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MILOS-D – Die neueste Laserwaffe der Bundeswehr?

Die Möglichkeiten eines Lasers ergeben seit Jahren immer wieder faszinierende Anwendungsgebiete, wie zum Beispiel zur Oberflächenbehandlung, Entlackung und Entrostung von Metallen. Im militärischen Interessensgebiet bieten Laser mit entsprechender Ausgangsleistung die technologischen Möglichkeiten u. a. auf Distanzen zu schweißen, schmelzen oder in Brand zu setzen. Der MILOS-D von MBDA zeigt jetzt erstmals im scharfen Schuss, dass er in der Lage ist, gegen Drahtsperren, Mienen, Türschlösser und IEDs zu wirken. Den Erfolgsschuss des MILOS-D durfte cpm live begleiten.

Lasereffektor des MILOS-D.
Lasereffektor des MILOS-D.
Foto: MBDA

Laser eröffnen aus militärischer Sicht ein breites Anwendungsgebiet zur präzisen und verdeckten Manipulation wehrtechnisch relevanter Ziele. Realisierungen militärischer Laserwirkungsanwendungen sind zwar vom operationellen Gesichtspunkt her sehr gewünscht und teils als Demonstratoren realisiert und getestet worden, bislang aber nur in wenigen Fällen marktverfügbar vorhanden.

Der zuletzt national in einer Realisierbarkeitsstudie untersuchte Laserwaffendemonstrator (LWD) für die Anwendung auf schwimmenden Einheiten – integriert auf der Fregatte Sachsen – zeigte die grundsätzliche Machbarkeit auf und überzeugte in den Firmenversuchen an Land im Vorfeld der Integration, als auch während der Versuchskampagne auf See im Einsatz gegen angreifende militärische Ziele. An einem Prototyp für den operationellen Betrieb wird in den nächsten Jahren gearbeitet.

Auf Basis eines durch viele wehrtechnische Studien über viele Jahre gewonnenen Fachwissens arbeitet die Fa. MBDA seit mehreren Jahren – in enger Abstimmung mit dem Heer – auch an einem Prototyp eines abgesessen einsetzbaren Lasereffektors. MILOS-D (Modular Integrated Laser Optic System – Dismounted) ist der Name des Vorhabens, das aktuell unter den Erfahrungen aus der Ukraine breites Interesse erzeugt – werden damit doch Fähigkeiten in den Streitkräften umsetzbar sein, die die Möglichkeiten militärischer Kriegsführung technisch deutlich erweitern.

Kritische technologische Fragestellungen, die die Entwickler immer wieder vor Herausforderungen stellten, sind bei der Entwicklung derartiger Lasersysteme stets die schrittweise Erhöhung der Laserleistung auf militärisch nutzbare Werte, die Reduzierung des Gewichts – eine unbedingte Notwendigkeit für den abgesessenen Einsatz, d. h. von zwei bis drei Soldaten trag- und verlegbar – sowie die Miniaturisierung der im Laser verbauten Komponenten.

Die Anwendung von MILOS-D ist, aus operationeller Sicht, auf das Schaffen von Zugängen fokussiert. Daraus ergibt sich aktuell ein Zielspektrum, das statische Ziele wie Drahtsperren, elektrooptische Sensoriken, Antennenstrukturen, Metalle (Türscharnieren) oder IEDs beinhaltet. Zukünftig soll das System MILOS-D so ausgebaut werden, dass es auch für den Einsatz gegen Drohnen und andere bewegliche Ziele geeignet ist.

Aber von vorn: Jede Entwicklung militärischer Ausrüstung beginnt mit der militärischen Fähigkeitsforderung.  Bei der Sammlung aufgestellter Anforderungen des Heeres an eine zukünftige Laserwaffe hat sich herausgestellt, dass sich nicht alle Forderungen mit einem Effektor erfüllen lassen, sondern eine Familie mit Effektoren unterschiedlicher Leistungsklasse sinnvoll ist. Die erste Ausprägung dieser System-Familie stellt der abgesessene Lasereffektor MILOS-D dar.

MILOS-D auf Dreibein im Versuchssetup.
MILOS-D auf Dreibein im Versuchssetup.
Foto: MBDA

Für den abgesessenen Einsatz von MILOS-D ergeben sich daraus Forderungen nach:

  • Tragbarkeit,
  • autarkem Betrieb im abgesessenen Einsatz und
  • dem Einsatz in unterschiedlichen Kampfentfernungen mit entsprechenden Forderungen zur Zielbeobachtung und -verfolgung

Dabei geben die Faktoren Gewicht, Abmessungen, Komplexität und Integrierbarkeit in ein militärisches Lagebild die Rahmenbedingungen für die Entwicklung vor. Während die Forderungen zur Tragbarkeit unmittelbar dazu führen, dass das Gesamtgewicht und die Größe nach oben limitiert sind, stellt die Forderung nach Wirkreichweite und Bekämpfungsdauer, die sich in der notwendigen Laserleistung widerspiegeln, Ansprüche an die im abgesessenen Einsatz mitführbare elektrische Energie zur Erzeugung des Laserstrahls.

Dies ist mit einer Systemfamilie umsetzbar, die weitgehend auf modularen System-komponenten aufbaut. Hierdurch können Komponenten querschnittlich genutzt werden, wie zum Beispiel die Waffensystemsteuerung wozu das HMI (= Mensch-Maschine-Interface) zählt. Komponenten können entsprechend dem Anwendungsfall skalierbar ausgelegt und zusammengestellt werden. Die Verwendung standardisierter Schnittstellen ermöglicht eine Kombination von Funktionsmodulen und von verschiedenen Varianten mit den Möglichkeiten eines zukünftigen Aufwuchspotentials.

Historische Entwicklung MILOS-D

In der Regel beginnt eine Entwicklung mit dem Aufbau eines Mock-Ups, um einen ersten Eindruck von dem zukünftigen Gerät zu erhalten. Dies konnte bereits im Jahr 2020 – eigeninitiativ und eigenfinanziert – noch vor der Festlegung auf die aktuellen militärischen Forderungen realisiert werden. Der Aufbau erfolgte unter Nutzung firmeneigener vorhandener Komponenten (ein Vorgehen, das auch bei der technischen Realisierung des heute so erfolgreichen „ENFORCER“ gewählt wurde) und in stetigem Austausch mit dem Heer. Der erste Aufbau des Mock-Ups (noch ohne Laserquelle) hatte ein Gewicht von ca. 25 kg und kam damit bereits in Bereiche, die für einen abgesessenen Einsatz erforderlich waren.

Steuerstand (Man-Machine-Interface) im Rahmen des Versuchsaufbaus MILOS-D
Steuerstand (Man-Machine-Interface) im Rahmen des Versuchsaufbaus MILOS-D.
Foto: MBDA

Mit Ergänzung durch ein Dummy-Gewicht für die Laserquelle des MILOS-D konnte gezeigt werden, dass das System durch zwei Soldaten zu tragen und zu bedienen war. Mit dem Mock-up konnte dann auch notwendiges Upgradepotential abgeleitet werden. Zudem war es auch möglich, frühzeitig potentielle Nutzer einzubinden und sich somit militärisches Feedback zu Handhabung, Bedienung, Funktionalität und zur möglichen operationellen Verwendungsbandbreite zu sichern.

Auf Basis der mit dem Mock-up MILOS-D gewonnenen Erkenntnisse konnte in die Entwicklung eines ersten Labormusters gestartet werden. Als Quelle wurde ein COTS (commercial of the shelf) Faserlaser mit 400 W optischer Leistung mit Luftkühlung gewählt. Im optischen Strang wurde ein Teleskop realisiert und die Reichweite auf 25 – 150 m festgelegt.

Die Fokussierung geschieht mittels eines eingebauten Elektromotors. Die Energieversorgung erfolgte mit Netzanschluss. Das Gewicht der Hauptkomponenten des Labormusters konnte auf unter 25 kg für den Effektor und ca. 25 kg für die Quelle begrenzt werden. Hiermit war erstmalig ein experimenteller Nachweis der Handhabbarkeit und Wirkung möglich.

Während der nächsten Ausbaustufe des Labormusters ging es vor allem um eine Miniaturisierung des Gesamtsystems bei gleichzeitiger Erhöhung der Laserleistung. Im Vergleich zum Labormuster aus dem Jahr 2022 zeigten sich signifikante Verbesserungen in den Leistungsdaten:

Während beim Labormuster des Jahres 2022 eine Quelle mit 400W optischer Leistung und ein Mikrometer Wellenlänge luftgekühlt realisiert werden konnte, wurde im Labormuster 2023 bereits eine Quelle mit 3000 W optischer Leistung umgesetzt. Auch die Bekämpfungsreichweite konnte von 150 m auf 600 m gesteigert werden. Ferner wurde in 2023 auch erstmals eine Energieversorgung mit Akku-Betrieb möglich und eine Ansteuerung des Richtsystems umgesetzt, die über integrierte Aktuatoren, Richter und Steuerrechner erfolgt.

Auch in der Zieloptik gab es erhebliche Verbesserungen, was zu einer deutlichen Verbesserung der Zieldetektion führte. Die Steuerung des Richtsystems erfolgt nicht mehr über limitierende voreingestellte Bewegungsmuster, sondern softwaregesteuert über das Human Machine Interface (HMI) in Form eines gehärteten Tabletcomputers.

Liveansicht der Einsatzwirksamkeit MILOS-D gegen Metallscharniere im Dauerbetrieb.
Liveansicht der Einsatzwirksamkeit MILOS-D gegen Metallscharniere im Dauerbetrieb.
Foto: MBDA

Mit dem realisierten Heereslaserdemonstrator wurden 2023, im Rahmen einer Erprobung, am Firmenstandort in Schrobenhausen Laser-Beschussversuche gegen unterschiedliche Zielaufbauten durchgeführt und die Durchbrennleistung an unterschiedlichen Materialien untersucht.

Das Labormuster 2023 wurde durch den öffentlichen Auftraggeber beauftragt und in seiner Entstehung eng durch diesen begleitet, so dass im gleichen Jahr auch Freifeldversuche auf dem Testgelände der WTD 91 in Meppen stattfinden konnten.

Aktuell erstellt und erprobt MBDA, im Auftrag des BAAINBw, ein Erprobungsmuster, welches im Herbst 2024 an den Auftraggeber ausgeliefert werden soll. In seiner Funktionalität ist es vergleichbar mit dem in 2023 realisierten Labormuster, allerdings liegt der besondere Fokus hierbei auf der Erfüllung der Anforderungen durch den späteren Nutzer nach Bedienbarkeit, Sicherheit und SWaP (Size, Weight and Power).

Mit diesem Erprobungsmuster ist ferner eine intensive und unabhängige Vermessung und Erprobung durch die WTD in Begleitung durch das Amt für Heeresentwicklung möglich, um damit die Grundlagen für eine spätere Beschaffung zu legen. Auch hier geht es vor allem um die Sammlung von Erfahrungen im operationellen Betrieb mit den Schwerpunkten auf Lasersicherheit, Wirkmöglichkeiten und Bedienbarkeit sowie der Generierung von Erkenntnissen zu weiterem Upgradepotential.

Das primäre Ziel muss eine weitere SWaP-Reduktion bleiben, dies kann entweder bei der Laserquelle (Leistungserhöhung bei gleichbleibendem Gewicht) oder beim Richtsystem sowie bei der Sensorik erfolgen. Eine Anwendung auf einem Dreibein und einer Selbstfahrplattform wird weiterhin verfolgt.

Vorstellung des Erprobungsmusters im Juli 2024

Im Juli 2024 erfolgte die Vorstellung der Leistungsfähigkeit des Erprobungsmusters im Rahmen einer Demonstration am Firmenstandort in Schrobenhausen. Ein besonderes Interesse lag dabei auf der Frage: „Können mit dem erreichten Technologiestand und dem auf Gewichtsreduzierung, bei gleichzeitiger Erhöhung der Laserleistung, optimierten Erprobungsmuster die Vorgaben des Auftraggebers bzw. Nutzers erreicht werden? Kann der Lasereffektor die Forderungen nach der Tragbarkeit, im Rahmen eines autarken Betriebs im abgesessenen Einsatz und nach variablen „Kampfentfernungen“ erfüllen?“

Mit MILOS-D durchtrennter S-Draht.
Mit MILOS-D durchtrennter S-Draht.
Foto: MBDA

Hierzu wurde auf der firmeninternen Laserteststrecke ein Versuchsaufbau realisiert, mit dem die entsprechenden Nachweise im praktischen Versuch erbracht werden sollten.

Als Zielobjekte dienten dabei Zielkörper, die realen Hindernissen und Bedrohungen land-gebundener Kräfte entsprechen. Dies sind Drahtsperren (S-Draht), Minen, IEDs oder ähnliche Gefährdungen abgesessener (Spezial-)Kräfte.

Im Versuch konnte dann nachgewiesen werden, dass alle Forderungen, die an die Realisierung des Erprobungsmusters gestellt worden waren, erfüllt werden konnten. Insbesondere die Anforderungen an die Gewichte für das Dreibein, das Richtsystem und den Laser-Effektor konnten erfolgreich umgesetzt werden. Sowohl auf kurze als auch auf große Entfernung konnten kleine Objekte, wie S-Draht, sicher durchtrennt werden. Überzeugend war ebenfalls der Dauerbetrieb – eine Betriebsart, die voraussichtlich nur in Ausnahmefällen (wie z. B. beim Öffnen von Türen) angewendet wird.

Das Erprobungsmuster des MILOS-D konnte seine Leistungsfähigkeit und Praktikabilität uneingeschränkt unter Beweis stellen. Spiegelt man den erzielten Technologiestand an den Technology Readiness Levels (TRL), so hat das Erprobungsmuster den
TRL 5 von 9 erreichen können und damit die Voraussetzungen für den Beginn der Produktentwicklung geschaffen.

Was kommt nach dem Erprobungsmuster MILOS-D?

Mit dem Erprobungsmuster MILOS-D ist ohne Zweifel noch nicht das finale Ziel erreicht. Weitere Arbeiten liegen in der Realisierung der Bekämpfung bewegter Ziele durch zusätzliches Grob- und Feintracking sowie in der Erweiterung des Zielspektrums und damit in der Erweiterung der militärischen Anwendungen.

Die Entwicklung weiterer Systeme innerhalb der Familie, z. B. „MILOS-P“ (portable = tragbare Version) und „MILOS-I“ (integrated = integrierte Version) sowie die damit verbundene Verbesserung der Handhabung nebst Erweiterung der Fähigkeiten sind weitere Entwicklungsziele für die Zukunft.

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