Es gab durchaus die Befürchtung in Teilen der Politik und Industrie, dass die Beschaffung der Schweren Waffenträger Infanterie von Australien eine Vorentscheidung für den neuen Radschützenpanzer sei. Zu offensichtlich sind die Vorteile, die sich durch eine große, einheitliche Flotte für die Bundeswehr ergeben.
Je mehr Fahrzeuge von einem Typ, desto einfacher die Organisation der Logistik, Wartung, Ausbildung, Ersatzteilbevorratung, Nachbeschaffung oder Umverteilung der Systeme auf andere Einheiten. Schließlich ist ein Lance-Turm ein Lance-Turm, egal ob er in Australien oder Deutschland gefertigt wurde. Denn anders als beim Schweren Waffenträger Infanterie soll der LaBo zu hundert Prozent aus Deutschland stammen.
Wie cpm Defence Network von Rheinmetall erfahren konnte, würde die Herstellung der Turmstrukturen und die Finalisierung des Turms in Unterlüß stattfinden, die unterschiedlichen Elemente, wie Sichtmittel oder MELLS-Werfer, von verschiedenen Standorten und Herstellern in Deutschland stammen. Womit die Wertschöpfung für die deutsche Industrie umfassend gegeben wäre.
Der Lance-Turm
Der für den LaBo gewählte Lance bietet als bemannter Turm vor allem den Vorteil, dass er unter Schutz von innen nachgeladen werden kann. Dies gilt sowohl für die Hauptwaffe MK30 als auch die Sekundärbewaffnung des Turms, das Maschinengewehr mit Kaliber 7,62 x 51 mm.
Bei der Hauptwaffe handelt es sich um dieselbe 30mm-Maschinenkanone, die auch der Schützenpanzer Puma besitzt, nur dass sie beim LaBo in einem bemannten Lance-Turm integriert ist, während sie beim Schützenpanzer Puma in einem unbemannten Turm sitzt – und beim Puma aus diesem Grund von außen nachgeladen werden muss. Analog zum Puma kann auch der Lance-Turm während der Fahrt erfolgreich wirken, sowohl mit der Haupt- als auch mit der Sekundärbewaffnung.
Der moderne Turm verfügt über systemoffene Schnittstellen, welche die leichte Integration unterschiedlicher Komponenten mittels Plug and Fight erlauben.
Der Innenraum des Boxers – der als Fahrmodul die Grundlage des LaBo bildet – ist beim Lance-Turm etwas reduziert im Vergleich zu anderen Varianten, was allerdings durch die Anordnung der Bediener ausgeglichen wird. Der Kommandant und der Richtschütze sitzen im Turmkorb, in dem auch die Bedienelemente untergebracht sind.
Das BAAINBw fordert für den zukünftigen Radschützenpanzer eine Besatzung von drei Bedienern plus sechs Infanteristen, was der LaBo natürlich erfüllt.
Durch die mitführbare Reserve an Munition ist ein 72-Stunden-Kampftag abbildbar. Weitere Details zur Munition verbietet die Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen Deutschlands, aber alle zur Abgabe eines Angebots aufgeforderten Unternehmen bzw. deren Boxer-Varianten können eine sehr ähnliche Menge an 30mm-Munition für ihre Hauptwaffe mitführen.
Besonderheiten des LaBo
Viele Vorteile des LaBo ergeben sich aus den Entsprechungen mit dem Schweren Waffenträger Infanterie (sWaTrInf) bzw. dem australischen Boxer CRV. Mit den 123 bestellten sWaTrInf sind die deutschen Spezifika bereits in diese Boxervariante eingeflossen, der Turm ist auf dem Boxer zugelassen und nach der Lieferung der ersten 19 Serienfahrzeuge ab 2025 ist der Boxer Lance in der Bundeswehr eingeführt.
Zudem ergeben sich Synergien mit dem australischen Boxer-Programm, da auf deren CRV verschiedenste moderne Sensoren und Fähigkeiten ebenfalls erprobt und eingeführt werden. So besteht etwa die Möglichkeit, Kleinstbedrohungen aus der Luft – z.B. günstige kommerzielle Drohnen mit Sprengstoff als Payload – mittels Airburst-Munitionstechnologie zu bekämpfen. Besondere Munition wie Nebel lässt sich bei Bedarf ebenfalls während der Fahrt und unter Schutz nachladen, um schnell auf neue Bedrohungen reagieren zu können. Auch ist die Kommunikation mit abgesessenen Kräften im Gefecht außerhalb des eigenen Funks möglich, was etwa bei multinationalen Einsätzen notwendig werden kann.
Sollten die Sensoren des LaBo ausfallen, ist das Führen, Orientieren, Sehen und Hören über Luke möglich, sodass auch hier trotz des Ausfalls einzelner Komponenten immer noch die Mission erfüllt werden kann.
Beschaffung Radschützenpanzer für die Bundeswehr
Der Auftrag für die neuen Radschützenpanzer für die Bundeswehr ist allein schon aufgrund der Stückzahl noch einmal deutlich größer als die Beschaffung des Schweren Waffenträgers Infanterie. Mögliche Lösungen für den RadSPz stehen bereit, wie der hier vorgestellte LaBo.
Sollte sich ein Vertrag noch in diesem Jahr tatsächlich realisieren lassen, dann wäre das ein für eine deutsche Beschaffung erstaunlich schnelles Tempo, das deutlich macht, wie sehr das Deutsche Heer im Zuge der Zeitenwende neue Waffen benötigt. Denn eine Armee besteht nicht nur aus gut geschulten Soldaten, erst im Zusammenspiel mit modernen Systemen ergibt sich die Kampfkraft. Hier bietet der Boxer als Fahrmodul und Standard für die Mittleren Kräfte ein enormes Potential.
Doch erst einmal müssen die Unternehmen ihre Angebote abgeben, das BAAINBw diese prüfen und der Haushaltsausschuss die Mittel bewilligen, bevor die deutschen Soldaten ihre neuen Radschützenpanzer erhalten. Doch wenn diese dann kommen, werden sie einen enormen Fähigkeitszuwachs bedeuten.