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Muss die Luftwaffe bei der Brandbekämpfung aufrüsten?

Die Lockheed Martin C-130J HERCULES ist ein weltweit genutztes taktisches Multi-Role Transport Tanker (MRTT) Luftfahrzeug, das auch zur Brandbekämpfung eingesetzt wird. Die Maschine wird in 22 Nationen genutzt. Der Erstflug erfolgte 1954. Die aktuelle Version ist die C-130J, deren Erstflug erfolgte 1998.
Zur Brandbekämpfung einsetzbar: Deutschlands erste C-130J.
Auch zur Brandbekämpfung einsetzbar: Deutschlands erste C-130J.
Foto:Lockheed Martin

Im Vergleich zum Vorgänger kommt sie mit zwei Besatzungsmitgliedern weniger aus. Auch kann die „J“ dank ihrer längeren Kabine nun 96 anstelle bisher 64 vollausgestattete Fallschirmjäger aufnehmen, oder 128 Passagiere, oder zwei Standard-Paletten mehr als die H-Version. Zur Ausstattung gehört auch ein Windensystem um Material ohne fremde Hilfe an Bord nehmen zu können. Eine Winde kann als Einzelseil 6.500 Pfund bewegen, mit mehreren Seilen lässt sich dieses bis auf 20.000 Pfund erhöhen.

Deutschland hat drei C-130J HERCULES und drei KC-130J bestellt und wird zusammen mit Frankreich eine Staffel zur Brandbekämpfung aufstellen. Die Maschinen vom Typ C-130J sind bereits in Deutschland eingetroffen und durchlaufen beim BAAINBw und der WTD gerade die Zertifizierung. Mit einer taktischen Verfügbarkeit wird ab Ende des Jahres gerechnet. Dieses in Deutschland auch als „Kleine Fläche” bezeichnete Projekt soll vor allem den Spezialkräften taktische Optionen unterhalb des Airbus A400M zur Verfügung stellen.

Allgemein ist die C-130 HERCULES ein mittleres, taktisches Transportflugzeug, das von der Lockheed Martin Corporation in den USA hergestellt wird. Es wird angetrieben von vier Rolls-Royce Turboprop-Motoren, bei der J-Variante sind diese mit einem Sechsblattpropeller ausgestattet. Die Maschine ist als Hochdecker ausgelegt und die große unter Druck stehende Transportkabine kann den Missionsanforderungen nach angepasst werden.

Die A400M bei Tests in Spanien als Löschflugzeug.
(Foto: Airbus)

Brandbekämpfung, Bomber und vieles mehr!

Die C-130J aber ein Transportflugzeug zu nennen, kommt einer Untertreibung gleich. Denn diese taktische Maschine hat viel mehr zu bieten. Schaut man etwas genauer hin, ist erkennbar, dass es sich um ein multifunktionales, Multi-Mission Flugzeug handelt. Jede C-130 hat Hardpoints für je einen Zusatztank unter jeder Tragfläche, um so die Reichweite zu vergrößern. Diese können auch mit Luft-Luft-Betankungspods bestückt werden. Und wurde bei der Bestellung die Option für eine Bewaffnung ausgewählt, können diese Hardpoints auch mit Waffen (Bomben) bestückt werden.

Als Treibstoff-Zusatztank kann jeder 1.400 US-Gallonen fassen. Die C-130J verfügt über einen Hartpunkt in der äußeren Tragfläche, der von der US-Regierung für Waffen genutzt wurde, während der Hartpunkt in der mittleren Tragfläche nicht für diesen Zweck verwendet wurde. Neben der Bewaffnungsmöglichkeit an den Tragflächen gibt es natürlich noch das legendäre „Gun-Ship“ AC-130H/U.

Die Firma Airdyne aus den USA hat 2009 im Auftrag der USAF für die C-130 einen multifunktionalen Sensorträger entwickelt. Das System besteht aus der AS-6 BKS Tür, dem AS-7 Strut/Arm und dem AS-4 Multi-Mission Pod and RF Varianten. Optional kann die AS-T4 Tactical Workstation – inclusive AS-5S Sitz und AS-20S Avionics Rack – hinzukommen. Alles kann modular zusammengesetzt und genutzt warden.

Der Pod kann Radare, maritime Radare, TV-Sensoren, digitale Funksender, MicroWave, Hyperspektralkameras, LIDAR, uvm. integriert werden. Der Pod kann Nutzlasten mit einem Gewicht von bis zu 600 Pfund aufnehmen. Anstelle des Pods können auch direkt Sensoren wie das L3Harris MX-20/15 oder ein Targeting oder Lightning Pod angebunden werden. Zuletzt wurde im Rahmen von „Open Skies“ ein Detection Pod zur Aufspürung von nuklearen Partikeln entwickelt und getestet.

C-130 beim Löscheinsatz in Australien.
Foto: Coulson Aviation

Feuerbekämpfung aus der Luft

Dank entsprechender Kits lässt sich die C-130 auch als sehr effektives Feuerlöschluftfahrzeug einsetzen. Laut Lockheed Martin gibt es mehrere Kit-Anbieter, das bekannteste ist wohl das Modular Aerial Firefighting System (MAFFS; System zur Feuerbekämpfung aus der Luft). MAFFS ist ein palettiertes System, das einen unter Druck stehender Feuerlöschmittel-Tank beinhaltet. Der Tank verfügt über mehrere Zellen, die in der Ursprungsvariante 2.700 US-Gallonen an Feuerlöschmittel aufnehmen konnte.

Das System ztur Brandbekämpfung wurde für die U.S. Air National Guard entwickelt und später auch von Italien, Portugal, Griechenland, Tunesien, der Türkei sowie Brasilien eingeführt. Die neuere Variante MAFFS II soll laut Hersteller innerhalb von einer Stunde in die Maschine eingerüstet werden können. Und sie kann mit 11.356 Litern auch mehr Löschmittel fassen. Der Tank besteht nun aus Kohlefaser und hat einen integrierten Kompressor.

Dies soll eine deutlich kürzere Durchlaufzeit zwischen den Einsätzen der Brandbekämpfung ermöglichen. MAFFS II on Aero Union (heute das Joint Venture Maffs Corp.) ist mit den Varianten C-130H und C-130J kompatibel und verteilt das Feuerlöschmittel durch eine Klappe in der Fallschirmabsetztür in der Seite. Dadurch bleibt die Frachtklappe geschlossen und der Druck in der Kabine erhalten. MAFFS II kann bis zu acht getrennte Sprühstöße durch eine Düse abgeben. MAFFS II kann bis zu 700 US-Gallons/Sek. ausstoßen.

Zudem wurde ein modulares Luft-Sprühsystem für Marokko entwickelt. Dass System ist in sich geschlossen und umfasst zwei palettierte Tanks mit je 6.813 Litern. Diese werden auf der Rampe befestigt und versorgen den hydraulischen Ausleger und das Sprühmodul. Die Flüssigkeit wird in den Luftstrom der Rampe abgegeben.

Als weiteres System wird das RADS von Coulson Aviation USA angeboten. Es handelt sich um ein Gravity Drop Retardant Delivery System (RDS) und besteht aus einsatzspezifischen Komponenten, die in weniger als 30 Minuten installiert oder entfernt werden können. Laut Hersteller ist es derzeit die effektivste Methode zur Ausbringung von Brandbekämpfungsmitteln aus der Luft. Das RDA macht sich die Schwerkraft zu Nutze und hat eine Höhen- und Fluggeschwindigkeitskompensation integriert. Es bietet einen konstanten Durchfluss für eine gleichmäßige Flammschutzmittel-Abdeckung bis zu Coverage Level (CL) 12.

Die gleichmäßigen Bodenbedeckungsgrade aus größeren Höhen bieten einen zusätzlichen Schutz für Maschine und Crew, aber das System wurde auch optimiert für die Durchführung von Brandbekämpfungseinsätzen im direkten Angriff sowie den Einsatz von Löschmitteln bei niedriger Fluggeschwindigkeit und in geringer Höhe.

Die Tankkapazität umfasst bis zu 5.000 US-Gallonen Retardant. Dank einer Entleerungsrate von 1.600 US-Gallons/Sek. ist der Tank in unter drei Sekunden leer und der Feuerangriff beendet. Das RADS benötigt kein weiteres Besatzungsmitglied, das Steuergerät und die Cockpit-Schnittstelle bieten dem Bediener eine Technologie zur Anpassung der Durchflussrate in Echtzeit, was zu einer optimalen Abdeckung der Abwurfzone und Genauigkeit führen soll. Laut Hersteller ist es zudem günstiger und leichter als Konkurrenzsysteme.

Wer sich die aktuelle Situation in Europa und besonders im Mittelmeerraum ansieht, muss sich entsprechende Vorkehrungen für die Zukunft überlegen. Daher stellt sich die Frage, ob auch die Bundesrepublik Deutschland und die Luftwaffe entsprechende Planungen starten muss. Hier gilt es sich ggf. mit den europäischen Nachbarn und Verbündeten abzustimmen und so eine schlagkräftige Verteidigung gegen Brände in der Zukunft auf die Beine zu stellen. Denn auch in Deutschland kann es jederzeit wieder zu entsprechenden Situationen kommen.

Die als Schwerer Transporthubschrauber (STH) Boeing CH-47 Chinook kann immerhin drei Löschwasser-Außenlastbehälte vom Typ Bambi Bucket oder Smokey I mit je 5.000 Litern tragen. Die CH-53G kann nur einen aufnehmen, der NH90 nur dem Bambi Bucket mit 2.000 Litern. Die Hubschrauber müssen für den Einsatz in fernen Einsatzgebieten aber erst aufwendig transportiert werden.

Der Einsatz der C-130J zur Brandbekämpfung kann schneller und mit weniger Aufwand erfolgen. Und dank der 2022 aufgestellten deutsch-französische Lufttransportstaffel mit Dienstsitz in Évreux in der Normandie stehen den beiden Nationen gleich zehn dieser Luftfahrzeuge zur Verfügung. Deutschland hat sechs der zehn Maschinen beschafft. Jetzt wäre es an der Zeit, über entsprechende Brandbekämpfungs-Kits die Luftfahrzeuge um eine weitere und dringend benötigte Fähigkeit zu erweitern. Die Kits sind marktverfügbar und daher schnell zu beschaffen. Voraussetzung ist der entsprechende politische Wille, für Deutschland und Europa.

Im Juli 2022 führte auch Airbus in Spanien erstmals Test mit einem entsprechenden Brandbekämpfungssystem für den A400M durch. Bei der Airbus-Feuerlöschlösung für die A400M handelt es sich um ein sogenanntes Roll-on/Roll-off-Kit (RORO), das keine Änderungen am Flugzeug erfordert und sich daher in jeder A400M einsetzen lässt. Das Wasser befindet sich in einem festen Tank im Laderaum und wird von zwei voneinander unabhängigen Türen zurückgehalten. Diese sind mit zwei Flutrohren verbunden, sodass das Wasser bei Aktivierung der Ableitung durch zwei Abschnitte am Ende der Rampe ausgestossen wird. Insgesamt bis zu 20 Tonnen Wasser in weniger als zehn Sekunden.

 

André Forkert, cpm GmbH

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