Die neue Struktur des zivilen Bereichs der Bundeswehr

Der Bericht der Projektgruppe „Struktur Bundeswehr“, der cpm Defence Network vorliegt, definiert die „grobstrukturellen Änderungen folgenden Anpassungen der Binnenstruktur der Bundeswehr“. Dabei wird als zentrale Handlungsmaxime für die neue Struktur genannt: „Kriegstüchtig sein, um abschrecken zu können.“ Dies umfasst natürlich nicht nur den militärischen Bereich, dessen Änderungen wir gestern vorstellten, sondern auch den dem BMVg nachgeordneten zivilen Anteil.
Ein Zug der letzten Wehrpflichtigen der Bundeswehr im Jahr 2011. Diese Strukturen müssen für den Fall der Landesverteidigung wieder aufgebaut werden.
Ein Zug der letzten Wehrpflichtigen der Bundeswehr im Jahr 2011. Diese Strukturen müssen für den Fall der Landesverteidigung wieder aufgebaut werden.
Foto: Bundeswehr/Andrea Bienert

„Die Streitkräfte werden konsequent von bundeswehrgemeinsamen Aufgaben entlastet. Diese werden künftig verstärkt im Bereich der Wehrverwaltung zusammengefasst“, ist in dem Bericht zu lesen. „Auch die im Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen auszubringende „Abteilung Fachaufgaben Bundeswehr“ wird insoweit einen Beitrag leisten. Sie wird dem BMVg unmittelbar unterstellt und übernimmt bundeswehrgemeinsame Aufgaben aus den Streitkräften (z.B. aus dem Bereich Streitkräfteamt), abgeschichtete Aufgaben aus dem BMVg sowie weitere Aufgaben.“

Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen (IUD)

Die aktuelle Struktur des IUD habe sich im Friedensbetrieb und im internationalen Krisenmanagement bewährt. Den nunmehr gestellten Anforderung der Kriegstüchtigkeit komme IUD durch ein Maßnahmenpaket nach, womit die Leistungserbringung einsatzorientiert, bedarfsgerecht und durchhaltefähig auch unter den Bedingungen von Landes- und Bündnisverteidigung im In- und Ausland sichergestellt werde. „Zur Ausrichtung auf den Kernauftrag hat der Organisationsbereich bereits eine eigene Koordinierungsgruppe eingerichtet, in die die militärischen Organisationsbereiche eingebunden sind. Die bereits bestehenden Planungen im Bereich IUD, erreichbare und ansprechbare Strukturen in der Fläche zu schaffen, werden konsequent weiterverfolgt“, ist in dem Bericht zu lesen. „Durch eine stärkere Regionalisierung im Bereich IUD über die bereits im Grundbetrieb erfolgende Etablierung von Landesbeauftragten in weitgehender Nähe der Landeshauptstädte wird die Wehrverwaltung künftig sowohl enger mit den Streitkräften in der Fläche verzahnt, als auch für die Bundesländer ansprechbarer.“

An diese Strukturen von IUD soll sich der Bereich Personal anknüpfen, sodass „die Landesbeauftragten das Bindeglied der Wehrverwaltung zu den Bundesländern und den Landeskommandos der Streitkräfte insgesamt darstellen werden. Damit sind sie im Ernstfall in der Lage, Koordinationsaufgaben zwischen zivilen Akteuren außerhalb des Geschäftsbereichs BMVg und dezentralen Dienststellen der Bundeswehrverwaltung zu übernehmen. Die Landesbeauftragten werden Verbindungselemente zum Lagezentrum BAIUDBw und bilden die Schnittstellenfunktion zur Krisenmanagementorganisation der Bundesländer ab. Sie können zudem IUD-Leistungen im Rahmen der Amtshilfe koordinieren.“

Weiter führt der Bericht aus: „Durch die Ausplanung und Etablierung von mobilen Verwaltungselementen als in militärische Strukturen integrierte Unterstützungsorganisationen, sogenannte Embedded Support Organisations (ESO), kann die Anschlussfähigkeit der zivilen Verwaltungsstrukturen an die Streitkräfte im Ernstfall grundlegend verbessert werden. Diese Elemente stellen den Kern einer V-Struktur im Bereich IUD dar und bedürfen der Umsetzung im Bereich des Personalmanagements.“

Zudem soll die Verwaltungsorganisation im Zuge einer Ausrichtung auf den Ernstfall zum rechtsförmigen Vollzug der Vorsorge- und Sicherstellungsgesetze wieder ausgeplant werden, um im Ernstfall ohne Zeitverzug und in rechtskonformer Weise auf diese Möglichkeit zurückgreifen zu können. Diese Aufgabe soll vorrangig im Bereich IUD geleistet werden, denn insoweit hat das BAIUDBw die Aufgaben übernommen, die in vorherigen Strukturen einheitlich in Wehrbereichsverwaltungen und Kreiswehrersatzämtern wahrgenommen wurden.

Der Bereich Personal

Hier sieht die Projektgruppe „Struktur Bundeswehr“ ein Problem bei der aktuellen Aufwuchsfähigkeit. Die Strukturen müssten eigentlich reibungslos gerade auch in Situationen höchster Aufruhr und großem gesamtstaatlichen Koordinierungsaufwands „umklappfähig“ sein, um im Fall eines Verteidigungseinsatzes zügig die personelle Bedarfsdeckung sicherstellen zu können. Schließlich trete die Wehrpflicht im Kriegsfall automatisch wieder in Kraft – mit entsprechenden Anforderungen an Musterung, Zuordnung und Ausbildung. Im Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw) wird zur Steuerung der personellen Aufwuchsfähigkeit eine Koordinierungsstelle eingerichtet, welche die hierfür notwendigen Schritte identifizieren, ausplanen und bei der Umsetzung begleiten soll.

„Im Rahmen der Neuausrichtung wird der Bereich ablauforganisatorisch regionale Strukturen verstärken. Dies wird zur Ausbringung von vier Regionalen Personalzentren in der Fläche als eigenständige Dienststellen auf zweiter nachgeordneter Ebene unterhalb dem BAPersBw führen und mit umfangsneutraler Verlagerung von Dienstposten einhergehen. Als hierfür geeignete Standorte dienen diejenigen Orte, an denen schon in der heutigen Struktur verschiedene Elemente des Geschäftsbereiches BAPersBw abgebildet sind, welche im Rahmen dieser Regionalzentren künftig zusammengefasst werden“, führt die Projektgruppe „Struktur Bundeswehr“ aus. „Die Regionalzentren werden auch „Keimzellen“ für diejenigen Strukturen, die im Ernstfall die personelle Aufwuchsfähigkeit sicherstellen. Um die regionale Verantwortung weiter zu stärken sollen zudem derzeit zentral im BAPersBw verortete Aufgaben – z.B. Anteile zivile Personalführung und Reservistenbearbeitung – in die neuen regionalen Strukturen verlagert werden. Hierdurch erfolgt auch eine stärkere Verzahnung der Strukturen des Personalmanagements mit der der Streitkräfte.“

Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung

Die Projektgruppe „Struktur Bundeswehr“ erläutert, dass der Bereich AIN weitere Maßnahmen ergreifen werde, um sich klarer als bisher auf seinen Auftrag im Ernstfall hin auszurichten. So seien etwa im Rahmen eines Maßnahmenpakets von rund 70 Ad-hoc-Maßnahmen konkrete Potenziale identifiziert worden, „die im Zuge der Neuausrichtung des Gesamtorganisation auf den Kernauftrag Wirkung entfalten werden“.

„Darunter sind Maßnahmen zur fortgesetzten Gewährleistung der Ausrüstungsnutzung in Abweichung von Sicherheitsbestimmungen sowie technischen und prozeduralen Standards im äußeren Notstand, die konsequente Härtung der Netzinfrastruktur des Organisationsbereichs durch Schaffung von Redundanzen in der Versorgungsinfrastruktur und Festlegungen von Mindestbevorratungsmenge, etwa im Bereich der Bekleidung und persönlichen Ausrüstung, um die Aufwuchsfähigkeit der Streitkräfte zu gewährleisten“, nennt der Bericht, „Zur weiteren notwendigen Optimierung der Beschaffung und Nutzung der IT- Services der Bundeswehr im Teilportfolio Cyber/IT arbeiten CIT, CIR und BAAINBw auf der Basis des Abschlussberichtes zum Virtuellen Systemhaus-Verbund noch intensiver zusammen und setzen den Wirkverbund ablauforganisatorisch um. Im jeweiligen Verantwortungsbereich entwickeln sie ihre jeweiligen Aufbauorganisationen entlang der Clusterlogik weiter.“

Der Bereich Lehre

Uneinheitlich präsentiert der Bericht die Verortung der Elemente des Aufgabenfelds Lehre. Während die Führungsakademie der Bundeswehr und das Zentrum Innere Führung eigenständig direkt dem BMVg unterstellt sind, bleiben die Autoren in Bezug auf die weiteren Lehrinstitute eher vage.

Im Kapitel „Personal“ ist zwar zu lesen: „Weitere zielführende Änderungen im Rahmen der strukturellen Neuausrichtung betreffen die Erhöhung der Attraktivität durch Stärkung der Aus- und Fortbildung mittels Einrichtung eines zentralen Strukturelements zur Weiterbildung und Umsetzung einer bedarfsgerechten Bildungslandschaft und eine verbesserte Koordinierung und Steuerung der zivilen Bildungslandschaft im Bereich Personal.“ Dies könnte allerdings viel bedeuten, obwohl die Behandlung im Kapitel Personal darauf hinweist, dass diese Elemente wahrscheinlich organisatorisch der Abteilung Personal im BMVg unterstellt werden.

Dorothee Frank

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