ASAP wird konkret – Den Enforcer bezahlt jetzt die EU

Angesichts der in ganz Europa knapper werdenden Munitionsvorräte haben sich das EU-Parlament und der Rat der Europäischen Union bereits im Juli vergangenen Jahres auf den „Act in Support of Ammunition Production“ (ASAP) geeinigt. Über 500 Millionen Euro sollen in die industrielle Stärkung der Produktion und Lieferketten von Munition und Raketen in der EU fließen. Jetzt kristallisiert sich heraus, welche konkreten Projekte von der EU in welcher Höhe finanziert werden. Neben dem Enforcer von MBDA Deutschland stehen noch andere deutsche Unternehmen auf der Liste.
Sitz der Europäischen Kommission – Hier startete die ASAP-Verordnung mit dem Ziel, die Produktionskapazitäten von Munition und Raketen in Europa zu erhöhen.
Sitz der Europäischen Kommission – Hier startete die ASAP-Verordnung mit dem Ziel, die Produktionskapazitäten von Munition und Raketen in Europa zu erhöhen.
Foto: Bundesregierung / Güngör

Zugegeben: Bei der Abkürzung ASAP denkt man zunächst an die englische Abkürzung für „As Soon As Possible“ (So schnell wie möglich), doch beim „Act in Support of Ammunition Production“ (ebenfalls ASAP abgekürzt) hat auch die EU-Kommission zweifelsfrei eine Beschleunigung im Sinn. Die Verordnung soll mit Fördermitteln von über 500 Millionen Euro die Produktionskapazitäten von Munition und Raketen in Europa zu stärken.

Die russische Vollinvasion in der Ukraine in 2022 hatte einerseits die Unterstützung demokratischer Staaten mit Waffen und Munition notwendig gemacht, andererseits – insbesondere in Deutschland – die äußerst niedrigen eigenen Bestände vor Augen geführt. Von „Munition für zwei Tage“ war oft die Rede. Nur langsam konnte sich die Notwendigkeit zur Eröhung der Produktionskapazitäten in Politik und Gesellschaft durchsetzen.

Die EU-Kommission beschritt 2023 den dreigleisigen Weg, die Mitgliedstaaten zu Lieferungen an die Ukraine zu animieren (Gleis 1) die gemeinsame Beschaffung von Munition voranzubringen (Gleis 2) und mit der ASAP-Verordnung die Produktionskapazitäten für Munition und Flugkörper in der Union effizient auszubauen (Gleis 3). Die durch die Verordnung geförderten Projekte sollen eine Laufzeit von maximal 36 Monaten haben.

Die 500 Millionen Euro des ASAP-Programms verteilen sich wie folgt:

  • Sprengstoffe: 124 Millionen Euro;
  • Pulver/Treibladungen: 248 Millionen Euro;
  • Hülsen: 90 Millionen Euro;
  • Raketen/Lenkflugkörper: 50 Millionen Euro;
  • Prüf- und Aufarbeitungszertifizierung: rund zwei Millionen Euro.

Insgesamt 31 förderungswürdige Projekte wurden durch die Europäische Kommission für das dritte Gleis der ASAP-Verordnung ausgemacht und in diesem Monat veröffentlicht. Im Mai sollen die konkreten Finanzhilfen in Verträgen mit den Unternehmen besiegelt werden. Zehn Millionen Euro gehen beispielsweise an MBDA Deutschland, um dort die Produktionslinie des Enforcer auszubauen.

Der CEO von MBDA, Éric Béranger sagte, die Förderung durch ASAP „werde einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Produktion von Enforcer-Lenkflugkörpern nicht nur hochzufahren, sondern auch belastbarer und schneller zu machen.“ Die Serienproduktion des Enforcer sei bereits im vollen Gange und die Finanzmittel würden laut Béranger dabei helfen, die hohe Kundennachfrage zu decken.

Deutsche Unternehmen profitieren von EU-Geldern

Von den 500 Millionen Euro veranschlagten Investitionen sollen rund 175 Millionen nach Deutschland bzw. in Projekte mit deutscher Firmenbeteiligung gehen. Neben zehn Millionen Euro für den Enforcer profitiert insbesondere Rheinmetall von Zuwendungen aus der EU. So sollen allein 47 Millionen Euro für den Bau einer Pulverfabrik in Rumänien gezahlt werden.

Rheinmetall und der rumänische Konzern ROMARM erfüllen damit ein wesentliches Kriterium von ASAP: multinationale Zusammenarbeit in der europäischen Rüstungsindustrie. Rumänische Medien betonen zudem, dass das Land derzeit Pulver aus Serbien importiere, wodurch der Bau einer Pulverfabrik auch als Zeichen gegen Länder zu deuten sei, die enge Beziehungen mit Russland unterhielten.

Zwei weitere deutsche Unternehmen aus dem Bereich der Pulver- bzw. Treibmittelproduktion wurden für die EU-Finanzierungshilfe ausgewählt. Zunächst das Joint Venture Nitrochemie Aschau GmbH von Rheinmetall und der Schweizer RUAG MRO Holding, das 20 Millionen Euro für seinen Produktionsausbau erhalten soll.

Auch die Alzchem Group AG soll mit 34 Millionen Euro bedacht werden, die laut Unternehmensangaben in einem Zeitraum von zweieinhalb Jahren genutzt werden sollen, um die Produktionskapazität von Nitroguanidin zu erhöhen, welches sowohl im Pflanzenschutz als auch als Treibmittel für Airbags und in der Wehrtechnik Anwendung findet.

Beim Produktionsausbau von Hülsen profitiert Rheinmetall gleich dreifach

Die Produktion von Hülsen für Artilleriemunition soll von der EU mit rund 90 Millionen Euro gefördert werden. Hier erhält Rheinmetall gleich drei Mal den Zuschlag, wobei 22,5 Millionen Euro an die ungarische Rheinmetall-Tochter Rheinmetall Hungary Munitions und rund 4,8 Millionen Euro für die spanische Tochter Rheinmetall Expal Munitions vorgesehen sind. Für die Hülsen-Sparte in Deutschland sind noch einmal 20,5 Millionen Euro vorgesehen. Weniger als die Hälfte des Hülsen-Budgets der EU gehen an Unternehmen aus Finnland, Polen, Tschechien und Schweden.

Kritiker der ASAP-Verordnung führen an, dass eine halbe Milliarde Euro nur ein Tropfen auf den heißen Stein wäre. Die EU argumentiert jedoch mit ihren Richtlinien zur Förderungswürdigkeit der Projekte. Maximal 40 Prozent betrüge die Förderung eines einzelnen Projekts. Das daraus resultierende Kofinanzierungsprinzip setze also Gesamtinvestitionen in die Produktion und Lieferkette von Munition von rund 1,4 Milliarden Euro frei. Jetzt liegt es an den Unternehmen, die von der EU aufgebrachten Mittel auch schnell zu verwenden.

Navid Linnemann

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