‚Totgesagte leben länger‘ hört man immer wieder. Doch für das FCAS-Megaprojekt – ein europäisches Luftkampfsystem der Zukunft – könnte sich diese Weisheit als falsch erweisen. „FCAS muss sterben, damit das Kampfflugzeug der sechsten Generation fliegen kann“, forderte zumindest Volker Mayer-Lay, MdB, Mitglied des Verteidigungsausschusses und Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Luftwaffe.
Es ist das zweite Megaprojekt für die Bundeswehr, welches in dieser Woche unter Beschuss gerät. Erst gestern wurden verschiedene Stimmen laut, die vom Aus der Fregatte 126 aufgrund zu langer Verzögerungen wissen wollten (Defence Network berichtete). Auch das Megaprojekt Future Combat Air System (FCAS) steht schon länger in der Kritik.
Eigentlich sollte es ein französisch-deutsches (und spanisches) Kampfflugzeug der sechsten Generation hervorbringen, welches mit modernster Sensorik, flankiert von Drohnen und ausgestattet mit einer „Combat Cloud“ für den vernetzten Luftkrieg fähig sein sollte.
Megaprojekt sollte Industriekapazitäten bündeln
Das Projekt ist und wahr ehrgeizig – aber auch richtig, als es 2001 mit sechs großen europäischen Partnern startete. Großbritannien und Italien haben sich inzwischen mit Japan einen neuen Partner gesucht, um das Megaprojekt eines modernen Kampfjets der 6. Generation zu entwickeln.
Dabei sollte FCAS eigentlich die europäische Industrie bündeln und technologische Souveränität auf dem Kontinent. Grob aufgeteilt: Zuständig für den Kampfjet ist Dassault, während Airbus als deutschen Anteil beispielsweise den Loyal Wingman verantwortet. „Doch von dieser Vision ist wenig geblieben“, stellte Mayer-Lay nüchtern fest. Dass auch Frankreich und Deutschland allein im gemeinsamen Unternehmen nicht vorankommen, liegt an nationalen Befindlichkeiten, hört man immer wieder.
Dassault-Chef Éric Trappier forderte beispielsweise immer wieder eine Führungsrolle und einen Fertigungsanteil von 80 Prozent für sein Land bzw. Unternehmen ein. Ein durch Dassault angedrohter Alleingang Frankreichs belastet momentan das binationale Verhältnis auch politisch.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der deutsche Kanzler Friedrich Merz versuchen derzeit das gemeinsame Projekt auch gegen die Industrie zu retten. „Die Deutschen können ruhig murren“, sagte Trappier jüngst, „wir wissen hier, wie es geht.“ Dassault könne auch allein weiter machen, so der Konzernchef. „Wer so auftritt, sucht keine Partnerschaft – er verlangt Unterordnung“, meinte Mayer-Lay zu Dassaults Forderungen nach einem Führungsanspruch.
Welche Alternativen gibt es?
„Deutschland hat keinen Grund, sich diesem Diktat zu beugen“, ist sich der deutsche CDU-Abgeordnete sicher. „Unsere Industrie ist hervorragend aufgestellt: Beispielhaft aufgezählt seien Airbus, MTU, Diehl, Indra Avitech, Hensoldt oder die starke Forschungslandschaft in Künstlicher Intelligenz, Sensorik und Cybersicherheit. Deutschland kann technologisch mithalten – und es hat Alternativen.“
Der Politiker vom Bodensee spielt auf das oben erwähnte trinationale Megaprojekt an, welches geräuschloser fortschreitet. Auch Schweden könnte mit dem Gripen eine Partneroption für Deutschland sein. „Diese Länder zeigen, dass echte Zusammenarbeit möglich ist, ohne dass ein Partner sich als Vormund aufspielt“, ist Mayer-Lay überzeugt.
Das eigentliche Problem von FCAS liege seiner Meinung nicht in der Möglichkeit des Scheiterns, sondern im Zeitverlust für die Luftwaffe. Die nächste Kampfflugzeuggeneration rückt in immer weitere Ferne. Damit vergrößere sich auch der Technologievorsprung anderer, nicht-freundlicher Nationen.
Mayer-Lay: Deutschland sollte Schluss machen
„Der Bundeskanzler hat zwar Recht“, bekräftigte Mayer-Lay. „Es wäre schön – und schließlich professionell – gewesen, das Projekt gemeinsam zu Ende zu bringen. Aber irgendwann ist auch Schluss. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Deutschland muss den Mut haben, klare Konsequenzen zu ziehen: Entweder Kooperation auf Augenhöhe oder neue Partner, die das Wort ‚Zusammenarbeit‘ auch leben.“
Ob das Future Combat Air System noch zu retten ist oder tatsächlich vor dem Aus steht, ist noch nicht endgültig geklärt. Fest steht jedoch: Während andere Nationen längst konkrete Fortschritte bei der Entwicklung von Kampfflugzeugen der nächsten Generation erzielen, verharren Rüstungsunternehmen aus Deutschland und Frankreich in Machtfragen und nationalen Eitelkeiten.
Wenn die beiden Länder technologisch nicht den Anschluss verlieren wollen, braucht es jetzt mutige Entscheidungen, klare Verantwortlichkeiten und echte Partnerschaften für das Megaprojekt FCAS. Sonst droht FCAS nicht nur als Projekt zu scheitern, sondern auch als Symbol für europäische Verteidigungskooperation.
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