Eastern Shield – Schutz der NATO-Grenze vor Russland

Grenzschutz hat viele Facetten. Während in den vergangenen Jahren das Thema illegale Migration im Fokus stand, rückt jetzt der militärische Grenzschutz vor einem Angreifer Russland in den Vordergrund. Polen, das über eine rund 400 km lange gemeinsame Grenze mit Weißrussland verfügt, beginnt aktuell im Rahmen des Programms „Eastern Shield“ seine Grenze vor einem Angriff der russischen Streitkräfte zu sichern.

Mit dem Programm „Eastern Shield“ sichert Polen seine Grenze nun auch verstärkt gegen militärische Angriffe.
Mit dem Programm „Eastern Shield“ sichert Polen seine Grenze nun auch verstärkt gegen militärische Angriffe.
Foto: Polnisches Verteidigungsministerium

Im Zuge der hybriden Kriegführung hatten Russland bzw. dessen Vasall Weißrussland immer wieder auch das Zulassen größerer Flüchtlingsströme Richtung EU als ein Mittel eingesetzt, um ihre Macht gegenüber Europa zu demonstrieren. Dementsprechend gut musste sich Polen bereits rüsten – allerdings gegen Flüchtlinge. Die Grenzschutztruppen besitzen polizeilichen Charakter. Der freigeschnittene Grenzbereich wurde zum Erfassen von Flüchtlingen oder Schmugglern angelegt. Alle Sensoren sowie der Aufbau der Anlagen sind auf das Verhindern von Kriminalität, nicht den Einmarsch feindlicher Bodentruppen ausgelegt.

Auch der Zaun, den Polen an der Grenze baute, ist dementsprechend ausgestattet. Stabil zwar, normale Drahtscheren oder ähnliche Werkzeuge können wenig ausrichten, aber kein Hindernis für einen Kampfpanzer.

Das große Manko sind allerdings die Sensoren. Zur Verhinderung von Kriminalität muss das Delikt schon im Entstehen sein. Zur Verhinderung eines Einmarsches gegnerischer Truppen sollten die Sensoren deutlich weitreichender sein und mehr aufklären können, als einfache Kamerasysteme am Grenzzaun.

Sensorsysteme für den Eastern Shield

Bei den Sensoren für den polnischen Grenzschutz „Eastern Shield“ kann sich das deutsche Unternehmen Rohde & Schwarz durchaus berechtigte Hoffnung machen. Schließlich punktete Rohde & Schwarz bereits bei dem Aufbau und der Integration moderner Sensoren bei der polnischen Marine. Inklusive einer leistungsstarken Analysefähigkeit wurden selbst ehemalige Sowjetschiffe auf ein modernes Niveau gebracht. Überaus performant, zuverlässig und robust sei die Technologie aus Deutschland, lautet seitdem das Loblied der polnischen Streitkräfte.

Als eine schnelle und einfach aufbaubare Lösung hätte Rohde & Schwarz für das Eastern Shield beispielsweise sein neues „Border and Coastal Surveillance System“ im Angebot. Dieses besteht aus einer RCESM-Antenne (Radar and Comms Electronic Support Measures) R&S ACD002, die auch durch das Navale ESM System KORA40 genutzt wird. Diese Antenne ist an einen Standardcontainer integriert, in dem dann die Daten analysiert und die Ergebnisse weitergeleitet werden. Auch Arbeitsplätze sind in dem Container vorhanden, obwohl sich die Station remote betreiben lässt und im Ernstfall auch unbemannt betrieben werden sollte, da solche Sensorsysteme zu den ersten Zielen angreifender Truppen zählen.

Das „Border and Coastal Surveillance System“ von Rohde & Schwarz.
Das „Border and Coastal Surveillance System“ von Rohde & Schwarz.
Foto: Rohde & Schwarz

Die Antenne lässt sich auf etwa neun Meter ausfahren, womit eine Reichweite von 300 bis 400 km (Luft) im Spektrum 1 MHz bis 40 GHz erzielt werden kann. Die Reichweite zum Erkennen von Bodenelementen hängt zu stark von den Umgebungsbedingungen wie dem Gelände und dem Radarhorizont bedingt durch die Höhe des Standorts der Antenne ab, um hier Zahlen zu nennen. Eine Verlängerung des Antennenmasts bietet sich dabei nicht an, da mit jedem Meter Kabel die Dämpfung hoch und die Empfindlichkeit runter geht, weshalb es immer besser ist, den Container hochzusetzen statt die Antenne zu verlängern.

Diese Containerlösungen ließen sich einfach in das Eastern Shield integrieren, die einzelnen Module dabei sogar als Command Center oder Kommunikationsknoten dienen, um ein weitreichendes Sensornetz aufzubauen.

Das Problem mit Minensperren

Dem Erkennen der Angreifer müssen natürlich Maßnahmen zu deren Stopp oder zumindest dem Hemmen von deren Fortbewegung folgen. Hier waren in jüngster Vergangenheit immer wieder auch Minensperren in der öffentlichen Diskussion, nachdem Polen – gemeinsam mit den baltischen Ländern und mittlerweile auch Finnland – den Ausstieg aus der Ottawa-Konvention zum Verbot von Antipersonenminen angekündigt hatte.

Wie CPM Defence Network allerdings von einem polnischen Verteidigungsexperten erfahren konnte, ist ein Einsatz dieser Minen im Eastern Shield an der polnischen Grenze nicht geplant.

Das grenznahe Gebiet ist durchaus besiedelt, viele polnische Dörfer liegen sehr nah an der Grenze. Auch dürfen die illegalen Migranten nicht vergessen werden, die man zwar aufhalten, nicht aber töten will. „Deshalb bräuchte man eigentlich für jede Mine eine eigene Kamera, die auf die Mine aufpasst“, so der polnische Experte. Im Krieg hätten an einer militärischen Front Minensperren zwar ihren Daseinszweck, aber nicht im vorhergehenden Frieden an einer Grenze.

Anders sieht es hingegen mit steinernen Panzersperren im Eastern Shield aus, die ließen sich auch flächendeckend verteilen, ohne dass eine Gefahr für die Bevölkerung ausgehe. Und als drittes ist auch der natürliche Schutzwall nicht zu vergessen, da es sich bei einigen der grenznahen polnischen Wälder tatsächlich um Urwälder handelt mit Jahrhunderte alten, sehr stabilen Bäumen.

Polen wird dementsprechend eine Mischung aus Hemmmaßnahmen bereithalten, um für die jeweilige Lage die beste Lösung zu finden. Der aktuelle Grenzzaun, so stabil er auch sein mag, wird zumindest nicht genügen. Und so investiert Polen erneut Milliarden in die Sicherung seiner Grenze. Doch das Eastern Shield muss schnell aufgebaut sein, wird es doch die erste Verteidigungslinie, die Augen und Ohren der NATO. Das Frühwarnsystem, das dann alle Verbündeten zu den Waffen ruft. Zum Schutz der Freiheit und Menschenrechte.

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