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Wehrbeauftragte: Weiterhin Personalmangel in der Bundeswehr

Heute legte die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Dr. Eva Högl, ihren Bericht für das Jahr 2023 vor. Darin zeigt sie deutliche Verbesserungen dank der Zeitenwende, aber auch das anhaltende Problem Personal auf. Nicht nur, dass sich zu wenige junge Menschen bewerben, die Abbrecherquote bleibt mit 26 Prozent weiterhin hoch.
Besondere Personalengpässe gibt es bei der Deutschen Marine sowie bei den Pilotinnen und Piloten der Bundeswehr, stellt der Bericht der Wehrbeauftragten fest.
Besondere Personalengpässe gibt es bei der Deutschen Marine sowie bei den Pilotinnen und Piloten der Bundeswehr, stellt der Bericht der Wehrbeauftragten fest.
Foto: Bundeswehr/PIZ Marine

„Im Jahr 2023 war ich an 123 Tagen unterwegs bei unserer Bundeswehr. Meine Bilanz: drei Dauerbrenner, zwei Ereignisse, eine Beobachtung. Die drei Dauerbrenner sind wenig überraschend Personal, Material und Infrastruktur. Die Truppe altert und schrumpft immer weiter. Etliche Verbände haben große Personalvakanzen“, berichtet die Wehrbeauftragte. Die beiden prägsamen Ereignisse seien das Ende des Einsatzes in Mali und die Invictus Games gewesen. Als Beobachtung hielt Högl fest: „Die Bundeswehr ist enorm gefordert.“

Hier schließe sich der Kreis zu dem Problem Personalmangel. „Diese Vielzahl und Vielfalt der Aufträge sowie ihre Gleichzeitigkeit bringen die Truppe an die Belastungsgrenze. Nicht selten berichteten mir Soldatinnen und Soldaten von Überstunden im dreistelligen Bereich, von mehrmonatigen Abwesenheiten von ihren Familien und von fehlenden Phasen der Regeneration. Nach dem Einsatz ist vor dem Einsatz, dazwischen heißt es Ausbilden, Trainieren, Üben. Die enorme Belastung der Truppe hat maßgeblich mit den unzureichenden Rahmenbedingungen zu tun. Stichwort: Dauerbrenner. Wenn es zu wenig Personal gibt, müssen immer dieselben ran. Wenn Material fehlt, sind kreative Truppenlösungen gefragt. Wenn es zu wenige Stuben gibt, bleiben nur Feldbetten in Turnhallen. Das zehrt an den Kräften, körperlich wie mental.“

Bewerbungslage und Abbrecherquote

Der Wehrbericht stellt fest, dass im Jahr 2023 insgesamt 181.514 Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr dienten, das sind 1.537 weniger als in 2022. Gleichzeitig waren in Einsätzen, einsatzgleichen Verpflichtungen, Dauereinsatzaufgaben und sonstigen Verpflichtungen insgesamt 23.100 deutsche Soldatinnen und Soldaten gebunden, das sind 2.000 mehr als in 2022. „Belastung und Effektivität des Personaleinsatzes stehen in der Bundeswehr in keinem angemessenen Verhältnis“, stellt demensprechend auch die Wehrbeauftragte fest.

Die Bewerbungszahlen seien zwar dank eines hohen Anstiegs der Bewerbungen für den Freiwilligen Wehrdienst nur leicht zurückgegangen und die Einstellungen bewegten sich in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. „Weiterhin sehr hoch sind allerdings die Abbruchquoten während der sechsmonatigen Probezeit mit rund 26 Prozent derer, die im Jahr 2022 den Dienst angetreten haben, und 21,5 Prozent bis Ende des Berichtsjahres derjenigen, die den Dienst im Berichtsjahr angetreten haben.“

Mehr Fokus auf Verwendungsorte

Mit anonym-ausfüllbaren Fragebögen versuchte die Bundeswehr, dem Grund für diese hohe Abbruchquote herauszufinden. Knapp ein Drittel der Ausscheidenden habe diesen Fragebogen ausgefüllt und nannten überwiegend private, persönliche oder familiäre Aspekte, teilweise auch ein Jobangebot oder andere Vorstellungen vom Dienst. „Fast 40 Prozent haben bei der Befragung für das Jahr 2022 die zu große Entfernung vom Standort als ergänzenden Grund angegeben“, betont der Bericht und führt als Beispiel an: „So schilderten auch Vorgesetzte der Wehrbeauftragten bei Truppenbesuchen den Eindruck, dass Rekrutinnen und Rekruten aus der Region seltener als solche mit weit entfernten Heimatorten die Bundeswehr vorzeitig verlassen.“

Zur Abschreckung der Neusoldaten trage allerdings auch der Zustand vieler Kasernen bei. „Die Infrastruktur ist vielerorts desaströs. Mich erreichen Schreiben von Eltern, deren Kinder soeben ihren Dienst angetreten haben – in Kasernen mit maroden Stuben, verschimmelten Duschen und verstopften Toiletten. Die Eltern sind empört. Und das zu Recht“, schreibt die Wehrbeauftragte. „Es ist zum Teil beschämend und dem Dienst unserer Soldatinnen und Soldaten völlig unangemessen, in welchem schlechten Zustand die Kasernen in Deutschland sind.“

Sorgenkind Marine

Als besonders besorgniserregend nennt Högl den Personalfehl in der Deutschen Marine: „Mit Stand 31. Dezember 2023 waren von den 14.510 militärischen Marinedienstposten insgesamt nur 11.417 (rund 79 Prozent) besetzt.“ Besonderer Mangel herrsche bei den Unteroffizierinnen und Unteroffizieren mit Portepee (rund 14 Prozent) und ohne Portepee (rund 26 Prozent). Zudem falle die tatsächliche Antrittsstärke oftmals aufgrund von Abwesenheiten beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen, wegen Lehrgängen oder Kommandierungen zu Unterstützungsleistungen wesentlich geringer aus.

„Insbesondere bei den Besatzungsangehörigen der Fregatten zeigt sich der Personalmangel sehr deutlich. Für den Wach- und Dienstbetrieb weicht die Antrittsstärke teilweise bis zu 50 Prozent von der personellen Sollbesetzung ab“, ist in dem Bericht zu lesen. Die Marine erprobe deshalb aktuell verschiedene Möglichkeiten und werde beispielsweise bei einer F125 in diesem Jahr mit fünf Besatzungen die Intensivnutzbarkeit und das Mehrbesatzungsmodell im Realbetrieb testen. „Dies ist ein erster Schritt in Richtung des Zielbetriebes, auch wenn dessen vollumfängliche Einnahme derzeit nicht belastend prognostizierbar ist.“

Dorothee Frank

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