Die Verbesserung der gemeinsamen Pionierfähigkeiten ist das Ziel des Zusammenschluss von 17 der 31 NATO-Staaten zum Military Engineering Centre of Excellence (MilEeng CoE). Neben dem Austausch von neuen Konzepten und Erfahrungsberichten aus der Praxis gehört auch der alljährlich stattfindende MilEng CoE Industry Day zu den Aktivitäten der Gruppe. Mit 91 Ausstellern in zwei Hallen und dem Außenbereich der Pionierkaserne auf der Schanz in Ingolstadt fand am 6. Dezember 2023 der bisher größte Industrietag der Pioniere statt. Die wichtigsten Eindrücke hat cpm Defence Network in zwei Artikeln eingefangen.
Der MilEng CoE Industry Day bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihr Fachwissen darüber einzubringen, wie die neueste Technologie im Bereich der Militärtechnik zum Nutzen von Sicherheit und Stabilität weiterentwickelt werden kann. In diesem Jahr mit dabei auch die Global Clearance Solutions AG (GCS) aus der Schweiz, die mit gleich sechs Experten eigene Produkte präsentierte. Im Mittelpunkt standen die fernbedienbaren Plattformen GCS-100 und GCS-200 zur Minenräumung sowie tragbare Störgeräte zum Schutz von Schlüsselstellen und Personen.
Georg Stirnimann (GCS Symlab) zeigte beispielsweise die Vorteile des Reactive Manpack Jammers, der mit Störsignalen im Frequenzbereich von 20 MHz bis 6 GHz über drei Antennen sowohl aktiv, als auch reaktiv und hybrid gegen Drohnen oder ferngesteuerte Sprengfallen eingesetzt werden kann. Das Gerät stört dabei gezielt die Signale, die es empfängt und lässt sich somit als Konvoi-, VIP-Schutz oder Schutz von kritischer Infrastruktur einsetzen.
MilEng CoE Industry Day – Von der Minenräumung bis zum Lego für Soldaten
Auch bei anderen Ausstellern ging es in diesem Jahr verstärkt um Minenräumung, was nicht zuletzt dem exzessiven Einsatz von Minen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geschuldet sein dürfte. Ein schnellerer Ansatz der Kampfmittelräumung soll zukünftig von Drohnen übernommen werden. Die Drohne Peregrine von Wargdrones soll mit seinen acht Motoren und seinem Gewicht von 25 kg schnell über zu entschärfende Kampfmittel fliegen und diese mit einem gezielten Schuss unschädlich machen. Dazu hat sie den Lance Disrupter von Canadian Technology Systems (CTS) auf einem zweiachsigen Gimbel verbaut, wodurch die Drohne mit einem Winkel von 135° wirken kann.
Eine andere Lehre aus dem russischen Krieg gegen die Ukraine ist die Rückkehr des Stellungskriegs. Auch hier kommen die Hersteller mit neuen Ideen auf den Markt, die besonders in den Punkten Geschwindigkeit und leichter Handhabung Vorteile besitzen. Der Spezialist von Kabelschächten aus Plastik, ROMOLD, zeigte in Ingolstadt beispielsweise ein neues Klicksystem, mit dem Gräben durch Metallstangen und Kunststoffelemente bei gleicher Stabilität wesentlich schneller ausgebaut werden können als durch den herkömmlichen Einsatz von Holzbalken. Der Aufbau eines Prototypen durch Teile der Infanterieschule Hammelburg konnte einen ca. 35 m langen Graben mit vier Kampfständen in einem Drittel der üblichen Zeit errichten.
Das britische Unternehmen Quick Block setzt sogar noch mehr auf das Prinzip Lego. Faltbare Kunststoffkästen können hier mit wenigen Handgriffen zu Mauern und ganzen Gebäuden gestapelt werden. Einsatzmöglichkeiten finden die leichten „Legosteine“ unter anderem im Bereich der humanitären Hilfe, wo schnell größere Unterkünfte errichtet werden müssen. Auch Streitkräfte verwenden Quick Blocks, um beispielsweise Checkpoints zu errichten oder im Häuserkampf Fensteröffnungen zu sperren. Für einen ballistischen Schutz können die Blöcke mit Sand oder anderen Materialien befüllt werden. Bei Quick-Block bestehen die Bausteine zudem aus 100 Prozent recyceltem Kunststoff.
Rückendeckung aus der Politik
Neben anderen hochrangigen Besuchern des Industrietages war auch MdB Dr. Reinhard Brandl (CSU), Mitglied des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages sowie des Gremiums „Sondervermögen Bundeswehr“, vor Ort, um ein Grußwort zur Eröffnung zu sprechen und sich selbst ein Bild des gezeigten Geräts zu machen. „Wie Sie wissen“, erinnerte der Politiker, „befinden sich die deutschen Streitkräfte mitten in der sogenannten Zeitenwende. Die Investitionen in unsere Armee steigen und was wir brauchen, um unsere Truppe effizienter und besser zu rüsten, ist eine starke Zusammenarbeit mit der Industrie.“
Es gehe daher verstärkt um Material und ein besseres Verständnis der Industrie dafür, welche Bedürfnisse die Bundeswehr und die Streitkräfte der teilnehmenden NATO-Verbündeten haben, erklärte Dr. Brandl. Andererseits ermögliche der MilEng CoE Industry Day auch bei der Truppe „ein besseres Verständnis dafür, was möglich ist und was von der Industrie geliefert werden kann“, so der Politiker.
Deutlich wurde der Austausch zwischen Militär und Industrie später bei einem Gespräch zweier Stabsoffiziere der Pioniertruppe mit dem Hersteller einer Richtmine. Die Soldaten zeigten sich mit dem Gerät selbst sehr zufrieden, wünschten sich jedoch die Möglichkeit, die Richtminen auch in Reihe zu schalten, um schneller Sperren anzulegen. Der Hersteller nahm diesen Hinweis dankbar auf.
Morgen folgt der zweite Beitrag zum MilEng CoE Industry Day, in dem weitere Aussteller und Lösungen für die Pioniertruppe vorgestellt werden – unter anderem Traktoren im „Feldeinsatz“ und verlegbare Brücken.
Navid Linnemann
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