Damals weinte Osnabrück – jetzt sind die Briten zurück

„Unsere militärischen Kulturen sind ähnlich. Wir kämpfen zusammen, wir trainieren zusammen, wir trinken Bier zusammen“, unterstrich der britische Verteidigungsminister John Healey bei seinem Antrittsbesuch in Deutschland. In Berlin unterzeichnete er mit seinem deutschen Amtskollegen eine Joint Declaration zur engeren militärischen Zusammenarbeit beider Länder. Im Zuge dessen gab Healey den Beitritt der Briten zum erst vor zwei Wochen gestarteten ELSA-Projekt bekannt.

militärische Ehren zum Antrittsbesuch des neuen Verteidigungsministers der Briten in Berlin.
militärische Ehren zum Antrittsbesuch des neuen Verteidigungsministers der Briten in Berlin.
Foto: Verteidigungsministerium UK

Briten und Deutsche arbeiten – trotz EU-Austritt, aber dank NATO-Zugehörigkeit – weiterhin eng bei Sicherheitsfragen zusammen, seit gestern sogar noch ein bisschen enger. Denn die jetzt erstmalig unterzeichnete Joint Declaration wird die Grundlage für eine neue und engere Beziehung sein. „Deutschland und das Vereinigte Königreich befinden sich auf demselben Weg, gehen in dieselbe Richtung“, betonte Verteidigungsminister Pistorius nach der Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung. „Ein starkes Europa und eine starke NATO stehen für uns ganz oben auf der Agenda.“

Ich möchte aber auch die deutsche Führung in der Ukraine loben. Sie haben so viel getan, und manchmal wurde Ihnen so wenig Anerkennung zuteil. Es liegt im Interesse aller europäischen Nationen, dass die Ukraine siegt, dass Putin scheitert, denn wenn er in der Ukraine gewinnt, wird er nicht bei der Ukraine aufhören.
– John Healey, Verteidigungsminister UK

Der frisch ins Amt gekommene Verteidigungsminister der Briten, John Healey – von Pistorius als Partner und Freund bezeichnet – stimmte zu: „Die Verteidigung der europäischen Sicherheit beginnt in der Ukraine.“ Deren Unterstützung sei daher zurecht ein wichtiger Punkt der gestern unterzeichneten Erklärung zur Zusammenarbeit.

Weitreichende europäische Lenkwaffen mit Beteiligung der Briten

Zur glaubhaften Abschreckung Russlands vor weiteren Überfällen gehören jedoch weitreichende Präzisionswaffen. In diesem Bereich besteht unter den europäischen Staaten eine Fähigkeitslücke, die übergangsweise durch die Stationierung US-amerikanischer Waffen in Deutschland gedeckt werden soll.

Der neue Verteidigungsminister der Briten, John Healey (l.), kam gestern zum Antrittsbesuch nach berlin und wurde dort von seinem deutschen Amtskollegen Boris Pistorius begrüßt.
Der neue Verteidigungsminister der Briten, John Healey (l.), kam gestern zum Antrittsbesuch nach berlin und wurde dort von seinem deutschen Amtskollegen Boris Pistorius begrüßt.
Foto: Verteidigungsministerium UK

Langfristig soll diese Fähigkeit jedoch von europäischen Staaten bereitgestellt werden. Dazu haben am Rande des NATO-Gipfels in Washington Frankreich, Polen, Italien und Deutschland das Projekt ELSA (European Long-Range Strike Approach) gestartet. „Das langfristige Ziel [ist] auch hier gemeinsame Entwicklung, Beschaffung und Produktion“, erklärte Pistorius. „Damit wollen wir eine europäische Fähigkeitslücke schließen und anteilig die Kosten für alle senken.“

Wie Healey in Berlin verkündete, tritt auch Großbritannien dem ELSA-Projekt bei, um europäische Präzisionswaffen mit einer Reichweite über 500 km – also weiter als deutsche Taurus und französisch-britische Storm Shadow – zu entwickeln.

Pistorius fühlt sich UK-Streitkräften persönlich verbunden

Bei Healeys Amtsbesuch gestand Pistorius auch eine persönliche Beziehung zu den Briten. In seiner Geburtsstadt Osnabrück befand sich lange Zeit die größte Garnison britischer Streitkräfte außerhalb Großbritanniens, erzählte der deutsche Minister.

Kranzniederlegung der beiden Verteidigungsminister von Deutschland und Großbritannien.
Kranzniederlegung der beiden Verteidigungsminister von Deutschland und Großbritannien.
Foto: Verteidigungsministerium UK

Als die Soldaten 2007 aus Osnabrück abzogen, war Pistorius gerade Oberbürgermeister. „Ich erinnere mich an den Zapfenstreich im strömenden Regen auf dem Marktplatz von Osnabrück“, sagte Pistorius und schildert vom Regen vollgesogene Bärenfellmützen, die so schwer wurden, dass sie abgesetzt werden mussten. „Ein bewegender Moment“, erinnert sich Pistorius. „Osnabrück hat geweint, hieß es damals, weil die Briten gehen.“

Großbritannien und Deutschland – starke Rüstungspartner

Die Verbindungen zwischen beiden Ländern sind allerdings nicht nur emotionaler Natur. Die Rede ist von gemeinsamen Rüstungs(beschaffungs)projekten wie dem Eurofighter (in UK „Typhoon“), dem A400M und dem Boxer. In der Rüstung gibt es bereits zahlreiche erfolgreiche Kooperationen.

„Und dennoch sagen wir, wir wollen und wir müssen noch enger zusammenarbeiten, wir wollen unsere Beziehung auf ein neues Fundament stellen, und deswegen haben wir heute die Joint Declaration unterzeichnet“, sagte Pistorius gestern.

Briten und Deutsche vereinbaren vier wesentliche Ziele
  • Rüstungsindustrien stärken
  • Bei Entwicklung, Produktion und Beschaffung von Waffen & Munitionen enger zusammenarbeiten
  • Europäischen Pfeiler innerhalb der NATO stärken
  • Koordinierung der Ukraine-Hilfen durch Deutsche und Briten verbessern

„Wir schmieden eine neue, vertiefte Verteidigungsbeziehung zwischen Großbritannien und Deutschland“, versicherte Healey. „Unsere Nationen haben tiefe historische Wurzeln. Wir haben gemeinsame Werte und wir werden in Zukunft wichtige strategische Verbündete sein.“ Durch eine Stärkung der eigenen Rüstungsindustrien wird eine wichtige Säule für dieses Vorhaben erwartbar sein.

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