Auch wenn es sich bei der NATO um ein Bündnis handelt, welches im Fall der Fälle die länderübergreifende Verteidigung des Bündnisgebiets organisieren soll, spielt sie ebenso eine wichtige Rolle bei der Stärkung und Entwicklung der Rüstungsindustrie in ihren Mitgliedsstaaten. Ohne qualitativ und quantitativ ausreichend vorhandenes Material reichen die militärischen Fähigkeiten der Mitgliedsländer nicht aus, um sich wirksam zu verteidigen – geschweige denn abzuschrecken. Um diese Aufgabe zu erfüllen, stehen der NATO mehrere Möglichkeiten zur Verfügung.
Angesichts der wachsenden Bedrohungen in der Welt hat die NATO ihre Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie erheblich verstärkt, um sicherzustellen, dass die Alliierten über die notwendigen Ressourcen verfügen, um sich gegen aktuelle und zukünftige Bedrohungen zu verteidigen.
Aktuelle Herausforderungen der Rüstungsindustrie
Die Notwendigkeit, neue Technologien schneller in bestehende Produkte zu integrieren, ist eine von drei wesentlichen Herausforderungen heutiger Verteidigungsunternehmen. Die anderen beiden sind, die Produktionskapazitäten zu erhöhen und die Lieferketten zu sichern.
Die NATO hat erkannt, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen den nationalen Regierungen, der – teils multinationalen – Industrie und dem Bündnis selbst entscheidend ist, um diesen Herausforderungen effektiv zu begegnen.
Strategien der NATO zur Unterstützung der Verteidigungsindustrie
Die NATO hat mehrere strategische Initiativen ins Leben gerufen, um die Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie zu intensivieren und die Bündnisverteidigung zu stärken. Dazu zählen:
- Defence Production Action Plan (DPAP): Dieser 2023 ins Leben gerufene Aktionsplan zielt darauf ab, die Produktion wesentlicher militärischer Güter zu beschleunigen und die Fähigkeit der Alliierten zu verbessern, auf Bedrohungen zu reagieren. Der DPAP betont die Notwendigkeit der Steigerung der Produktion von Munition, Waffen und anderen kritischen Verteidigungsgütern.
- Integration neuer Technologien: Die NATO legt großen Wert auf die Integration fortschrittlicher Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI), Hyperschallwaffen und Cyberabwehr in die militärischen Fähigkeiten der Mitgliedstaaten. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit der Industrie, um sicherzustellen, dass diese Technologien schnell und effektiv eingesetzt werden können.
- Sicherung der Lieferketten: Angesichts der zunehmenden globalen Unsicherheiten hat die NATO Maßnahmen ergriffen, um die Stabilität und Sicherheit der Lieferketten für militärische Güter zu gewährleisten. Dies beinhaltet auch die Diversifizierung von Lieferquellen – beispielsweise bei Chips – und die Förderung der Eigenständigkeit innerhalb der Allianz.
Das Versprechen – NATO Industrial Capacity Expansion Pledge
Unter dem Titel NATO Industrial Capacity Expansion Pledge wurde beim diesjährigen NATO-Gipfel in Washington explizit das Versprechen gemacht, eine Steigerung der Industriekapazitäten zu erreichen. Es soll sichergestellt werden, dass die Allianz auch langfristig über die notwendigen Ressourcen verfügt.
Dabei handelt es sich um ein langfristiges uns systematisches Engagement, das darauf abzielt, Investitionen in die Verteidigungsproduktion zu fördern und die Zusammenarbeit zwischen den Alliierten und der Rüstungsindustrie zu stärken. Zunächst sind alle Mitgliedsstaaten aufgefordert, eigene Pläne zu entwickeln, wie die jeweilige Rüstungsindustrie gestärkt, und Produktionskapazitäten aufgebaut werden können.
Weiterhin heißt es: „Die gemeinsame Beschaffung ist von zentraler Bedeutung für die Stärkung der Interoperabilität und Austauschbarkeit und bietet ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis. Bestehende, bewährte Rahmenwerke, einschließlich der von der NATO Support and Procurement Agency (NSPA) angebotenen, sind stärker zu nutzen und nationale Rahmenverträge, soweit möglich, für die Teilnahme anderer Verbündeter zu öffnen.“
Auch die Zusammenarbeit mit Nicht-NATO-Staaten, wie Australien, Japan, Neuseeland und der Republik Korea soll in diesem Zusammenhang gestärkt werden. Das Ziel ist, durch die Schaffung und Einhaltung von NATO-Standards, wie beispielsweise dem Kaliber von Artilleriemunition, immer stärker zusammenzuwachsen.
Die wichtigsten Koordinierungsmechanismen der NATO-Industriezusammenarbeit
Die NATO steuert die Entwicklung von Fähigkeiten und die Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie durch mehrere Gremien und Strukturen. Diese sind:
- Die Konferenz der Nationalen Rüstungsdirektoren (Conference of National Armaments Directors, CNAD). Dieses zentrale Gremium vereint die ranghöchsten nationalen Beamten, die in den NATO-Mitglieds- und Partnerländern für die Rüstungsbeschaffung zuständig sind.
- Die CNAD setzt die Entscheidungen um, die im Rahmen des NATO-Verteidigungsplanungsprozesses (NATO Defence Planning Process, NDPP) von den Verbündeten getroffen werden. Durch den NDPP identifiziert die NATO die benötigten Fähigkeiten und fördert deren Entwicklung sowie den Erwerb durch die Verbündeten.
- Das Defence Industrial Production Board wurde im Dezember 2023 als Ergebnis des oben bereits erwähnten Defence Production Action Plans ins Leben gerufen. Dieses Gremium versammelt Experten aus den NATO-Ländern, die für industrielle Planung und Beschaffung im Rüstungsbereich verantwortlich sind. Ziel ist es, bewährte Verfahren in der Verteidigungsplanung sowie in Bereichen wie Beschaffung und Lieferketten auszutauschen. Das Board trifft sich regelmäßig und berichtet dem CNAD.
- Die Industrie-Beratungsgruppe der NATO (NATO Industrial Advisory Group, NIAG) ist ein hochrangiges Gremium, das sich aus führenden Figuren der Rüstungsindustrie der NATO-Verbündeten und Partnerländer zusammensetzt. Sie berät die CNAD in Fragen der Förderung der Rüstungskooperation zwischen Regierungen und Industrien sowie innerhalb der Allianz.
- Die Agentur für Unterstützung und Beschaffung der NATO (NATO Support and Procurement Agency, NSPA) ist ebenfalls ein wichtiger Akteur in den Logistik- und Beschaffungsaktivitäten der NATO. Sie beschafft, betreibt und wartet eine breite Palette von Fähigkeiten, die der NATO, ihren Verbündeten, Partnern und anderen internationalen Organisationen zugutekommen. Aktuell unterstützt die NSPA beispielsweise Deutschland bei der Beschaffung neuer Patriot-Systeme von der Rüstungsindustrie.
Unterstützung der Ukraine und Stärkung der NATO-Verteidigung
Seit der Vollinvasion Russlands in die Ukraine hat die NATO ihre Unterstützung für das Land erheblich verstärkt. Dies umfasst nicht nur militärische Hilfe, sondern auch die Bereitstellung von Ressourcen und die Unterstützung bei der Wiederherstellung und Modernisierung der ukrainischen Verteidigungsinfrastruktur.
Indem die NATO eine größere Rolle bei der Stärkung der Rüstungsindustrie und der militärischen Fähigkeiten ihrer Mitgliedstaaten spielt, stärkt sie im gleichen Atemzug auch die Ukrainehilfen.
Durch mehrere, gezielte Initiativen und eine enge Zusammenarbeit mit der Industrie versucht die NATO sicherzustellen, dass die Alliierten auf aktuelle und zukünftige Bedrohungen vorbereitet sind.
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