Keine Beschaffung aus der Schweiz – Droht ein deutscher Lieferbann?

Aufregung in der Eidgenossenschaft: Der größte Abnehmer schweizerischer Rüstungsgüter – Deutschland – könnte zukünftig auf Beschaffung aus der Schweiz verzichten. Ein Brief an die dortige Beschaffungsbehörde armasuisse deutet an, was in Branchenkreisen aufgrund der strengen Neutralität des Landes schon länger befürchtet worden war. Worum es tatsächlich in dem Brief geht, konnte cpm Defence Network in Erfahrung bringen.

Beschaffung aus der Schweiz: Rüstungsgüter aus der Schweiz, Symbolbild.
Rüstungsgüter aus der Schweiz, Symbolbild.
Illustration: KI

Schon seit einer Woche spekulieren schweizerische Boulevard-Medien mit einem dezenten Anflug von Panik über einen Brief aus Deutschland – ohne konkrete Informationen zu liefern. Zuerst berichtet hatte die französischsprachige Zeitung „Les Temps“ über besagtes Schriftstück, nachdem zukünftig schweizerische Produkte von deutschen Beschaffungsvorhaben ausgeschlossen werden sollen. Sollte der größte Abnehmer schweizerischer Rüstungsgüter tatsächlich auf Beschaffung aus der Schweiz verzichten?

Konkret geht es jedoch nur um das Vergabeverfahren für stationäre multispektrale Tarnausstattung (SMT). „Diese Technologie ist durch die Bundesregierung als Schlüsseltechnologie der Kategorie Schutz eingestuft“, erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums gegenüber cpm. Diese Technologie würde ein wesentliches nationales Sicherheitsinteresse Deutschlands betreffen.

Risikofaktor „Beschaffung aus der Schweiz“

Das allein ist jedoch kein Grund, das schweizerische Unternehmen – welches sich an der Ausschreibung von 100.000 Stück SMT beteiligen wollte – vom Vergabeverfahren auszuschließen. Grund sei vielmehr, dass „keinerlei geografische oder andere Nutzungseinschränkungen“ bei den Tarnausstattungen vorhanden sein dürfen.

Die Produktionsstätte des Unternehmens müsse daher in der EU liegen, die Zugehörigkeit zur Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) reiche dafür nicht. Das Unternehmen wandte sich daraufhin an das schweizerische Beschaffungsamt armasuisse und bat um Unterstützung – erfolglos.

Die Nachfrage beim Ministerium in Deutschland brachte Klarheit in Form des genannten Briefes: Die Ausschreibung bezieht sich ausschließlich auf EU-Staaten und schließt eine Lieferung aus EFTA-Staaten und damit eine Beschaffung aus der Schweiz ausdrücklich aus.

Schlechte Erfahrung mit Gepard-Munition aus der Schweiz

In der Schweiz wird wohl nicht zu Unrecht vermutet, dass seinerzeit die Blockadehaltung bezüglich Gepard-Munition für die Ukraine Auslöser des Vorgangs sei. Deutschland hatte nach Beginn der russischen Vollinvasion dutzende Gepard-Panzer zur Luftverteidigung an das angegriffene Land geliefert.

Doch die dazugehörige Munition war ursprünglich einmal eine Beschaffung aus der Schweiz. Die Eidgenossen verweigerten die Lieferung von Munition des benötigten Kalibers 35mm mit Verweis auf ihre Neutralität. Erst als rund ein Jahr später Hersteller Rheinmetall die Produktion aus der Schweiz nach Niedersachsen verlegte, konnte die Ukraine ihre Gepard adäquat einsetzen.

Einzelfall oder Politikwechsel?

Auch wenn es im Brief aus Deutschland nur um ein Beschaffungsprojekt – die stationäre multispektrale Tarnausstattung – ging, dürfte die Unruhe in der Schweiz nicht unbegründet sein. Wenn Deutschland die Schweiz und andere EFTA-Staaten einmal mit der Begründung „Schlüsseltechnologie“ von einer Ausschreibung ausgeschlossen hat, könnte dies leicht auch noch ein zweites und drittes Mal erfolgen.

Dennoch betonte der Sprecher des Verteidigungsministeriums: „Das Schreiben diente der Klarstellung in Bezug auf das konkrete Projekt. Eine generelle Aussage bezüglich auch zukünftiger Ausschlüsse von Schweizer Rüstungsunternehmen wurde weder getroffen noch war dies beabsichtigt.“

Sollten sich jedoch die Genehmigung bei zukünftigen Lieferungen von in der Schweiz gefertigten Materials an die Ukraine leichter abwickeln lassen, könnte ein solcher Politikwechsel in der Schweiz auch bei den deutschen Beschaffern andere Weichen stellen in Bezug auf zukünftige Ausschreibungen und Beschaffung aus der Schweiz stellen.

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