Verteidigungsindustrie: Strategiepapier ist ein guter Anfang

„Unser Appell an die Politik, die Zeit bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung nicht verstreichen zu lassen, sondern zu nutzen“, forderte Dr. Hans Christoph Atzpodien, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e. V. (BDSV), mit Blick auf die gestern im Bundeskabinett beschlossene Nationale Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie. Auch andere Stimmen in der Industrie äußerten sich noch gestern zum Strategiepapier, welches als wichtiger „Zwischenschritt“ gesehen wird.

Kommentieren das Strategiepapier: Marie-Christine von Hahn, Hauptgeschäftsführerin des BDLI, und Dr. Hans Christoph Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des BDSV.
Kommentieren das Strategiepapier: Marie-Christine von Hahn, Hauptgeschäftsführerin des BDLI, und Dr. Hans Christoph Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des BDSV.
Collage: BMVg, BDLI, BDSV

Die neue Nationale Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie will all jene Unternehmen mit Sitz in Deutschland in den Fokus nehmen, die einen wesentlichen Teil ihres Umsatzes im Bereich der zivilen Sicherheit oder der militärischen Landes- und Bündnisverteidigung erwirtschaften – unabhängig, ob es sich um Güter oder Dienstleistungen handelt. Ebenso gehören jene Unternehmen dazu, die sich beispielsweise als Zulieferer in der Wertschöpfungskette befinden.

Im Allgemeinen soll mit dem Strategiepapier der Regierung die gesamte Branche, im Speziellen jedoch sogenannte Schlüsseltechnologien gefördert werden. Dazu nennt das Papier Maßnahmen wie Dialogformate zwischen Industrie und Politik, aber auch die Anpassung von als hemmend empfundener Regularien.

Positive Aufnahme in der Industrie

„Mit Blick auf die gewaltigen Herausforderungen, um die Fähigkeitslücken der Bundeswehr zu schließen und weiter einen Beitrag zu Unterstützung der Ukraine zu leisten, bedarf es vor allem einer schnellen Operationalisierung der in der Strategie erwähnten Handlungsfelder“, stellte Dr. Hans Christoph Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des BDSV, fest. Grundsätzlich bewertet er die Verabschiedung des Strategiepapiers als konstruktiven Ansatz der noch amtierenden Bundesregierung.

„Zu wünschen ist“, ergänzte Dr. Atzpodien, „dass wir als Industrie mit der neuen Bundesregierung unmittelbar auf den verabschiedeten und in den nächsten Monaten weiterzuentwickelnden Ergebnissen aufsetzen können und diese dann im Dialog mit uns weiter bearbeitet werden können.“

Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie e. V. (BDLI), Marie-Christine von Hahn, hob besonders die aus ihrer Sicht wichtige Betrachtung von Weltraumanwendungen und unbemannten Systemen als Schlüsseltechnologien im neuen Strategiepapier hervor. „Diese Strategie ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte von Hahn.

Die Hauptgeschäftsführerin des BDLI resümierte: „Nicht zuletzt öffnet die Strategie Möglichkeiten, den strategischen Export von Rüstungsgütern zu vereinfachen und politisch zu flankieren. Das ist dringend nötig, damit insbesondere europäische Gemeinschaftsprojekte im internationalen Wettbewerb nicht künstlich benachteiligt werden. Unsere Industrie steht bereit, den Dialog fortzusetzen und ihren Beitrag zur Souveränität Deutschlands zu leisten.“

Die Stimmen aus der Industrie machen deutlich, dass das Strategiepapier eine gute Grundlage bildet, diese jedoch in einen intensiven Dialog zwischen Politik und Industrie überführt werden muss. Hier hängt viel von der kommenden Bundestagswahl am 23. Februar 2024 und der darauf folgenden Regierungsbildung ab.

Der Ball liegt weiterhin im Spielfeld der Politik

Kritiker der neuen nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie mahnen an, das Strategiepapier gehe zwar in die richtige Richtung, werde jedoch ohne Weiterentwicklung und konkrete Umsetzung nur wenig Wirkung entfalten. Womöglich auch ein Grund, dass die Industrie schon einen Schritt weiter denkt – vielleicht auch zu weit.

Wie der Spiegel in dieser Woche berichtete, besuchte Dr. Atzpodien jüngst den CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz, um diesem mit einem Zehnpunkteplan auf industrieseitige Forderungen nach der Bundestagswahl einzustimmen. Von „totale Verteidigung erfordert schnelle Ausführung“ war laut Spiegel die Rede. Für den Chef des BDSV eine trotz der Wortwahl verständliche Forderung nach mehr Geld, mehr Planbarkeit, mehr Waffenexporte und mehr Fabriken.

Mit Blick auf den Bau von Fabriken solle es „Ausnahmen von Umweltgesetzen“ geben, fordert Dr. Atzpodien. Ob diese nach einem Regierungswechsel unter einem Kanzler Robert Habeck oder einem Wirtschaftsminister Habeck in einem Kabinett Merz kommen sollten, ist mehr als fraglich. Denn Habeck dürfte unter einer Absenkung von Bürokratie im Strategiepapier eher Ausschreibungs- oder Finanzierungsregularien verstehen als solche zum Umweltschutz.

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DeutschlandNationale Sicherheits- und VerteidigungsindustriestrategieRobert HabeckRüstungsindustrieVerteidigungsindustrie
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