„Dieses bahnbrechende Abkommen mit der Türkei ist ein Gewinn für die britischen Arbeitnehmer, ein Gewinn für unsere Verteidigungsindustrie und ein Gewinn für die Sicherheit der NATO“, erklärte der britische Premierminister Sir Keir Starmer gestern in der Türkei.
Im Rahmen seines offiziellen Besuchs in Ankara wurde ein milliardenschwerer Vertrag unterzeichnet: Die Türkei kauft 20 Eurofighter aus britischer Produktion für neun Milliarden Euro. Die Summe dürfte sich allerdings nicht nur auf die 20 Jets beziehen, sondern auch auf ein umfassendes Zusatzpaket. Die Vertragsunterzeichnung markiert einen wichtigen Schritt für beide Seiten: Für Ankara als Zeichen der militärischen Erneuerung, für London als bedeutenden Exporterfolg und industriepolitisches Statement.
Neben der Bestellung in Großbritannien sollen 24 gebrauchte Maschinen beschafft werden. „Die Türkei plant den Kauf von zwölf Eurofightern aus Katar, zwölf aus Oman und 20 aus Großbritannien“, erklärte gestern der türkische Verteidigungsminister Yaşar Güler. „Die Flugzeuge sollen Anfang nächsten Jahres eintreffen.“
Britische Perspektive: Stärkung von Industrie, Jobs und NATO
In London wird die Vereinbarung als Win-win-Situation bewertet. Mit dem Verkauf der 20 Eurofighter werden in den kommenden Jahren 20.000 hoch qualifizierte und gut bezahlte Arbeitsplätze gesichert.
Diese befinden sich laut Regierung unter anderem in Warton, Edinburgh und Bristol – von der Endmontage über Triebwerksfertigung bis hin zur Elektronik im Radarbereich. „Dies ist ein weiteres Beispiel für die Umsetzung unseres Plans für Veränderungen, der im ganzen Land Erneuerung und Chancen fördert“, zeigte sich Starmer überzeugt.
Großbritannien betont, dass dieses Geschäft nicht nur ein Exporterfolg sei, sondern auch ein Beitrag zur Sicherung von Schlüsselkompetenzen für die Zukunft. Gleichzeitig hebt die Regierung hervor, dass durch die Lieferung der Typhoon-Flugzeuge die Luftverteidigung und Abschreckung der NATO-Südflanke gestärkt wird – die Türkei gilt hier als strategischer Partner im östlichen Mittelmeerraum. Für Großbritannien bedeuten die Jets somit sowohl wirtschaftliche als auch sicherheitspolitische Gewinne.
Waffenexport mit Bauchschmerzen
Doch wie sehr „Partner“ ist Ankara tatsächlich? Immer wieder weisen Menschenrechtsorganisationen auf das harte Vorgehen der türkischen Regierung gegenüber der kurdischen Minderheit hin – auch wenn sich mit dem Abzug der PKK hier eine deutliche Verbesserung ankündigt. Allerdings setzte Ankara seine militärischen Fähigkeiten in den letzten Jahren immer wieder gegen Nachbarn ein – Drohungen gegen Israel und Griechenland, Hilfe im aserbaidschanischen Krieg gegen Armenien und zahlreiche Angriffe auf syrisches und irakisches Staatsgebiet.
Deutschland – das ebenfalls am Eurofighter beteiligt ist und daher bei Waffenexporten ein Mitspracherecht hat – war lange Zeit gegen einen Verkauf an die Türkei. Mehrfach – und zuletzt Anfang 2025 – hatte die deutsche Regierung den Verkauf gestoppt.
Ein Veto gegen die damals noch 40 angedachten Eurofighter war mit Verweis auf die Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu und aussichtsreichen Gegners von Präsident Recep Tayyip Erdoğan erfolgt. Doch der so unterstützte Bürgermeister selbst fand dies nicht gut. Er sprach davon, dass das Wohl des Landes höher zu verorten sei als sein eigenes.
„Die Türkei ist ein wichtiger NATO-Verbündeter und Tor zum Schwarzen Meer“, bekräftigte hingegen der britische Verteidigungsminister John Healey, der mit nach Ankara gereist war. „Durch die Ausstattung der Türkei mit hochmodernen Typhoon-Kampfflugzeugen wird dieses Abkommen die NATO-Abschreckung stärken und zu unserer aller Sicherheit beitragen.“ Großbritannien und die beiden anderen Eurofighter-Nationen Italien und Spanien hatten weniger Bauchschmerzen beim Verkauf als Deutschland.
Türkei kauft Eurofighter – nicht die erste Wahl
Dabei ist der Eurofighter nicht einmal eine Herzensangelegenheit der Türken. Eigentlich wollte man F-35 Kampfjets aus den USA kaufen; war sogar mit eigenen Produktionsanteilen am Projekt beteiligt. Doch der Kauf des russischen Luftverteidigungssystems S-400 hatte den Ausschluss von der F-35 zur Folge.
Dennoch hat die türkische Luftwaffe zunehmend den Bedarf, ihre veraltete Flotte, die größtenteils aus F-16 besteht, zu modernisieren. Die Türkei fuhr bewusst mehrgleisig:
Erstens wurden in den letzten Jahren Anstrengungen unternommen, die USA vom Verkauf der F-35 zu überzeugen (unter Präsident Donald Trump ist das gar nicht so unwahrscheinlich). Zweitens entwickelt das Land mit dem Kaan einen eigenen Kampfjet der 5. Generation. Und drittens die Bemühungen um den Eurofighter.
Interessant ist, dass die Kaufabsicht des Eurofighters Beobachtern nur als Druckmittel gegenüber den USA galt. Dennoch erwirbt die Türkei jetzt 20 Jets. Letztlich könnte das Land in wenigen Jahren über drei neue Kampfjet-Plattformen verfügen – wie sinnvoll dies in Bezug auf Wartung und Instandhaltung und einen gemeinsamen Einsatz ist, steht dann wieder auf einem anderen Blatt.
Die Türkei bekommt den Eurofighter
Mit dem unterzeichneten Vertrag ist ein bedeutender Schritt getan – doch die eigentliche Wirkung wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Technische Integration, Ausbildung der Piloten, Aufbau von Wartungsinfrastruktur und ggf. die Inbetriebnahme größerer Optionen sind entscheidend. Für die Türkei markiert dieses Abkommen einen Eckpfeiler ihrer militärischen und strategischen Ausrichtung. Und für Großbritannien stellt es einen Meilenstein der Industrie- und Verteidigungsexporte dar.
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