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Logistische Unterstützung im Einsatz am Beispiel Mali

Ein Verfügungsraum 70 Kilometer westlich von Gao (Mali) – die deutsche Quick Reaction Force (QRF) befindet sich im Raum, um eine große Aufklärungsoperation der Vereinten Nationen (VN) abzusichern. Die Position für die dreitägige Operation ist so gewählt, dass alle eingesetzten Aufklärungskräfte bei Bedarf schnell erreicht werden können. Bei Entfernungen von über 1.000 Kilometern keine einfache Aufgabe. Hinzu kommen extreme Temperaturen von tagsüber 43° Celsius im Schatten und Nachttemperaturen von über 30° Celsius in einer Wüste aus Sand und Stein. Die klimatischen und geographischen Gegebenheiten in Mali stellen eine besondere Herausforderung für Mensch und Material dar.
Befüllung von Hescos durch Spezialpioniere der Bundeswehr.
Foto: Bundeswehr

Das Engagement der Bundeswehr in Mali weist viele Besonderheiten auf. Mit Bamako und Gao in Mali sowie Niamey und Tillia im Niger sind die deutschen Kräfte der VN Mission MINUSMA, der European Union Training Mission (EUTM) in Mali und der Joint Special Operation Task Force (JSOTF) GAZELLE im Nachbarland Niger auf unterschiedliche Standorte verteilt. Die Strecke Bamako – Gao beträgt 1.200 Kilometer, bis Niamey und Tillia im Niger sind es sogar fast 1.500 Kilometer. Ein großer Teil des Wegenetzes besteht aus Wüstenpisten. Auftrag der Logistik zur Unterstützung von Einsätzen ist es, die materielle Einsatzbereitschaft der Einsatzkräfte zu gewährleisten und zur personellen Einsatzbereitschaft, Durchhaltefähigkeit, Mobilität und Unterbringung im Einsatz (UiE) beizutragen. Darüber hinaus sind spezifische logistische Leistungen zur Durchführung strategischer Verlegungen und Rückverlegungen sowie des Aufmarsches in einem Einsatzgebiet in den Phasen Reception, Staging und Onward Movement (RSOM) bereit zu stellen.

Das Logistische System der Bundeswehr (LogSysBw) kann seine volle Leistungsfähigkeit nur im Zusammenwirken von Basislogistik, Einsatzlogistik und Wehrverwaltung sowie unter Einbindung von Leistungen Dritter in einem bundeswehrgemeinsamen logistischen Wirkverbund entfalten. Die einsatzbezogene Aufgabenwahrnehmung des Wirkverbundes wird durch das Logistikkommando der Bundeswehr (LogKdoBw) auf der Grundlage operativer Vorgaben des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr im Zusammenwirken mit den zivilen und militärischen Organisationsbereichen (OrgBer) geplant und koordiniert. Die logistische Leistungserbringung erfolgt durch konsequente Prozessorientierung, unter Ausrichtung an Forderungen und Bedürfnissen unterschiedlicher Bedarfsträger sowie unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Anforderungen an die Bedarfsdeckung, die aus der Art der logistischen Leistung bzw. der Versorgungsgüter erwachsen. Dabei hat die Wirksamkeit der zu erbringenden Leistung Vorrang. Wirksamkeit heißt, den logistischen Bedarf der Einsatzkräfte vollständig innerhalb der geforderten Zeiten und am geforderten Ort zu decken.

Zu Beginn eines Einsatzes erfolgt die logistische Unterstützung aufgrund der erhöhten Gefährdungslage hauptsächlich durch militärische Kräfte. Soweit möglich sind als Drittleistungen in dieser Phase vorrangig Leistungen Verbündeter sowie Host Nation Support (HNS) einzuplanen. Gleichwohl ist es aber geboten, von Anfang an auch gewerbliche Dienstleister auf der Grundlage von Einzel- oder Rahmenverträgen in einzelnen Leistungsteilbereichen einzubinden, sofern die regionale Bedrohungslage am Ort der Leistungserbringung es zulässt und eine Adaptierbarkeit dieser Leistungen in den logistischen Wirkverbund möglich ist.

Stationierungskarte Mali.
Grafik: Bundeswehr

Mehr als 1300 Soldatinnen und Soldaten beteiligt

Die Bundeswehr ist mit mehr als 1.300 Soldatinnen und Soldaten an den Einsätzen in Mali und Niger beteiligt. Für deren Unterstützung sind die logistischen Kräfte an den Erfordernissen der einzelnen Einsätze ausgerichtet. Die logistischen Konzepte des LogKdoBw beinhalten Kräftestrukturen, die „tailored to the mission“ den logistischen „Footprint“ nach dem Grundsatz „so viel wie nötig – so wenig wie möglich“ gestalten.

In Bamako ist die Basis Einsatzzentrale Logistik (BasisEZLog) MINUSMA, die logistische Schaltzentrale für die Unterstützung und die Folgeversorgung der deutschen Einsatzkräfte in Mali und im Niger, stationiert. Die BasisEZLog ist für die fachliche Führung der logistischen Prozesse im Einsatzgebiet sowie für die Koordination mit den weiteren logistischen Steuerungselementen zuständig. Darüber hinaus führt sie die in Bamako eingesetzten Kräfte unmittelbar. Eine weitere Aufgabe, die sich aus der Stationierung in Bamako und dem Betrieb des Lufttransportstützpunkts (LTStp) ergibt, ist die Abwicklung der Personaltransporte ins Einsatzgebiet, einschließlich der Weiterflüge zu den Stationierungsorten.

Die logistische Unterstützung für die Kräfte, die im Rahmen MINUSMA in Gao stationiert sind, wird durch eine Unterstützungskompanie (UstgKp) vor Ort gewährleistet. Diese ist in eine technische Gruppe, einen Umschlagzug, einen Instandsetzungszug, einen Versorgungszug (VersZg) sowie einen Spezialpionierzug gegliedert und bildet die logistische Ebene 2 ab. Im VersZg sind neben einer Marketendergruppe auch eine Luftumschlaggruppe und ein Feldpostamt integriert. Die UstgKp wird gemeinsam aus Kräften der Einsatzlogistik Heer und der Basislogistik gebildet. Die Folgeversorgung wird im Schwerpunkt durch Lufttransport direkt nach Gao sichergestellt.

Bestimmte logistische Fähigkeiten sind entweder nur in der Basislogistik oder der Einsatzlogistik der Organisationsbereiche vorhanden, so dass für die Unterstützung im Einsatz ein Zusammenführen der einzelnen Fähigkeiten erforderlich ist. Das Kräftedispositiv der JSOTF GAZELLE in Tillia wird beispielsweise durch die Einsatzlogistik von Marine, Luftwaffe und Heer unterstützt. Aus der Basislogistik heraus sind Feldlagerbetriebskräfte für den Betrieb des Feldlagermaterials integriert. Für die Folgeversorgung ist Tillia über den LTStp Niamey beziehungsweise über die Kräfte in Gao angebunden.

Feldlager MINUSMA – Aufbau und Betrieb durch Spezialpioniere der Bundeswehr.
Foto: Bundeswehr/Vigansky

Kraftstoffversorgung als Beispiel

So unterschiedlich wie die eingesetzten Kräfte und deren Standorte sind, so unterschiedlich sind auch die Anteile der logistischen Versorgung. Ein gutes Beispiel ist die Kraftstoffversorgung. Für den durch die VN geführten MINUSMA-Einsatz sind die Vorgaben und Verträge der VN bindend. Nationale Anforderungen müssen mit diesen in Einklang gebracht werden. Für die Stabsanteile EUTM hingegen werden die vergleichsweise wenigen Fahrzeuge an den Tankstellen in Bamako gegen Bargeld betankt. Dieses wird über die Einsatzwehrverwaltung und den Schirrmeister verwaltet und an die Kraftfahrer bei Bedarf ausgegeben. Für die Kräfte im Niger wird auf Basis einer Entscheidung des Gastgeberstaates die Kraftstoffversorgung durch staatliche Leistungen sichergestellt.

Eine ähnlich facettenreiche Situation ergibt sich für das Thema Verpflegung. Während die Kräfte im Niger durch eigene militärische Kräfte einschließlich der dazu notwendigen Versorgung mit Lebensmitteln unterstützt werden, sind für die Versorgung der Kräfte bei MINUSMA in Gao die Vorgaben der VN zu berücksichtigen. Die Verpflegungsbereitstellung für die Kräfte EUTM Mali in Bamako erfolgt über die EU. Anpassungsbedarf entsteht in allen genannten Fällen, um nationale Standards mit den durch die VN gesetzten Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen.

Die geographischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen tragen erheblich zur Belastung von Menschen und Material bei. Außerhalb der Städte sind praktisch keine Straßen vorhanden. Fahrzeuge bewegen sich auf Schotter- und Sandpisten, auf denen häufig nur die eingefahrenen Pfade einen Anhalt zum „Straßenverlauf“ geben. Dennoch sind die deutschen Kräfte in Gao zu Beginn des Engagements in Mali auf dem Landweg von Bamako über Mopti bis Gao versorgt worden. Die erforderlichen Transporte sind durch zivile Auftragnehmer geleistet worden. Dabei hat ein Umlauf für die gut 1.200 Kilometer hin und zurück circa 20 Tage gedauert. Im Hinblick auf verderbliche Waren stellen diese langen Transportzeiten ebenso wie die geeignete Lagerung eine erhebliche Herausforderung dar. Erschwerend ist die sich verschlechternde Sicherheitslage, insbesondere auf halber Strecke im Bereich Mopti, hinzugekommen. Die zivile Nutzung des internationalen Flughafens Gao ist nach einem Terroranschlag 2016 eingestellt worden. Durch die VN wird der Flughafen jedoch weiter genutzt. Durch die Sanierung der asphaltierten Runway ist der Flughafen seit Ende 2018 auch für Transportflugzeuge wie beispielsweise die Iljuschin IL-76 geeignet. Die Versorgung der Kräfte in Gao ist deshalb auf Lufttransport direkt aus Deutschland umgestellt worden. Großgerät, welches nicht mit der Iljuschin IL-76 transportiert werden kann, muss aber nach wie vor über Bamako oder den LTStp Niamey in das Einsatzgebiet verbracht und von dort auf dem Landweg transportiert werden. Ergänzend steht für den Transport von Großgerät der kombinierte See-Land-Weg über den Hafen von Cotonou in Benin und weiter über Niamey im Niger bis nach Gao als Alternative zur Verfügung. Für die Kräfte in Bamako ist der Seehafen in Dakar im Senegal verfügbar.

Genauso bedeutend wie die Kraftstoffversorgung ist die Versorgung mit Wasser. Aufgrund der Versorgungssituation der Bevölkerung ist dies nicht nur eine technische, sondern auch eine politische Herausforderung. Mit Stand 2017 verfügen nur circa 60% der malischen Bevölkerung über einen gesicherten Zugang zu Wasser. Aufgrund des Bevölkerungswachstums und der zunehmenden Urbanisierung ist eine kostendeckende Versorgung mit der vorhandenen Infrastruktur nicht möglich. Damit sind Interessenkonflikte vorprogrammiert. Es wird sehr genau beobachtet, wie die VN und ihre Blauhelme mit Wasser umgehen. Für die Versorgung der deutschen Kräfte in Gao sind Brunnen durch zivile Vertragspartner so angelegt worden, dass tieferliegende Ressourcen erschlossen worden sind, die für die Bevölkerung bis zu diesem Zeitpunkt nicht erreichbar waren. Konflikte um Wasser müssen schon im Ansatz so gut wie möglich entschärft werden, Bundeswehr und VN müssen zeigen, dass sie verantwortungsvoll mit dem entscheidenden Lebenselixier umgehen.

Umschlag Sanitätsmaterial EUTM.
Foto: Bundeswehr

Hohe Anforderungen an die logistische Unterstützung

Die Anforderungen an die logistische Unterstützung in Mali und Niger sind hoch. Im Bereich der Materialerhaltung auf der logistischen Ebene 1 muss das Material in kurzen Intervallen gepflegt werden.  Fahrzeuge müssen bei jeder Rückkehr ins Feldlager beim sogenannten „Pitstop“ von Staub und Sand befreit werden, da dieser auf den Oberflächen der Bauteile wie Schleifpapier wirkt. Trotz dieser Maßnahmen sind eine überdurchschnittliche Abnutzung und Schäden nicht gänzlich zu vermeiden. Eine robuste logistische Ebene 2 ist deshalb ebenfalls zwingend erforderlich, um die Einsatzbereitschaft der Fahrzeuge hochzuhalten. Sowohl die oben aufgezeigte komplexe Versorgung als auch der sachgerechte Umgang mit dem Verschleiß verdeut­lichen die besonderen Anforderungen an die logistischen Planer.
Einerseits gilt es, die Truppe mit wirkungsvollen Lösungen zu unterstützen, andererseits ist es erforderlich, das logistische Konzept mit allen äußeren Faktoren in Einklang zu bringen. Dieser Zwiespalt – auch als Komplexitätsfalle bezeichnet – bedeutet für die Gestaltung der logistischen Unterstützung, dass neben Einfachheit und Effektivität auch internationale Vorgaben, beispielsweise der VN, zu berücksichtigen sind. Die logistischen Planer des LogKdoBw arbeiten täglich daran, die unterschiedlichen und teilweise gegensätzlichen Faktoren miteinander in Einklang zu bringen.

 

Autorenteam Abteilung Einsatz, Logistikkommando der Bundeswehr

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