre Brigaden mit bestimmten Fähigkeiten verstärken zu können oder um überhaupt einen Schwerpunkt zu bilden. Und da sind wir seit diesem Jahr wieder voll aufgestellt.

Die Division hat jetzt ein Aufklärungs- und ein Versorgungsbataillon, ein Pionierbataillon sowie ein weitreichendes Artillerie- und ein Fernmeldebataillon. Mit diesen Divisionstruppen sind wir in der Lage, Feind aufzuklären, logistisch zu unterstützen und das Feuer in der Tiefe zu führen. Unterstellte Truppenteile können über die Führungsunterstützung angebunden und geführt werden, auch multinationale Partner. Und wir brauchen natürlich weitreichende Artilleriesysteme oder Systeme des indirekten Feuers. Für eine zielgerichtete Auftragserfüllung im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung sind die Divisionstruppen für mich als Divisionskommandeur ganz klar unverzichtbar.

Dabei mussten unsere Divisionstruppen nicht erst völlig neu aufgestellt werden. Die Fähigkeiten im Bereich Aufklärung, Versorgung und Pioniere wurden von anderen Divisionen des Heeres unterstellt, so dass die 10. Panzerdivision personell und materiell bereits aufgestellte Bataillone erhalten hat. Und das Artillerie- und Fernmeldebataillon gehörten schon vorher zur Division. Wiederaufgebaut wird aber beispielweise die Fähigkeit zur Flugabwehr. Hier hat die Division heute noch eine Fähigkeitslücke, die mit der angeschobenen Beschaffung absehbar geschlossen wird.

Die Frage der Digitalisierung der Verbände hatte in der Vergangenheit stets einen besonderen Schwerpunkt. Wo stehen wir im Bereich der Digitalisierung bei der Division 2025? In welcher Form werden die Erfahrungen aus den beiden VJTF-Brigaden nutzbar sein?

Digitalisierung ist und bleibt ein wichtiges Thema in den Streitkräften, insbesondere auch im Zusammenwirken mit internationalen Partnern. Und da arbeiten wir mit Nachdruck dran. Denn, selbst wenn nicht alle Nationen mit denselben Systemen oder Softwareversionen ausgestattet sind, darf das kein Showstopper für eine erfolgreiche Datenübermittlung und Kommunikation sein. Die Panzergrenadierbrigade 37 hat in den letzten beiden Jahren als NRF-Landbrigade und als VJTF-Brigade, wichtige technische Fortschritte in der Arbeit mit dem Battle Management System erproben und auch implementieren können.

Das NATO-Hauptführungssystem SitaWare wurde auf Gefechtsstand- und Fahrzeugebene eingeführt und bringt deutliche Vorteile: schnelle Aufklärungsergebnisse bis runter zum einzelnen Schützen, ein klares Lagebild und die Kommunikationstechnik, um führungswichtige Entscheidungen schnell weiterzugeben. Und das muss dann zukünftig zwischen einem deutschen und einem norwegischen oder niederländischen Gefechtsfahrzeug funktionieren.

Trotz guter Fortschritte haben wir da noch nicht die digitale Führungsfähigkeit, die ich mir wünsche. Sicherlich arbeiten auch noch nicht alle Funktionalitäten unseres Battle Management Systems reibungslos. Ich sehe hier im Moment noch die Hauptherausforderung bei unseren alten, analogen Funkgeräten – die SEM 80/90-Generation, die absehbar durch eine moderne Funkgeräte-Generation ersetzt werden wird und auch muss.

Ein Zug des Artilleriebataillons 131 (Weiden) mit der PANZERHAUBITZE 2000 im scharfen Schuss in Pabradė: Die Brigaden der 10. Panzerdivision sollen künftig über Rohrartillerie verfügen, während weitreichende Artilleriesysteme – wie der Raketenwerfer MARS – künftig auf Divisionsebene in den Divisionstruppen vorgehalten werden. Foto: Bundeswehr / Oberstabsgefreiter Zachery White
Ein Zug des Artilleriebataillons 131 (Weiden) mit der PANZERHAUBITZE 2000 im scharfen Schuss in Pabradė: Die Brigaden der 10. Panzerdivision sollen künftig über Rohrartillerie verfügen, während weitreichende Artilleriesysteme – wie der Raketenwerfer MARS – künftig auf Divisionsebene in den Divisionstruppen vorgehalten werden.
Foto: Bundeswehr / Oberstabsgefreiter Zachery White

Im Gegensatz zu der Point-to-Point-Verbindung heute können die so ein eigenes Netz aufspannen. Aber insgesamt sind wir bei der Integration unserer Gefechtsfahrzeuge und Gefechtsstände in das Battle Management System, auch aufgrund der Erfahrungen der NRF/ VJTF, schon heute einen guten Schritt vorangekommen.

Eine letzte Frage zur Ausbildung: Im Gefechtsübungszentrum sind Übungen bis auf Brigadeebene möglich. Welche Überlegungen gibt es für die Durchführung von Übungen im Divisionsrahmen in der Zukunft?

Ausbildung und Übung ist neben Personal sowie Material eine der drei wichtigen Säulen für eine funktionierende Truppe. Wenn die Soldatinnen und Soldaten an ihrem Material nicht ausgebildet und geübt sind, dann sind sie nicht einsatzbereit. Große Übungen mit parallel allen 30.000 Soldatinnen und Soldaten sehe ich eher nicht. Sehr viel kann mit der Nutzung moderner Simulations- und Duellsysteme erreicht werden. Daneben kommt es immer wieder darauf an, Teilbereiche der Division auch praktisch zu beüben, um unsere Verfahren zu testen und das System auch zu belasten.

Ausbildung und Übung ist neben Personal sowie Material eine der drei wichtigen Säulen für eine funktionierende Truppe.

Als Division 2025 haben wir das jetzt erstmals wieder im Rahmen der Übung „QUADRIGA 24“ im Mai gemacht – strategisch per Bahn, Schiff, Straße und Flugzeug nach Litauen verlegt und auf dem Truppenübungsplatz Pabradė mit insgesamt 3.500 Soldatinnen und Soldaten die Verteidigung der NATO-Ostflanke geübt.

Das hat alles wirklich sehr gut funktioniert, aber für insgesamt rund 30.000 Soldatinnen und Soldaten, die die Division 2025 ja umfasst, wären die Übungsplätze in Litauen überhaupt nicht ausgelegt gewesen. Das sind Größenordnungen, an die wir uns auch erstmal wieder anpassen müssen. Um uns als Division und insbesondere auch den Divisionsstab weiter zu beüben, nimmt die 10. Panzerdivision in 2025 und 2026 erstmals an der US-Übungsserie Warfighter teil.

Unter Federführung eines US-Korps wird der Stab mit all seinen Prozessen und Standard Operating Procedures beübt. Auch der Divisionskommandeur übt in seiner Funktion. Das ist durchaus eine Neuerung, bei Brigadeübungen war ich meist der Gesamtübungsleitende und gehöre nicht ausschließlich zur Übungstruppe. Also sind wir auch in diesem Feld, gerade mit Blick auf die Division 2025, auf einem guten Weg.

Herr General, wir bedanken uns für das Gespräch.
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