Kanzler Scholz: Langfristig mehr Geld

Bei den Haushaltsverhandlungen kam die Ampel-Koalition in der vergangenen Woche zu einem Kompromiss für mehr Geld für den Wehretat – doch nicht alle Partner sind zufrieden. „Ärgerlich“, kommentierte Verteidigungsminister Boris Pistorius den aus seiner Sicht zu geringen Aufwuchs des Verteidigungsetats. Parteifreund und Bundeskanzler Olaf Scholz erwiderte heute: „Die Bundeswehr kann davon ausgehen, dass Deutschland eine NATO-Quote von zwei Prozent in den nächsten Jahren immer einhalten wird.“ Doch ein Wehretat von 80 Milliarden Euro ab 2028 beruhigt weder den Minister noch Vertreter aus Opposition und Industrie – sie fordern mehr Geld für die Bundeswehr.

Der deutsche Verteidigungsetat (Einzelplan 14) steigt in 2024 auf 51,95 Milliarden Euro. Viel mehr Geld wird es 2025 nicht geben.
Der deutsche Verteidigungsetat (Einzelplan 14) stieg in 2024 auf 51,95 Milliarden Euro.
Foto: Bundeswehr / Marco Dorow

Im Rahmen der jährlichen Haushaltsverhandlungen teilen die Minister der unterschiedlichen Ressorts zunächst ihre Bedarfe mit – Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte für sein Haus einen Bedarf von fast sieben Milliarden Euro mehr als im Vorjahr angemeldet. In die Vorlage für das Parlament haben es jedoch nur rund 1,2 Milliarden Euro mehr für den „Einzelplan 14“ geschafft. Die meisten anderen Ministerien mussten sogar Abstriche machen, um das übergeordnete Ziel der „schwarzen Null“ von Finanzminister Christian Lindner nicht zu reißen.

Vorgesehen sind für den Verteidigungshaushalt 2025 lediglich rund 53 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2028 soll der Wehretat allerdings auf rund 80 Milliarden Euro steigen, um auch nach Auslaufen des Sondervermögens das Zwei-Prozent-Ziel der NATO zu halten. Den Haushaltskompromiss bezeichnete Pistorius am Wochenende als „ärgerlich“. Durch das fehlende Geld könne er im Zuge der Zeitenwende erforderliche Projekte nicht „in der Geschwindigkeit anstoßen“, wie es eigentlich erforderlich wäre.

Einzelplan 14 braucht mehr Geld

„Ein Zuwachs von 1,2 Milliarden Euro reicht keinesfalls aus, um der aktuellen Bedrohungslage und Deutschlands internationaler Verantwortung gerecht zu werden“, sagte CDU-Abgeordneter und Mitglied des Verteidigungsausschusses, Jens Lehmann. „Angesichts der erwartungsgemäßen Kostensteigerungen in den Bereichen Personal und Material existiert der Aufwuchs faktisch nur auf dem Papier.“

Investitionen über das Sondervermögen hinaus oder die Finanzierung der Brigade 42 in Litauen seien so nicht möglich. „Es müssen weitere Mittel für den Verteidigungshaushalt bereitgestellt werden, da Deutschland sonst spätestens 2028 ein Finanzierungsproblem bekommen wird“, fordert Lehmann weiter.

Der Forderung Lehmanns nach mehr Geld für den Einzelplan 14 könnte die aktuelle Regierung noch nachkommen, denn Politiker von Grünen und FDP zeigten sich zu Nachbesserungen bereit. Sebastian Schäfer, Mitglied des Haushaltsausschusses für die Grünen nannte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) das Ergebnis der Haushaltsverhandlungen eine „ordentliche Arbeitsgrundlage“ für das Parlament. „Wie immer wird es aber zahlreiche und auch wesentliche Änderungen geben“, so der Grüne weiter.

Industrieverband fordert Rüstungsbeschleunigungsgesetz

Auch Dr. Hans Christoph Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e. V. (BDSV) kritisiert die nur geringfügig gestiegenen Mittel. Aus seiner Sicht könne Deutschland den NATO-Vorgaben zur Abschreckung nicht gerecht werden. „Diese Fähigkeit zur Abschreckung braucht vor allem viel Geld, und zwar mehr Geld und mehr Planbarkeit als sie bislang gewährleistet erscheinen“, teilte Atzpodien mit.

Nach Ansicht des Hauptgeschäftsführers des BDSV sei das im Jahr 2022 gewährte Sondervermögen „alternativlos“ gewesen, um bisherige Ausrüstungslücken zu schließen. „Doch die wirklichen Ausstattungsbedarfe der Bundeswehr liegen weitaus höher, insbesondere auch unter Berücksichtigung neuer Anforderungen mit Blick auf die Masse des erforderlichen Materials, auf Instandhaltung und Ersatzteile, auf Drohnen und Drohnenabwehr sowie nicht zuletzt auf die Ausstattung der zugesagten Litauen-Brigade“, führte Atzpodien weiter aus.

Um die Ausrüstung der Bundeswehr zeitnah und nachhaltig in geeignete Bahnen zu lenken, seien laut Atzpodien jedoch nicht nur weitere Finanzmittel notwendig, sondern auch begleitende Maßnahmen. Er nannte Prozessbeschleunigen in der Beschaffung und Herausforderungen durch neue Gesetzgebungen bei Lieferketten und Verboten von PFAS-Chemikalien als Beispiele. „Ein weiterer Ausbau unserer Rüstungskapazität für die Bundeswehr braucht vor allem eins: Planbarkeit, entsprechende Haushaltssignale und eine Flankierung durch ein Rüstungsbeschleunigungsgesetz“, ist Dr. Hans Christoph Atzpodien überzeugt.

Der Kanzler plant langfristig

Kanzler Scholz bleibt indes gelassen. Vor seinem Abflug nach Washington – wo seit heute Woche der NATO-Gipfel stattfindet – sagte der Kanzler: „Die Bundeswehr kann davon ausgehen, dass Deutschland eine NATO-Quote von zwei Prozent in den nächsten Jahren immer einhalten wird und deshalb kann sie auch in den ganzen 20er-Jahren und in den beginnenden 30er-Jahren Bestellungen wirksam werden lassen, die für die Sicherheit des Landes wichtig sind.“

Durch die aktuelle Verteilung der Mittel, gäbe es jedoch eben nicht mehr Geld. Es werde zudem die reguläre „Finanzierung der Streitkräfte auf die nächste Bundesregierung verschoben“, so MdB Lehmann zusammenfassend. „Einer echten Zeitenwende wird der aktuelle Haushalt kaum gerecht.“

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