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Haushaltsausschuss schließt 2023 mit acht weiteren 25 Mio.-Vorlagen ab

„Jeder Vertrag, der zu einer besseren materiellen Ausstattung der Bundeswehr führt, ist zu begrüßen“, kommentiert Mitglied des Haushaltsausschusses Ingo Gädechens (CDU) die gestrigen Beschlüsse. Mit den acht 25 Mio.-Euro Vorlagen stellt das Ministerium einen Rekord von 55 Beschaffungsvorlagen auf, bleibt jedoch hinter den eigenen Erwartungen zurück. Der Leichte Kampfhubschrauber H145M von Airbus Helicopters kommt, der Schwere Waffenträger jedoch nicht. Nach dem Ausschuss zieht cpm Bilanz.

Blick in den Sitzungssaal während der Sitzung des Haushaltsausschuss im Paul-Löbe-Haus. 
Blick in den Sitzungssaal während einer Sitzung des Haushaltsausschusses im Paul-Löbe-Haus. (Archivbild) 
Foto: DBT/WErner Schüring

Das Verteidigungsministerium feiert sich zum Ende des Jahres mit 55 erfolgreich durch den Haushaltsausschuss gebrachten Beschaffungsvorhaben, deren Wert 25 Mio.-Euro übersteigen und insgesamt auf eine Summe von 46,95 Mrd. Euro kommen. Der bisherige Höchststand aus dem Jahr 2021 lag bei 46 Vorlagen. Zwar hält Ausschussmitglied Ingo Gädechens grundsätzlich nicht viel davon, die Anzahl von Beschaffungsvorlagen als Kriterium für eine beschleunigte Aufrüstung der Bundeswehr zu nehmen. Ernüchtert stellt er fest, dass „nur 9 Vorlagen mehr durch das Parlament gebracht wurden als 2021 – obwohl 2021 noch kein Sondervermögen zur Verfügung stand.“

Auch wenn mehr möglich gewesen wäre, sind die Erfolge der Beschaffung nicht von der Hand zu weisen. Das Ministerium erinnert an „die Beschaffung des schweren Transporthubschraubers, des Luftverteidigungssystems ARROW und weiterer PUMA-Schützenpanzer“ und auch an die beschleunigten Direktbeschaffungen, deren Anzahl auf 60.000 gestiegen ist. Dieser Anstieg geht noch auf eine Initiative der vorherigen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht zurück, mit der die Obergrenze für Direktbeschaffungen von 1.000 auf 5.000 Euro angehoben wurde. Das entspricht ca. einem Viertel aller Beschaffungen bei der Bundeswehr und entlastet somit das BAAINBw und den Haushaltsausschuss.

Beschaffung nach Plan im Haushaltsausschuss – Überschneefahrzeuge und Munition

Unter Tagesordnungspunkt 19 beschloss der Haushaltsausschuss den Anpassungsbedarf von zuvor genehmigten Collaborative All-Terrain Vehicle (CATV) Überschneefahrzeugen hinsichtlich der Integration der Kommunikationsausstattung. Die Anschaffung der 371 Fahrzeuge wurden bereits in zwei Losen mit einem Gesamtvolumen von 1,6 Mrd. Euro im Dezember 2022 und im ersten Halbjahr 2023 beschlossen. Auch der Tagesordnungspunkt 23 im Haushaltsausschuss stößt kein neues Projekt an. Hier geht es für 34 Mio. Euro um ein Mid-Life-Update der Luft-Luft-Rakete MBDA METEOR, um diese auch zukünftig für die Luftwaffe verfügbar zu machen.

Das Hubschraubergeschwader 64 testet bei rauem Wetter seinen neuen Hubschrauber H145M im Norden Schwedens
Der H145M wird als Leichter Kampfhubschrauber für die Bundeswehr beschafft.
Foto: Bundeswehr/Johannes Heyn

Interessant sind die beiden Punkte zur Munitionsbeschaffung, da die Bundeswehr aufgrund der geringen vorgehaltenen Munitionsmenge zuletzt in der Kritik stand. Von Munition für nur zwei Tage war häufig zu hören. Dass hier die Bestände mit einem Rahmenvertrag von 350.000 155 mm-Geschossen aus Frankreich und bis zu 1.280 Lenkflugkörpern IRIS-T wieder aufgestockt werden, wird in der Truppe sicherlich gern gehört. Beides sind Beschaffungen, die neben dem Ausgleich für die Ukraineunterstützung auch ein generelles Umdenken in Richtung „Kriegstüchtigkeit“ erkennen lassen.

Sondervermögen Bundeswehr in Aktion

Die Hälfte der dem Haushaltsausschuss zur Entscheidung vorgelegten Tagesordnungspunkte bezogen sich auf eine Finanzierung aus dem Sondervermögen Bundeswehr. Namentlich waren das die Beschaffung der unstrittigen Unterwasserortung SONIX, sowie das 2. Los Kryptotelefone, weitere PAC-2 GEM für das Luftverteidigungssystem Patriot und 62 Leichte Kampfhubschrauber (LKH) Typ H145M von Airbus Helicopters mit der Option auf 20 zusätzliche Exemplare. Für die Beschaffung der Hubschrauber inklusive Ersatzteile, Simulatoren und Ausbildung des Personals für sieben Jahre wurde ein Volumen von rund 2,6 Mrd. Euro genehmigt.

Die Beschaffung neuer Kampfhubschrauber war nötig geworden, da das Bundesministerium der Verteidigung Anfang dieses Jahres den Ausstieg aus dem Tiger beschlossen hatte – auch wenn der leichte Mehrzweckhubschrauber H145M keine adäquate Alternative zum Kampfhubschrauber, sondern allenfalls eine Übergangslösung darstellt. Die Beschaffung steht zudem auf mehreren Ebenen in der Kritik. So berichtet Business Insider auf Grundlage eines internen Berichts des Bundesrechnungshofs über Kritik an Art und Umfang der Beschaffung. Die Bundeswehr würde Kampfhubschrauber erhalten, „mit denen sie fliegen, aber noch nicht kämpfen kann.“

Die Fregatte F 217 Bayern fährt im Atlantik auf dem Weg zum Indo-Pacific Deployment 2021,
Muss noch auf ihr Anti Submarine Warefare Paket warten: die Fregatte F 217 Bayern der F123-Klasse.

Ein Vorwurf, den Ingo Gädechens nachvollziehen kann: „Aufgrund der Kostenexplosion beim LKH wurden die Stückzahlen so reduziert, dass wir von der Erfüllung der NATO-Verpflichtungen meilenweit entfernt sind. Und wir kaufen mal wieder ein Waffensystem ohne Munition. Das ist kontraproduktiv und verleitet zu dem Vorwurf, wir kaufen einen Kampfhubschrauber, der nicht kämpfen kann.“ Dennoch hat der Abgeordnete der Beschaffung der bis zu 82 H145M im Haushaltsausschuss zugestimmt, da nach seiner und der Ansicht der Unionsfraktion im Bundestag „eine Ablehnung der Vorlage einen größeren Schaden für die Truppe verursachen würde als eine Zustimmung.“

Kein Schwerer Waffenträger, keine Modernisierung C-130J und Fregatte F123

Wichtig ist auch, was nicht beschlossen wurde: Prominentes Beispiel ist hier der Schwere Waffenträger, den das Heer für seine neu aufgestellte Brigade Mittlere Kräfte so dringend benötigt. Geplant war, dieses auf dem Boxer basierende Gerät bereits ab 2025 an die Truppe auszuliefern. „Wo ist hier bitte die Beschleunigung, wenn Pistorius an seinen selbst gesetzten Zielen scheitert?“, ärgert sich Ingo Gädechens. Auch andere Vorhaben wie die Modernisierung der C-130J und eine Nachrüstung der Fregatten der Brandenburg-Klasse (F123) mit einem Anti Submarine Warefare Paket sowie Wiederbeschaffung des Lenkflugkörpers Stinger und des Luft-Luft-Lenkflugkörpers mittlere Reichweite AMRAAM schafften es nicht mehr in den Haushaltsausschuss.

Mit der gestrigen letzten Sitzung im Haushaltsausschuss 2023 lässt sich auch ein Zwischenfazit zum Sondervermögen Bundeswehr ziehen: Zu zwei Dritteln ist dieses bereits verplant und laut Prognose des Verteidigungsministeriums soll es wie geplant bis 2027 ausgegeben sein. Inwieweit die durch das Sondervermögen finanzierten Projekte auch nach diesem Datum vertraglich im Haushalt gebunden sein werden, sorgt derweil für Diskussionen im Parlament.

Fraglich bleibt auch, ob angesichts von Übergangslösungen wie beim LKH die Rekordzahl an 25 Mio.-Euro Vorlagen tatsächlich ein Grund zur Freude ist, wie das Verteidigungsministerium vorgibt oder ob wirkliche Verbesserung für die Truppe nicht eher an der Erleichterung für Direktbeschaffungen messbar gewesen wäre.

Navid Linnemann

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