Was macht Urban Industries am Standort in Hagen?
Urban Industries hat sich spezialisiert auf die Bearbeitung von hochfesten Stählen und ballistischen Stählen – sogenannte Panzerstähle. Wir haben 40 Jahre Erfahrung in diesem Bereich und haben in den letzten drei Jahren unser Unternehmen stark expandiert. Wir haben Kapazitäten aufgebaut, um eben den zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden.
Bei diesem Wachstum haben wir uns auch darauf fokussiert, dass wir die Technologietiefe erweitern. An unserem neuen Standort in den Niederlanden können wir jetzt auch Bleche schneiden, schweißen und komplette Baugruppen herstellen.
Das ist auch die Richtung, in die wir gehen wollen: Wir wollen von Tier-2 in Richtung Tier-1. Denn als Tier-2 beliefern wir bisher die Tier-1-Lieferanten, die dann unsere Vorprodukte verarbeiten und an die großen OEMs liefern. Wir als Urban Industries wollen eben jetzt von Tier-2 zu Tier-1 wachsen. Das würde bedeuten, dass die OEMs dann direkt bei uns Bauteile, Baugruppen oder Produkte kaufen können.
Jetzt ist es ja so, dass Sie vor kurzem Insolvenz angemeldet haben. Woran liegt das, wenn es doch eigentlich mit der Rüstungssparte bergauf geht?
Ja, das ist tatsächlich ein schlechter Albtraum. Also so ganz verstehe ich es auch nicht. Wir pflegen eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit all unseren Kunden; aber auch mit unseren Lieferanten und Mitarbeitern. Wir haben die genannten Kapazitäten aufgebaut, weil eben seit zwei, drei Jahren Stimmen laut werden, dass man ein Kapazitätsproblem habe oder haben werden.
Aufgrund dieser Rufe aus der Politik haben wir uns entschieden, die neue Fabrik in den Niederlanden weiter auszubauen, als wir das eigentlich geplant hatten. Dadurch, dass wir schon so viele Jahrzehnte Erfahrung haben in diesem Bereich, kann ich die jetzige Situation gar nicht verstehen, da wir früher sogar mehr zu tun hatten als heute.
Das passt einfach nicht mit der Erzählung überein, dass die Rüstungsindustrie boomen würde. Ich glaube zwar, dass der Markt im Bereich Drohnen tatsächlich boomt. Auch was die seit Jahren überfälligen Beschaffungen für den Soldaten angeht, glaube ich das – Unterhosen, Schlafsäcke, Zelte und so was. Aber bei den Fahrzeugen hängt es unheimlich hinterher.
Dafür gibt es wahrscheinlich verschiedene Gründe, wie die starke Abhängigkeit von den Vormateriallieferanten. Aber auch, dass vermutlich die eigentlichen OEMs ein eigenes Produktionsproblem haben, zum Beispiel beim Schweißen. Die können ihre Kapazitäten nicht so stark hochfahren, wie es jetzt eigentlich notwendig wäre.
Gehen Sie denn davon aus, dass sich das bald ändert?
Es gibt verschiedene Nachrichten zu lesen, nach denen beispielsweise ein deutscher OEM ein altes Zugwerk in der Nähe von Görlitz gekauft hat. Also die tun auf jeden Fall alle was. Die Frage ist natürlich, inwiefern werden sie es schaffen, weil wir stehen ja alle vor den gleichen Herausforderungen, beispielsweise den Facharbeitermangel. Herstellung und Verarbeitung dieser besonderen Stähle bedeuten, dass man sehr gute Mitarbeiter haben muss, die das auch tatsächlich umsetzen können.
Und der andere OEM aus dem Rheinland ist auch ständig mit Überlegungen in der Presse, Automobilfabriken aufzukaufen und darin die Produktion auszuweiten. Also ich glaube schon, dass sich was tun wird. Die Frage ist nur, wann geht es los und hoffentlich dauert es nicht zu lange, weil ziemlich viele Firmen in unserer Größe haben gerade schon zu viele Kapazitäten für das, was auf dem Markt gerade benötigt wird.
Stichwort Fachkräftemangel: Ist das ein Problem für Urban Industries?
In Deutschland haben wir kein Problem mit Facharbeiterakquise. Das liegt daran, dass wir sehr stark in den sozialen Medien vertreten sind. Es liegt aber auch daran, dass wir unsere Mitarbeiter selber formen. Wir legen keinen großen Anspruch auf die schulische Bildung oder den Werdegang eines Mitarbeiters, sondern wir schauen darauf, was bringt er für einen Geist mit und ist er motiviert, etwas zu lernen. Dann stecken wir Arbeit in den Mitarbeiter und dadurch haben wir eigentlich so gut wie immer den passenden Kandidaten für die Arbeit vor Ort.
Sie haben in den Niederlanden auch Kapazitäten aufgebaut. Was macht gerade den Standort in den Niederlanden aus?
Ich persönlich habe 18 Jahre in den Niederlanden gelebt und bin 2005 zurückgekommen nach Deutschland, um den Familienbetrieb irgendwann zu übernehmen. Ich hatte immer schon so ein bisschen das Gefühl, dass ich auch gerne wieder etwas in den Niederlanden machen möchte. Und nach dem Hochwasser in Hagen war es vielen Kunden ein Dorn im Auge, dass alles so an einem Standort ist bei Urban Industries – Stichwort Standortrisiko.
Für mich war auf jeden Fall gegeben, dass ich einen zweiten Standort baue. So fiel dann die Wahl auf die Niederlande. Auch, weil da ein großer Kunde von uns sitzt, der eng mit uns zusammenarbeitet. Ein weiterer Grund lautet, dass die niederländische Regierung ein sogenanntes Offset-Geschäft braucht.
Das bedeutet, dass die dortigen Behörden beim Kauf eines deutschen Fahrzeuges einen Teil der Wertschöpfung im eigenen Land verlangen. Dadurch, dass wir einen Standort haben in den Niederlanden, können wir mit unseren Erfahrungen in diesem Bereich trumpfen. Wir können bewährte Qualität liefern – aber eben in den Niederlanden hergestellt.
Letzte Frage zu Ihrer Einschätzung der Rüstungsindustrie. Sie sagten, Sie würden sich nicht als Rüstungsunternehmen bezeichnen. Wer sind Sie dann und wie blicken Sie auf die Rüstungsindustrie?
Also ich blicke natürlich positiv darauf, auch auf die eigentliche Wertschöpfung in der Rüstungsindustrie. Ich glaube, wir bauen in Deutschland hervorragende Produkte, die eben qualitativ hochwertig sind und auch sich bewähren – insbesondere in der Ukraine. Ja, ich glaube, wir haben eine gute Zukunft in der Rüstungsindustrie. Ich würde uns selber allerdings nicht als Rüstungsunternehmen bezeichnen, weil wir eben klassische Metallverarbeitung betreiben. Wir bearbeiten Stahlplatten und haben das Augenmerk gelegt auf hochfeste Stähle und ballistische Stähle, eben Panzerstahl genannt.
Daraus hat eine deutsche Zeitung dann gemacht, wir seien ein Rüstungsunternehmen. Wie gesagt, ich würde mich selber nicht so bezeichnen, auch wenn natürlich 90 Prozent unseres Geschäfts die Rüstungsindustrie betrifft. Letztendlich sind es Stahlplatten mit besonderen Materialeigenschaften.
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