Der Kampfpanzer Altay ist ein ambitioniertes Projekt der türkischen Verteidigungsindustrie und soll 2025 endlich an die Streitkräfte der Türkei ausgeliefert werden. Das Vorhaben steht exemplarisch für die Bemühungen des Landes, die verteidigungsindustrielle Unabhängigkeit zu stärken. Ob das mit dem Altay tatsächlich gelingt, ist fraglich.
Die Idee des Altay-Kampfpanzers entstand bereits in den frühen 2000er-Jahren als Teil der Bemühungen, die Abhängigkeit der Türkei von ausländischen Rüstungslieferanten zu verringern. Offiziell begann das Projekt im Jahr 2007 mit Hyundai Rotem aus Südkorea als technischem Partner bei der Entwicklung der Prototypen. Der Kampfpanzer Altay basiert auf der Technologie des südkoreanischen K2 Black Panther wurde jedoch an die spezifischen Anforderungen der türkischen Streitkräfte angepasst. Hergestellt wird er heute von BMC Otomotiv Sanayi ve Ticaret A.Ş., dem vor Otokar größten türkischen Hersteller von Nutz. und Militärfahrzeugen.
Entwicklungsgeschichte – heimischer Kampfpanzer mit Verzögerungen
Die Entwicklung des Altay war seither von Verzögerungen geprägt, unter anderem durch Herausforderungen bei der Beschaffung einzelner Komponenten. Immer wieder scheiterten Kooperationen mit internationalen Partnern wie Rheinmetall oder dem österreichischen Motorenbauer AVL List.
„Eigentlich wurde erwartet, dass der Kampfpanzer Altay 2015 in die Bestände aufgenommen wird“, erinnerte Cevdet Yilmaz, stellvertretender Präsident der Türkei, im Dezember im türkischen Parlament. „Zu der Verzögerung kam es, weil Deutschland für die Teilsysteme der Konfiguration, insbesondere für Motor und Getriebe, keine Exportgenehmigungen erteilte.“ Die indirekte Kritik an Deutschland, das infolge des angeblichen Putsches im Jahr 2016 deutlich weniger Exportgenehmigungen in die Türkei erteilt hatte, trifft dementsprechend nur bedingt zu. Schließlich sollte der Kampfpanzer Altay bereits vor 2016 geliefert werden.
Im Jahr 2023 wurde zumindest eine neue Produktionslinie in Sakarya eingeweiht, in der nach Angaben des Präsidenten der türkischen Rüstungsindustrie, Haluk Görgün, die Serienproduktion bereits im Sommer 2024 startete, während Yilmaz von einem Beginn der Produktion im August 2025 sprach.
Seit 2023 befinden sich zwei Altay-Panzer zu Testzwecken bei den türkischen Landstreitkräften. Sie verfügen über Motoren und Getriebe aus Südkorea. Nach aktuellem Plan sollen die ersten 40 Kampfpanzer Altay gemeinsam mit der südkoreanischen Power Group produziert werden. Dann soll ein rein türkischer Antrieb zur Verfügung stehen.
Technische Details und Fähigkeiten des Altay
Das nach dem osmanischen Viersternegeneral und Atatürk-Vertrauten Fahrettin Altay benannte Kettenfahrzeug soll ein moderner Kampfpanzer der vierten Generation werden, der mit einer Vielzahl fortschrittlicher Technologien ausgestattet ist. Zu seinen wichtigsten Merkmalen gehören:
- Länge: 7,3 m, (10,3 m inkl. Kanone)
- Breite: 3,9 m
- Höhe: 3,1 m
- Gewicht: ca. 65 Tonnen
- Besatzung: 4 Personen
- Hauptwaffe: 120-mm-Glattrohrkanone (NATO-Standard), MKE 120 mm Kanone
- Feuerrate: 6 Schuss pro Minute
- Sekundärbewaffnung:
- 7,62-mm-Maschinengewehr
- 12,7-mm-Schweres Maschinengewehr
- Munitionstypen: Hochexplosive, Panzerbrechende und programmierbare Munition
- Panzerung: Modulare Kompositpanzerung
- Aktives Schutzsystem: Schutz vor Panzerabwehrlenkwaffen und RPGs
- Motor: 1.500-PS-Motor (derzeit ein Importmodell, später einheimische Produktion geplant)
- Getriebe: Automatisches Getriebe aus 6 Vorwärtsgänge, 3 Rückwärtsgängen
- Maximale Geschwindigkeit: 65 km/h
- Reichweite: Bis zu 500 km
- Federung: Hydropneumatisches Federungssystem für Geländegängigkeit
- Feuerleitsystem: Fortgeschrittenes System für Zielerfassung und -verfolgung
- Sensorik: 360-Grad-Sichtsystem mit Nachtsicht- und Wärmebildkameras
Die Türkei verzichtet beim Altay explizit auf die koreanische Ladeautomatik des K2 Black Panther und setzt weiterhin auf einen Ladeschützen. Die Besatzung des Altay liegt demnach bei vier Soldaten (Kommandant, Richtschütze, Ladeschütze, Fahrer).
Aktueller Stand und Zukunftsperspektiven
Momentan deutet alles darauf hin, dass mit rund 10 Jahren Verzögerung die Serienproduktion des Altay begonnen hat und die ersten Modelle 2025 an die türkischen Streitkräfte ausgeliefert werden können. Das erklärte Ziel ist, bis zu 1.000 Panzer zu produzieren, um die alternden Leopard-1- und Leopard-2-Modelle der Türkei zu ersetzen. Gleichzeitig zeigen mit Aserbaidschan, Saudi-Arabien, Katar und Oman auch weitere Staaten Interesse.
Eine weitere Produktionsfabrik, deren Fertigstellung für Ende 2025 geplant ist, soll die Produktionskapazitäten weiter erhöhen und den Export erleichtern. Diese Entwicklung zeigt, dass die Türkei versucht, den Kampfpanzer Altay auch auf dem globalen Rüstungsmarkt zu positionieren.
Kritik am Kampfpanzer Altay
Verzögerungen bei der Entwicklung und Integration des bisherigen Panzers sorgten jedoch immer wieder zur Kritik. Zwar soll ein rein türkischer Motor kommen, doch bestünden nach Angaben von Kritikern weiterhin viele Abhängigkeiten von ausländischen Komponenten. Das wirft Fragen nach der langfristigen Autarkie des Projekts auf. Kritiker bemängeln zudem die hohen Kosten und die mangelnde Transparenz in Bezug auf die Finanzierung und das Management des Projekts.
Die Kosten eines Kampfpanzer Altay werden derzeit auf 13 bis 15 Millionen Euro geschätzt und liegen damit höher als beim südkoreanischen Original oder auch bei deutschen Kampfpanzern. Erwartbar ist jedoch, dass sich im Zuge der Serienproduktion der Stückpreis weiter reduziert.
Obwohl der Kampfpanzer Altay nach dem erfolgreichen Drohnenprogramm des Landes ein bedeutender Schritt für die türkische Verteidigungsindustrie ist, bleibt abzuwarten, ob er den ambitionierten Erwartungen gerecht werden kann. Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um zu beurteilen, ob der Altay tatsächlich als Symbol für technologische Unabhängigkeit und militärische Stärke etabliert werden kann, oder ob er – wie der ebenfalls von BMC mitverantwortete, angeblich rein türkische Elektro-SUV TOGG, bei dem Batterien, Motor und Design aus Deutschland und Italien kommen – ein weiteres Produkt aus dem Ausland mit türkischem Anstrich wird.
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