Vor über zehn Jahren entschlossen sich die Niederlande, ihre Fähigkeit Kampfpanzer – genannt die „gepanzerte Faust“ der Streitkräfte – aufzulösen. Die heutige Bedrohung aus Russland und NATO-Vorgaben führten jedoch zu einem Umdenken. Zwischen ein und zweieinhalb Milliarden Euro will das Königreich in neue Kampfpanzer investieren, um wieder über ein eigenes Panzerbataillon zu verfügen. Die Wahl fiel auf deutsche Leopard 2A8 von KNDS Deutschland.
Budgetkürzungen hatten 2011 für das Aus der niederländischen Kampfpanzer gesorgt, doch ganz verschwunden war die Fähigkeit nie. Dank der engen Zusammenarbeit mit Deutschland nutzten niederländische Soldaten weiterhin Panzer – ermöglicht durch das deutsch-niederländische Panzerbataillon 414.
Das aber reicht den niederländischen Streitkräften als „gepanzerte Faust“ nicht, weshalb das Verteidigungsministerium gestern den Kauf von 46 Leopard 2A8 in Deutschland bei der Zweiten Kammer der Generalstaaten (gesetzgebendes Organ) beantragt hat. Die 46 Kampfpanzer stellen allerdings nur eine Mindestzahl für ein eigentlich 52 Panzer umfassendes Bataillon dar – 6 weitere sollen daher als Option in den Vertrag aufgenommen werden.
„Panzer sind für die Kampfkraft der Streitkräfte von entscheidender Bedeutung“, erklärte Staatsekretär Gijs Tuinman im begleitenden Brief an das Repräsentantenhaus mit. „Sie verfügen über eine schwere Bewaffnung und bieten Schutz vor feindlichem Feuer. Mit der Wiedereinführung des Kampfpanzers stärken die Niederlande die Kampfkraft der Streitkräfte. Damit liefern wir auch Substanz für die Forderungen der NATO an die Niederlande.“
Ende 1969 wurde seinerzeit der erste von insgesamt 468 Leopard 1-Panzern vom Hersteller Kraus-Maffei an die Königlich-Niederländische Armee übergeben. Dass sich die Niederlande erneut für einen Leopard entscheiden, hat also durchaus Traditionsgründe. Die neuen Panzer sollen als „Gepanzerte Faust“ der niederländischen Streitkräfte Teil eines langfristigen Plans zur Verstärkung der nationalen und internationalen Sicherheit sein.
Beschaffungsinitiative Leopard 2 A8 aus Deutschland
Das Waffensystem Leopard 2A8 bietet zudem „Vorteile für die Interoperabilität und die internationale Zusammenarbeit“, erklärte ein Sprecher des Ministeriums auf Nachfrage von cpm. Eine internationale Ausschreibung sei nicht notwendig, denn „aus Gründen der Lieferzeit und der europäischen Zusammenarbeit entschied sich das Verteidigungsministerium für ein Government-to-Government (G2G)-Verfahren, bei dem Deutschland als Lead Nation auftritt.“ Das Verteidigungsministerium stütze sich dabei auf Artikel 2.23 Absatz 1 Buchstabe B des Verteidigungs- und Sicherheitsbeschaffungsgesetzes (ADV), so der Sprecher weiter.
Ebenfalls im Brief des Staatssekretärs heißt es, Deutschland habe Mitte 2023 mehrere Partnerländer – darunter die Niederlande – eingeladen, an der gemeinsamen Beschaffung von Panzern über eine Bedarfsbündelungsinitiative teilzunehmen. „Mit dieser Initiative können die teilnehmenden Länder die Leopard-2A8-Kampfpanzer und unterstützende Systeme auf einer Leopard-2-Plattform über Deutschland als Lead Nation beschaffen“, so Tuinman zur gewünschten Beschaffung für die „gepanzerte Faust“. „Die Niederlande, Litauen und Tschechien haben sich bereits für diese Initiative angemeldet, und das Verteidigungsministerium hat inzwischen seine Anforderungen bei der deutschen Seite eingereicht.“
Dass der Rahmenvertrag, den Deutschland mit KNDS geschlossen hat, lediglich 123 Kampfpanzer umfasst, spielt für eine mögliche Beschaffung der Niederländer keine Rolle. Auch Tschechien konnte durch die Partizipation an der deutschen Beschaffungsinitiative einen eigenen Vertrag zum Kauf von 76 Leopard 2 A8 mit KNDS abschließen. Aus den Niederlanden liegt bisher beim Panzerhersteller noch keine Anfrage für einen Vertrag vor, wie cpm auf Nachfrage erfahren konnte.
Leopard 2A8: Der modernste Kampfpanzer seiner Klasse
Der Leopard 2A8 für die „gepanzerte Faust“ der Niederländer wird der modernste und leistungsfähigste Kampfpanzer in der Leopard-Familie. Er kombiniert modernste Sensorik, Schutzsysteme und Bewaffnung. Besonders hervorzuheben ist die verbesserte Schutztechnologie, die den Panzer gegen eine Vielzahl von Bedrohungen – einschließlich moderner Panzerabwehrwaffen – widerstandsfähiger macht.
Der Leopard 2 A8 ist eine Weiterentwicklung des Leopard 2 A7, der bereits von mehreren NATO-Staaten verwendet wird. Mit seiner Feuerkraft und Mobilität wird der 2 A8 die niederländischen Streitkräfte sowohl bei nationalen Einsätzen als auch im Rahmen der NATO-Partnerschaft erheblich verstärken.
Weiterhin Zusammenarbeit mit Deutschland bei Panzern gewünscht
Trotz der Beschaffung eigener Leopard 2 A8-Panzer wollen die Niederlande ihre militärische Zusammenarbeit mit Deutschland weiter vertiefen – schon aus Platzgründen. Das Verteidigungsministerium prüft gemeinsam mit Deutschland die Möglichkeit einer Stationierung des neuen niederländischen Panzerbataillons im deutschen Bergen-Hohne (Niedersachsen).
Hier befindet sich das NATO-Trainingsgelände mit ausreichend Übungs- und Schießplätzen, um mit einem Panzerbataillon realitätsnah zu üben. Die Schieß- und Übungsplätze der niederländischen Kasernen bieten hierfür nicht ausreichend Platz. Geplant ist, etwa 500 Soldaten für die das neue Panzerbataillon zu rekrutieren.
„Gepanzerte Faust“ für die niederländische Armee
Die Entscheidung, wieder Kampfpanzer in den Bestand der niederländischen Streitkräfte aufzunehmen, markiert einen strategischen Wendepunkt. Seit der Ausmusterung der letzten niederländischen Panzer im Jahr 2011 wurde zunehmend auf mobile und leichte Einheiten gesetzt. Mit der Einführung des Leopard 2A8 kehrt die „Gepanzerte Faust“ zurück – zumindest, wenn das niederländische Parlament dem Antrag seiner Streitkräfte zustimmt und die Genehmigung zur Zeichnung des Vertrags mit KNDS erteilt.
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