NutzungLogistik

Fähigkeiten der Domäne Unterstützung

Die Fähigkeiten der Domäne Unterstützung im Heer sind maßgeblich durch die Mobilität und das logistische System geprägt. Hier gilt es – nach Jahren fehlender finanzieller Möglichkeiten – die unterschiedlichsten Defizite abzubauen. Von der Neubeschaffung und Stückzahlerhöhung der Feldküchen zur Verpflegungsbereitstellung bis zu der Verfügbarkeit geeigneter Fahrzeuge zum Mobilmachen von Containern reicht die Palette der Ausrüstungsnotwendigkeiten in der Domäne Unterstützung. Begleitende Fragestellung ist die grundsätzliche Ausgestaltung der Landmobilität. Wir wünschen gute Unterhaltung bei der Lektüre.

Afghanische Händler verladen ihre ersteigerten Waren im Camp Marmal in Mazar-e Sharif/Afghanistan im Rahmen der Rückverlegung nach Deutschland nach der Mission Resolute Support.
Foto: Bundeswehr/André Klimke

Sachstand und Forderungen zur Fähigkeitssteigerung der Logistik des Heeres

Die Aufgaben von heute zu erfüllen und sich gleichzeitig schon mit den Herausforderungen der Zukunft zu befassen, ist Aufgabe aller Streitkräfte weltweit. Plakativ machen dies beispielsweise moderne Waffensysteme und Digitalisierung deutlich. Hier treten neue Bedrohungen auf: aus dem Cyberraum oder durch die rasanten technologischen Fortschritte marktverfügbarer, kostengünstiger Drohnen. Auch die symmetrische Bedrohung, also das Austragen von konventionell geführten Konflikten gegen einen gleichwertigen Gegner, ist wieder wahrscheinlicher geworden; die aktuellsten Ereignisse in der Ukraine lassen daran keinen Zweifel. Gleichzeitig werden auch weiterhin Stabilisierungsoperationen zum Aufgabenportfolio einer modernen Bundeswehr gehören. Daraus folgt, dass es auch zukünftig vielfältige mögliche und miteinander verknüpfte Einsatzszenarien, von humanitärer Hilfe bis zum hochintensiven Gefecht, geben wird, die allesamt auch das Heer fordern und herausfordern. Erschwerend ist schon heute erkennbar, dass all diesen Szenarien eine schwer greifbare, hybride Komponente flankierend beiwohnt, die es mehr denn je von Anfang an zu berücksichtigen gilt. Auch Reaktions- und Vorbereitungszeiten werden wieder kürzer. Eine Konstante jedoch bleibt: auch zukünftig wird die Entscheidung im „Operationsraum Land“ herbeigeführt werden.

Daraus folgt im Wesentlichen: das Heer muss kaltstartfähig, einsatz- und kriegstauglich aufgestellt sein!

Folgerichtig ist das kurz- bis mittelfristige Ziel der Planung die Vollausstattung mindestens einer zukunftsfähigen, durchsetzungs- und durchhaltefähigen sowie multinational interoperablen Division. Im Planungsprozess sind die dafür notwendigen Entwicklungsschritte eingebracht worden. In einem komplexen Wechselspiel muss das militärisch Notwendige und Geforderte nun mit dem technisch Machbaren und Finanzierbaren harmonisiert werden. Der finanzielle Rahmen für diese Aufgabe hat sich seit den Ereignissen in der Ukraine zum Positiven entwickelt.

Die Domäne Unterstützung im Heer ist maßgeblich durch die notwendigen Fähigkeiten von Mobilität und das logistische System geprägt. Bezüglich dieser vielfältigen Fähigkeiten gilt es bekanntermaßen verschiedenste Defizite abzubauen. So ist die quantitative Aufstockung der Feldküchen zur Verpflegung im Rahmen der Bündnisverteidigung als vergleichsweise einfaches Thema sicherlich sofort klar, denn es gilt der alte Grundsatz: „Ohne Mampf, kein Kampf!“. Im Vergleich dazu ist die „Containerisierung“ bestehender Führungs- und Funktionsfähigkeiten mit der hierfür notwendigen Energieversorgung wesentlich komplexer. Eine weitere Herausforderung ist die Verfügbarkeit von geeigneten Fahrzeugen im Bereich der Landmobilität. Diese werden im Folgenden explizit beleuchtet und eingeordnet.

Übersicht über die vier Gestaltungsfelder des Konzepts „Landmobilität der Bundeswehr“.
Grafik: Bundeswehr/Daniel Gerlach

Das Konzept Landmobilität der Bundeswehr aus dem Jahr 2019 (KonzLaMobBw) ist Grundlage für die Ausgestaltung der Landmobilität. Es beschreibt Forderungen an die Mobilitätsträger in seinen vier Gestaltungsfeldern. Die Gestaltungsfelder „Kraftstoffresilienz“, „Trennung von Mobilität und Funktionalität“, „Schutz“ sowie „Automatisierung und unbemanntes Fahren“ beschreiben und gliedern dabei die maßgeblichen Forderungen umfassend.

Ein sehr plastisches und auch aus der Zivilwirtschaft grundsätzlich bekanntes Thema ist die Trennung von Mobilität und Funktionalität. Dieses Gestaltungsfeld gilt es natürlich den militärischen Bedürfnissen anzupassen, jedoch wird man viele Gedankenansätze finden, die sich auch anderswo bei Betreibern großer Fuhrparks von Lastkraftwagen (LKW) grundsätzlich wiederspiegeln werden. In der Bundeswehr sind schon seit dem Jahr 2017 Durchführungsbestimmungen zum Leitfaden „Standardisierte Befestigung von Ladung auf LKW der Bundeswehr“ erstellt. So wurde vorgegeben, dass zukünftige LKW der Bundeswehr grundsätzlich über einen standardisierten Containertragrahmen verfügen, der über Twistlock-Verriegelungen verfügt. Damit wird eine möglichst große Standardisierung sichergestellt, die sich an wenigen unterschiedlichen Nutzlast- bzw. Zuladungsklassen ausrichtet und ein hohes Maß an Flexibilität bietet, wenn es darum geht, verschiedenste Funktionalitäten mit einer Mobilität zu koppeln.

Um einen recht kurzen und auch nur ausschnittsweisen Überblick insbesondere der Fahrzeuge der Domäne Unterstützung geben zu können, werden diese in einer vereinfachten Zusammenfassung beschrieben. Diese Vereinfachung wird auch Gedanken zur Trennung von Mobilität und Funktionalität wiedergegeben können, was ein bestimmendes Element in der Domäne Unterstützung darstellt.

Auf dem Flughafen in Bamako wird Sanitätsmaterial aus einer Antonov entladen.
Foto: Bundeswehr/Falk Bärwald

LKW der Zuladungsklasse (ZLK) 0,5t bis 1t

Aktuell sind Fahrzeuge der WOLF-Familie und sogenannte dienstleistungsfähige Fahrzeuge der BundeswehrFuhrpark- Service GmbH (BwFPS) die Fähigkeitsträger dieser Fahrzeugklasse. Das Projekt „LKW mil gl leicht“, soll als ungeschütztes Führungsfahrzeug realisiert werden, befindet sich gemäß dem Rüstungsprozess Customer Product Management (CPM) in der Analysephase Teil 2 und wird die WOLF-Flotte regenerieren. Bei diesen Fahrzeugen kommt es unter anderem für das Heer auf eine hohe Geländegängigkeit und Integrationsmöglichkeit von Führungsmitteln an.

Bis zum Zulauf des Nachfolgers sind, durch die weitere Nutzung dieses bewährten Fahrzeugs und Bereitstellung von Fahrzeugen in der gleichen Fahrzeugklasse durch die BwFPS, die Fähigkeiten in diesem Segment im Heer aufrechtzuerhalten. Im System BwFPS werden dazu derzeit unterschiedliche Fahrzeuge bereitgestellt, wie beispielsweise der „Pathfinder“ oder der „Greenliner“.

LKW ZLK 1t bis 15t

Im Segment „LKW 1t bis 3t“ sind viele Funktionsträger auf überalterten „LKW 2t mil gl“ verlastet, welche in den nächsten Jahren ihr Nutzungsdauerende erreichen. Deswegen wurde eine Initiative zur Regeneration der alten Fahrzeuge erstellt. Ziel ist es, die jeweilige Funktion entweder auf einen neuen Containertragrahmen per Twistlock oder eine verwindungsfreie Adapterplattform zu überführen.

Die gerade eingeführte Fahrzeugfamilie Ungeschützte Transportfahrzeuge „UTF mil ZLK 5t/15t“ regeneriert in Verbindung mit dem „LKW UTF/GTF 15t mil gl WLS“ (Wechselladersystem) u.a. die überalterten, wohlbekannten „Kategorie I Fahrzeuge“. Neue Fahrzeuge der UTF-Familie befinden sich zurzeit in Munster bei der Einheit Test und Versuch des Deutschen Heeres zur Integration von Führungsmitteln, um auch diese Forderungen sicherzustellen.

Alle Fahrzeuge verfügen über Tragrahmen von 10ft, 15ft oder 20ft und dienen dem Transport diverser Funktionscontainer, Wechselpritschen, Kabinen sowie anderem Material im gesamten Einsatzspektrum des Heeres. Identische Transportfähigkeiten besitzen die gerade eingeführten Anhänger 12,5t. Als sehr positiv für das Deutsche Heer könnte sich erweisen, dass auch im Segment Geschützte Führungs- und Funktionsfahrzeuge (GFF) eine Trennung von Funktionalität und Mobilität darstellbar zu sein scheint und wahrscheinlich zuerst auf einer 10ft-Variante beruhen wird.

Die neuen Fahrzeuge dieser Zuladungsklassen sind sowohl als eigenbewirtschaftetes CPM-Projekt als auch dienstleistungsfähig realisiert. Auf Basis des eigenbewirtschafteten „UTF ZLK mil 15t“ soll zukünftig auch ein Dreiseitenkipper und ein Artillerieortungsradar (AOR) COBRA als eigenständige Fahrzeugversion entwickelt werden.

Kran-/Bergefahrzeuge

Die überalterten und deswegen aus der Nutzung gehenden Fahrzeugkrane (leicht/mittel) bilden zurzeit noch das Rückgrat dieser Fahrzeugklasse. Sie werden zum Teil von geschützten und ungeschützten Berge-/Kranfahrzeugen (BKF) abgelöst. Dabei erfüllen die neuen BKF Aufgaben des Bergens und des Abschiebens geschützter und ungeschützter Radfahrzeuge. Die spezifischen Forderungen dazu richten sich folgerichtig an allen im Heer genutzten Radfahrzeugen aus. Auch eine ergänzende Bereitstellung ungeschützter Fahrzeuge aus dem System BwFPS ist mit leicht eingeschränkten Fähigkeitsforderungen denkbar.

Das neue schwere geschützte Berge- und Abschleppfahrzeug Bison. Der Mercedes-Benz Actros AK 8x8, mit Berge und Abschleppausrüstung, Bundeswehr-Typbezeichnung Bison, verfügt über ein zulässiges Gesamtgewicht von 48 Tonnen.
Foto: Bundeswehr/Dana Kazda.

Forderung zur ABC-Härtung von Fahrzeugen

Bilder von Chemiewaffeneinsätzen aus dem Syrienkrieg im Jahr 2018 und Ankündigungen des russischen Präsidenten zur Erhöhung der Alarmbereitschaft seiner Atomstreitkräfte während des Ukraine-Krieges zwingen das Heer, Forderungen zum Schutz vor den Auswirkungen eines ABC-Waffeneinsatzes weiterhin zu berücksichtigen.

Für die Gefechtsfahrzeuge bedeutet dies weiterhin den Bedarf an ABC-Härtung. Diese umfasst einerseits ABC-Schutzbelüftungen und andererseits eine zügige Dekontaminierbarkeit.

Fahrzeuge der anderen Fahrzeugkategorien werden keine umfassende ABC-Härtung haben. Hier ist der persönliche ABC- Schutz des Soldaten gefordert, da die Fahrzeuge bspw. nicht über spezielle Belüftungssysteme zum Schutz verfügen. Für diese Fahrzeuge ist jedoch vermehrt wieder mindestens eine Dekontaminierbarkeit zu berücksichtigen.

Ausblick

Auch in der Domäne Unterstützung wird der technische Fortschritt immer wieder für Anpassungen und Verbesserungen sorgen. In Bezug auf die Landmobilität wird dies voraussichtlich im Bereich der Automatisierung und unbemanntem Fahren am deutlichsten sichtbar werden.

So wird insbesondere im Fall der Bündnisverteidigung viel Material auf dem Landweg transportiert werden. Genau hier kann die „Elektronische Deichsel“, ähnlich dem zivilen „Truck Platooning“, eine adäquate Antwort sein. So kann die Transportkapazität bei gleichbleibendem Personalansatz wesentlich erhöht werden. Alle eingesetzten Fahrzeuge sollen aber grundsätzlich weiterhin zur bemannten Nutzung befähigt sein, um adäquat auf sich ändernde Lagen reagieren zu können.

Mittel- bis langfristig wird Automatisierung und unbemanntes Fahren immer mehr dazu beitragen, neben dem Schutzaspekt die Effizienz der Bundeswehr in Bezug auf den Personaleinsatz zu steigern und darüber hinaus auch neue Fähigkeiten zur Verfügung stellen.

Zusammenfassung

Die materielle Ausstattung der Kräfte des Heeres in der Domäne Unterstützung, vor allem die der Heereslogistikkräfte, wird sich mit den neuen Transport- und Funktionsfahrzeugen nicht nur im äußeren Anschein, sondern vielmehr auch systemisch verbessern. Transportfahrzeuge mit Nutzlasten von 5t bzw. 15t ausgestattet mit Containern oder Wechselladepritschen bringen eine neue Qualität in das logistische System. Vor allem die mobile Bereithaltung von Versorgungsgütern, Werkzeugsätzen, Werkstattausstattungen mit Arbeitsplätzen und IT-Arbeitsplätzen können zukünftig deutlich besser gewährleistet werden.

Zurzeit führt vor allem das quantitative Fehl an Mobilitätsträgern und Containern noch zu Einschränkungen in der Domäne Unterstützung; also bspw. in der Erbringung logistischer Leistungen. Jetzt kommt es darauf an, den eingeleiteten qualitativen Fortschritt mit den aufgesetzten Projekten voranzutreiben und mit einer ebenso beeindruckenden Quantität in die Truppe zu bringen. Ein Ziel in der Domäne Unterstützung im Heer ist deswegen die zeitnahe Vollausstattung aller seiner logistischen Kräfte. Der Erfolg bei diesem Vorgehen lässt sich also direkt an der Schließung der aufgezeigten Lücken und dem Erreichen der Vollausstattung messen, um so den geforderten Beitrag zur einsatzbereiten und durchhaltefähigen Division zu gewährleisten.

 

 

Autor: Oberstleutnant Timo Nolte, Dezernent Sachgebiet I 1 (1) Unterstützung, Amt für Heeresentwicklung

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